# taz.de -- Deutsche Co-Trainerin über Taktik: „Wir sind halt diszipliniert�… | |
> Die Co-Trainerin Ulrike Ballweg erklärt, warum man gegen Frankreich | |
> nichts ändert und weshalb fehlende taktische Flexibilität auch Vorteile | |
> hat. | |
Bild: Zufriedenes Trainerteam: Ulrike Ballweg (l.) und Silvia Neid klatschen ih… | |
taz: Frau Ballweg, was genau machen Sie eigentlich, was Silvia Neid nicht | |
kann? | |
Ulrike Ballweg: Nichts. | |
Wofür werden Sie dann bezahlt? | |
Dafür, dass ich Silvia Neid in ihrer Arbeit unterstütze und, die besteht | |
als Co-Trainerin darin, die Trainingsplanung mit zu gestalten, in | |
entsprechenden taktischen Sitzungen die Spiele vor- und nachzubereiten, | |
Expertisen auszuwerten. Aus all dem versuchen wir dann gemeinsam eine | |
Strategie für die Zukunft zu entwickeln. | |
Wie sieht die Strategie für das Spiel gegen Frankreich aus? | |
Wir werden versuchen, unser Spiel, das wir gegen die Schwedinnen gemacht | |
haben, weiter durchzuziehen. Dazu gehören unser gutes Mittelfeldpressing, | |
die Zusammenarbeit auf den einzelnen Positionen, die physische Präsenz, die | |
robuste Zweikampfstärke. Aber das gehört immer zu unserem Spiel. Da wird | |
sich jetzt gegen die Französinnen nicht viel ändern. | |
Das zehn Jahre alte Team Neid/Ballweg ist weiterhin unflexibel? | |
Das gehört zu unserer Philosophie. Wir sind in unserem System sehr flexibel | |
durch verschiedene Spielerinnen und deren unterschiedlichen Charaktere, | |
Spielweisen, Typen. Ich weiß nicht, ob es uns weiterbringen würde, wenn wir | |
fünf verschiedene Systeme spielen könnten. Die Spielerinnen fühlen sich in | |
unserem System wohl und wissen, was sie tun und wo sie hin müssen. Bis | |
jetzt hat uns noch kein Gegner geschlagen, nur weil wir unflexibel sind. | |
Exzentrikerinnen gibt es im deutschen Team aber nicht. Trainieren Sie denen | |
das ab? | |
Gar nicht. Wir haben ganz viele Persönlichkeiten, von Nadine Angerer über | |
Célia Sasic bis zu der jungen Pauline Bremer. Wir versuchen niemanden in | |
seiner Entwicklung und Entfaltung einzuschränken. | |
Fragt man Gegnerinnen der Deutschen, vor welcher Spielerin sie am meisten | |
Respekt oder Angst haben, kommt immer die Antwort: vor dem Team als Team. | |
Das nennt man dann wohl typisch deutsch! Wir sind halt so diszipliniert und | |
versuchen, alle zusammen etwas zu erreichen, und deswegen sieht man von | |
außen keine Spielerin so deutlich herausragen. Das ist doch eigentlich das | |
größte Kompliment, was man einer Mannschaft machen kann. | |
Dzsenifer Marozsan ist spielerisch schon sehr eigenwillig. Ist jemand wie | |
sie für das Spiel gegen Frankreich eine entscheidende Figur? | |
Sie hat fußballerische Qualitäten, die sind Wahnsinn. Wir sind sehr froh, | |
dass wir sie haben. Selbst wenn sie nicht unter den ersten elf ist, hat sie | |
bewiesen, dass sie auch als Ergänzungsspielerin immer eine gefährliche | |
Situation initiieren, das Spiel beleben, aber auch Ruhe und Leichtigkeit | |
mitbringen kann. | |
Sie haben die Französinnen am Sonntag angeguckt. Was haben Sie gesehen? | |
Nichts Überraschendes. Eine starke Mannschaft, die athletisch sehr | |
aufgeholt hat, zur Weltspitze gehört, technisch auf ganz hohem Niveau | |
spielt und souverän das Viertelfinale erreicht hat. Man hätte sich nur | |
gewünscht, dass die Südkoreanerinnen sie ein bisschen mehr fordern. Jetzt | |
müssen wir das machen. | |
Wenn, wie gegen Thailand, ein schneller Konter der schnellen Französinnen | |
kommt, sind die eher nicht so schnellen Abwehrspielerinnen wie Annike Krahn | |
dann eine Schwachstelle? | |
Im Vergleich zur thailändischen war die schwedische Offensive deutlich | |
stärker. Und gegen diese haben wir keine Schwäche gezeigt. Auch die | |
Schwedinnen hatten gedacht, sie hätten da unsere Schwächen gefunden, aber | |
viele Torchancen konnten sie sich ja nun nicht erspielen. Wir waren sehr | |
zufrieden mit unserem Abwehrverhalten. | |
Wird das stürmische Spiel der Deutschen reichen, um die Französinnen zu | |
schlagen, oder braucht es ein kreativeres Kombinationsspiel nach vorne? | |
Gegen Schweden haben wir schon sehr gute Kombinationen gehabt. Sicher | |
müssen unsere Angriffe gegen die starke französische Defensive mit sehr | |
viel Tempo und Präzision durchgeführt werden. Unsere Spielideen ähneln | |
