# taz.de -- Kolumne Pressschlag: Geschlossenes System | |
> Der Frauenfußball schmorte auch bei dieser WM im eigenen Saft. Viele | |
> haben's sich in ihrem Kosmos bequem gemacht. | |
Bild: Versuchslabor Frauenfußball-WM: Das Experiment Kunstrasen gilt als gesch… | |
Das Beste kam tatsächlich zum Schluss. Für den Frauenfußball war das nur | |
gut so. Wer weiß, was für Experimente sich die Herren von der Fifa nach dem | |
misslungenen Kunstrasenversuch in Kanada noch hätten einfallen lassen. Denn | |
bei dieser WM dominierten die Defensivreihen. Hätten die | |
Schiedsrichterinnen nicht so großzügig Elfmeter vergeben, wäre in den | |
jeweiligen Strafräumen noch weniger los gewesen. | |
Sepp Blatter hätte vielleicht ein letztes Mal darauf gepocht, eine alte | |
Idee von ihm bei den Frauen anzuwenden und die Tore vergrößern zu lassen. | |
Als Experimentierfeld eignet sich der Frauenfußball ja vorzüglich. Das hat | |
man auch bei dieser WM in Kanada gesehen. Obwohl fast ausnahmslos alle | |
Beteiligten, den Versuch mit dem Kunstrasen als gescheitert betrachten, | |
schlug das Thema keine großen Wellen. Die Fifa konnte ihr Experiment quasi | |
in einem geschlossenen Raum, in einem gesellschaftlichen Vakuum, vornehmen. | |
Die gleichen Geschichten, die bei einer Männer-WM große Debatten auslösen | |
würden, blieben in Kanada unerzählt. Über die vielen | |
Schiedsrichterinnenfehlentscheidungen in entscheidenden Spielen mokierten | |
sich etwa nicht einmal die TrainerInnen, weil sie wohl nur zu gut wussten, | |
dass sie sowieso mit keinem Echo rechnen konnten. | |
Ob eine schlechte Alexandra Popp im deutschen Team immer wieder aufgestellt | |
wird oder nicht, ist einerlei. Derlei Fragen taugen nicht zur | |
Polarisierung. Und vereinzelte Kritiker wie der Frankfurter Trainer Colin | |
Bell werden schnell als Nestbeschmutzer diskreditiert. | |
Die notorisch wohlmeinenden Berichterstatter konstatierten wieder einmal, | |
die Breite des Niveaus sei größer geworden, der Frauenfußball habe sich | |
auch bei dieser WM weiterentwickelt. Das Gegenteil ist richtig. Es mag mehr | |
Teams geben, die das Spiel des Gegners zerstören können, an | |
Offensivkonzepten hat man indes nichts Neues gesehen. Der Sieg des | |
überalterten US-Teams war ein Sieg der Gestrigen und kein Fingerzeig für | |
die Zukunft. Der Frauenfußball schmort in seinem eigenen Saft, weil er kaum | |
äußeren Druckverhältnissen ausgesetzt ist, vor allem aber haben sich viele | |
der Protagonisten bequem in ihrem geschlossenen System eingerichtet. | |
6 Jul 2015 | |
## AUTOREN | |
Johannes Kopp | |
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