# taz.de -- US-Bericht zu Menschenhandel: Freihandel wichtiger als Freiheit | |
> Die USA werfen 23 Ländern mangelnden Einsatz gegen Menschenhandel vor. | |
> Bei vielen sehen sie aber auch Verbesserungen – aus Eigeninteresse. | |
Bild: Umgarnt einige Staaten aus wirtschaftlichem Interesse: US-Außenminister … | |
BANGKOK taz | Zu den 23 Staaten, die auf Washingtons „schwarzer Liste” der | |
Länder-Kategorie drei stehen oder verbleiben, gehören Russland, Thailand, | |
Iran, Nordkorea, Jemen, Syrien, Libyen und Venezuela. Ihnen werfen die USA | |
in ihrem am Montag vorgelegten [1][Jahresbericht zu Menschenhandel und | |
moderner Sklaverei] ungenügenden Einsatz im Kampf gegen diese Verbrechen | |
vor. | |
„Menschenhandel ist eine Beleidigung der menschlichen Würde und ein Angriff | |
auf die Freiheit“, schreibt US-Außenminister John Kerry im Vorwort des | |
Berichts, der weltweit von 20 Millionen Opfern von Menschenhandel ausgeht. | |
Auffällig ist jedoch, dass sich vor allem zwei Länder in der US-Auflistung | |
verbessern konnten: Kuba und Malaysia stehen nun auf der | |
„Beobachtungsstufe” der Kategorie zwei. Zwar seien die Zustände dort nicht | |
gut, heißt es im Bericht, doch würden beide Staaten verstärkt gegen die | |
angeprangerten Verbrechen vorgehen. Havanna habe mit „anhaltenden | |
Polizeiaktionen“ die Verschleppung von Frauen zur sexuellen Ausbeutung | |
verringern können. | |
Das verbesserte Urteil ist kein Zufall: Nach über 50 Jahren haben die USA | |
und Kuba kürzlich wieder diplomatische Beziehungen aufgenommen. | |
Dass auch Malaysia einen besseren Status genießt, kommt auch nicht von | |
ungefähr: Washington will die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen | |
Trans-Pazifische-Partnerschaft (TPP) abschließen, zu dessen Unterzeichnern | |
auch Malaysia gehören soll. Das Land hatten die USA 2014 noch auf die | |
schwarze Liste gesetzt. Doch ist es US-Firmen untersagt, Geschäfte mit | |
Partnerländern der Kategorie drei zu machen. | |
„Die Entscheidung ist hauptsächlich politisch und reflektiert in keinster | |
Weise die Lage des Menschenhandels im Land“, kritisierte die in Bangkok | |
ansässige Organisation „Fortify Rights”. | |
Das gelte auch für Birma (Myanmar), das auf der „Beobachtungsstufe” der | |
Kategorie zwei verblieben ist. Zwar sei es kein TPP-Partnerland, werde aber | |
von der Obama-Regierung trotz der sich verschlechternden Menschenrechtslage | |
als „Erfolgsgeschichte der US-Außenpolitik” betrachtet. | |
## Flüchtlingskrise und Massengräber | |
In Thailand, das ebenfalls kein TPP-Partnerland ist und nach der | |
US-Abstufung 2014 in der untersten Kategorie drei verbleibt, reagierte man | |
verschnupft. Der Bericht sei unfair, weil er nicht die Bemühungen | |
berücksichtige, die man im Kampf gegen den Menschenhandel unternommen habe, | |
erklärte das Außenministerium. Zumal die Generalstaatsanwaltschaft kurz | |
zuvor 72 Personen angeklagt hat, denen sie Verstrickungen in Menschenhandel | |
vorwirft. Darunter sind Lokalpolitiker, Polizisten sowie ein hochrangiger | |
Armeeoffizier. | |
Im jährlichen US-Bericht zum Menschenhandel werden jedoch nur Maßnahmen | |
berücksichtigt, die bis Ende März getroffen wurden. Menschenrechtler | |
hingegen begrüßten die US-Einstufung: Thailands Aktionen seien vor allem | |
„kosmetischer” Art. | |
Die Abgründe des Menschenhandels in Südostasien waren angesichts der | |
Flüchtlingskrise im Mai in die Öffentlichkeit gelangt, nachdem Thailands | |
Behörden Gräber mit Dutzenden Leichen entdeckt hatten. Dabei handelte es | |
sich vermutlich um Angehörige der in Birma verfolgten muslimischen | |
Rohingya-Volksgruppe sowie um Flüchtlinge aus Bangladesch. | |
Die Gräber befanden sich in einem verlassenen Lager von Menschenschmugglern | |
an der Grenze zu Malaysia, wo kurz darauf auch entsprechende Massengräber | |
entdeckt wurden. | |
28 Jul 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://www.state.gov/j/tip/rls/tiprpt/2014/index.htm | |
## AUTOREN | |
Nicola Glass | |
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