sich. Nicht nur in der Offensive, sondern auch in der Defensive. Wir laufen | |
wie sie hoch an und versuchen im Mittelfeld dem Gegner die Räume möglichst | |
eng zu machen. Frankreich hat im Achtelfinale die Südkoreanerinnen so gut | |
bearbeitet, dass ihnen nichts weiter übrig blieb, als weiträumig zu | |
spielen, und das ist meistens ein Zeichen dafür, dass die verteidigende | |
Mannschaft die Räume so gut zustellt, dass kein Kurzpassspiel möglich ist. | |
Ist das Kurzpassspiel im Frauenfußball die größte Baustelle? | |
Das ist kein spezifisches Problem der Frauen. Auch die spanische | |
Nationalmannschaft der Männer hat lange gebraucht, bis sie mit dieser | |
Spielweise erfolgreich war. | |
In welche Richtung geht die Entwicklung bei dieser WM? | |
Es gab Veränderungen, die aber dem Kunstrasen geschuldet sind. Auf dem | |
Kunstrasen gestaltet sich der Fußball anders. Er ist der Grund, dass hier | |
viele Mannschaften versuchen, eher defensiver zu agieren, sich tendenziell | |
früher tief zu stellen, um die Räume für den Gegner so klein wie möglich zu | |
halten. | |
Entscheiden Sie ganz allein, wie der Gegner einzuschätzen ist? | |
Nein. Wir haben ein Sichterteam hier in allen Stadien, das uns Infos | |
liefert, und einen Videoanalysten, der Zugriff auf alles hat. Mit dem | |
bespreche ich dann, was wir den Spielerinnen über die taktische Ausrichtung | |
des Gegners erzählen. | |
Verheimlichen Sie den Spielerinnen manchmal etwas? | |
Nein. Nicht bewusst jedenfalls. Wir haben sehr intelligente und wache | |
Spielerinnen, die selbst erkennen, wo der Gegner Schwächen und Stärken hat. | |
Denen können wir gar nichts verheimlichen. | |
26 Jun 2015 | |
## AUTOREN | |
Doris Akrap | |
## TAGS | |
Taktik | |
Deutscher Fußballbund (DFB) | |
WM 2015 | |
Fußball | |
Entwicklungszusammenarbeit | |
Frauen-Fußball-WM 2023 | |
Fußball | |
Nadine Angerer | |
Fußball | |
Fußball | |
Fußball | |
Fußball | |
Fußball | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kolumne Pressschlag: Geschlossenes System | |
Der Frauenfußball schmorte auch bei dieser WM im eigenen Saft. Viele | |
haben's sich in ihrem Kosmos bequem gemacht. | |
Letzter WM-Auftritt der Bundestrainerin: Die Tugendtussi | |
Metzgerin mit Disziplinfetisch: Die Bundestrainerin hat sich mental nie aus | |
Walldürn entfernt. Ihr Vermächtnis an den Fußball: Kadavergehorsam. | |
Fußball-WM 2015 in Kanada: Gerxit – und das ist auch gut so | |
Der deutsche Frauenfußball steht für Athletik, nicht für Kreativität. Die | |
Niederlage im Halbfinale resultiert aus Spielverweigerung. Eine Polemik. | |
Kolumne Eben: Die Schmach von Brüssel | |
Deutschland gegen Griechenland. Spannende Partie. Kann Varoufakis das Spiel | |
für sein Team entscheiden. Oder trifft Schäuble in letzter Minute? | |
Torhüterin Nadine Angerer: Ganz groß mit Hut | |
Ruhig und fokussiert, aber gern mit dem letzten Wort: Nadine Angerer. Im | |
Halbfinale gegen die USA wird es radikal, weiß die Sportlerin. | |
Fußball-WM in Kanada: Der Gastgeber ist raus | |
England schlägt Kanada und steht damit erstmals im Halbfinale einer WM. | |
Japan hatte zuvor knapp gegen Australien gewonnen. | |
Deutschland im WM-Halbfinale: Dominieren heißt nicht gewinnen | |
Nach dem Spiel bleibt: Die Französinnen spielten spanisch, allein es | |
fehlten die Tore. Die deutsche Kampfmaschine kam nicht in die Gänge. | |
Deutschland im Halbfinale der Fußball-WM: Bowlingkugel schlägt Eleganz | |
Deutschland gewinnt gegen Frankreich im Elfmeterschießen. Es war das | |
vorweggenomme Finale, in dem Frankreich das bessere Team war. | |
Fußball-WM 2015 in Kanada: „Wir gehen raus. Bumm.“ | |
Simone Laudehr erklärt, warum manches beim deutschen Team noch nicht so gut | |
aussieht und was sich genau ändern muss. | |
Deutschland gegen Frankreich: Geradlinig bis zum Starrsinn | |
Der erklärte WM-Topfavorit spielt ganz und gar nicht überzeugend, und die | |
Bundestrainerin steckt mitten in der schwersten Krise ihre Amtszeit. Ändern | |
will sie jedoch nichts. | |
Deutsche Co-Trainerin über Taktik: „Irgendwo gibt es Raum“ | |
Die Assistenztrainerin des deutschen Teams, Ulrike Ballweg, über | |
Ballbesitz, Kombinationspiel und die spielerische Neuausrichtung der | |
Nationalmannschaft im laufenden WM-Turnier. |