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# taz.de -- Piraten ganz persönlich: Piraten ohne Steuerleute
> Die Kieler Piraten-Fraktion streitet um Strukturen und Personen:
> Vorsitzende und Parlamentarischer Geschäftsführer treten zurück
Bild: Eintracht war gestern: Auch die bislang konstruktiven Kieler Piraten hat�…
Es herrschen Sommerferien im Kieler Landtag, zahlreiche Abgeordnete sind im
Urlaub oder auf Sommertour in ihren Wahlkreisen. Eine Fraktion aber kam am
Montag vollzählig im Landeshaus an der Kieler Förde zusammen: Die sechs
Abgeordneten der Piratenpartei berieten über Themen, vor allem aber über
Strukturen und über Personen. Es war eine „harte Debatte“, hieß es späte…
An ihrem Ende traten Fraktionschef Torge Schmidt, seine Stellvertreterin
Angelika Beer und der Parlamentarische Geschäftsführer Sven Krumbeck von
ihren Ämtern zurück. Alle drei werden aber Mitglieder der Fraktion wie auch
des Landtages bleiben, sagte Angelika Beer bei einer eilig einberufenen
Pressekonferenz: „Wir sind Piraten, wir bleiben Piraten.“
So hat der Rücktritt keine sofortige Wirkung und ändert nichts an den
Mehrheitsverhältnissen im Sechs-Parteien-Parlament. Auch intern bleibt
zunächst alles beim Alten: Die drei Zurückgetretenen sind bis zu einer
Neuwahl des Fraktionsvorstandes kommissarisch tätig. Als Ansprechpartner
steht außerdem der stellvertretende Parlamentarische Geschäftsführer Uli
König zur Verfügung. Er will als einziges Mitglied der gewählten
Führungsgruppe sein Amt nicht verlassen.
Worum es in dem Streit ging, erklärte Torge Schmidt: „Wir wollten ein
klares Führungsmanagement.“ Heißt im Klartext: Der Vorstand sollte mehr
entscheiden dürfen und bei internen Debatten eine Richtung vorgeben können.
Für die drei anderen Piraten im Landtag ist das aber „Politik 1.0“, wie der
Abgeordnete Wolfgang Dudda findet: „In einer großen Fraktion braucht man
das vielleicht, aber wir wollen es weiter so halten, dass wir alle
gleichberechtigt sind.“
Der Fraktionschef solle nur „erster unter gleichen“ sein, seine Aufgabe sei
auf formale Tätigkeiten und Organisation beschränkt: „Wir sind schon so
viele Kompromisse im Umgang mit den anderen Fraktionen eingegangen,
zumindest intern wollen wir bei der piratigen Linie bleiben“, sagte Dudda
der taz. „Das hat uns bisher nicht geschadet.“
Tatsächlich haben die Piraten, die dem Landtag sei 2012 angehören, in den
knapp drei Jahren eine Vielzahl Themen angestoßen: „Wir sind die mit den
Fragen und den Gesetzesentwürfen“, teilte die Fraktion stolz mit und
verwies auf die Statistik des Landtags: Elf Gesetzentwürfe brachten die
Piraten allein im Jahr 2014 auf den Weg und überholten damit sogar die
Regierungsfraktionen SPD, Grünen und der Partei der dänischen Minderheit
SSW.
Zudem stellte jedes Mitglied der sechsköpfigen Fraktion 27 Anfragen an die
Ministerien und brachte so kritische Punkte in die Öffentlichkeit. Auch das
Verhältnis zu den anderen Oppositionsparteien entwickelte sich immer
besser.
Unlängst beim Skandal um das Mädchenheim Friesenhof oder bei den Vorgängen
um eine Geiselnahme im Lübecker Gefängnis arbeiteten Abgeordnete von CDU,
FPD und Piraten eng zusammen. So erhielt Torge Schmidt von beiden Parteien
Dankesworte, während die Regierungsseite düstere Schlüsse zogen: So ein
Rückzug zwei Jahre vor der Wahl sei ein „fatales Zeichen“, unkte Eka von
Kalben (Grüne).
Schmidt übernahm 2013 den Fraktionsvorsitz von Patrick Breyer – dem
Mitglied der Fraktion, das „piratige“ Regeln besonders streng befolgt: So
weigerte sich der Jurist anfangs aus Datenschutzgründen, der
Landtagsverwaltung seinen Wohnsitz zu nennen – stellte aber andererseits im
Sinne der Datenfreiheit Unterlagen ins Netz, die als vertraulich deklariert
waren.
Nachfolger Schmidt wollte mehr Kompetenzen – nicht aus Machtgründen, wie er
beteuerte, sondern um schneller reagieren und „unsere Themen besser
voranbringen“ zu können. „Damit sind wir gescheitert, daher haben wir die
politische Verantwortung übernommen“, sagte Beer. Die Abgeordneten wie auch
die Landesparteiführung hoffen, dass die Partei 2017 erneut in den Landtag
einzieht – die Umfragen sprechen zurzeit dagegen.
20 Jul 2015
## AUTOREN
Esther Geißlinger
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