# taz.de -- Finanzministertreffen in Luxemburg: Fünf Szenarien für Griechenla… | |
> Griechenland droht die Staatspleite – wenn nicht doch eine Lösung im | |
> Schuldenstreit gefunden wird. Noch geht das Ringen weiter. | |
Bild: Gegen die Sparmaßnahmen, für die Regierung: Demonstranten am Dienstag v… | |
FRANKFURT/MAIN dpa | Einigt sich Griechenland beim | |
Euro-Finanzministertreffen am Donnerstag in Luxemburg in letzter Minute mit | |
seinen Geldgebern? Oder fliegt das Land aus dem Euro? Das aktuelle | |
Hilfsprogramm läuft am 30. Juni aus. Wie geht es weiter? Fünf Szenarien: | |
Einigung im Juni: Noch ist der Gesprächsfaden zwischen der griechischen | |
Links-Rechts-Regierung und den Geldgebern von Europäischer Zentralbank | |
(EZB), Internationalem Währungsfonds (IWF) und EU-Kommission nicht | |
abgerissen. Allerdings macht das, was von der Krisendiplomatie auf höchster | |
Ebene nach außen dringt, immer weniger Hoffnung. Am vergangenen Sonntag | |
brach EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker einen Vermittlungsversuch | |
schon nach kurzer Zeit ab: Die Vorstellungen beider Seiten liegen noch zu | |
weit auseinander, welche Reformen Griechenland im Gegenzug für weitere | |
Hilfen umsetzen muss. Die Wahrscheinlichkeit, dass noch vor Auslaufen des | |
aktuellen, bereits verlängerten Hilfsprogramms Ende Juni eine Lösung | |
gefunden wird, schätzen Volkswirte auf 35 Prozent. | |
Fauler Kompromiss: Pokern Alexis Tsipras und sein betont salopp | |
auftretender Finanzminister Gianis Varoufakis nur, weil sie sich sicher | |
sind, dass keiner der Partner letztlich den Geldhahn zudrehen wird und | |
Griechenland in die Pleite taumeln lässt – mit unkalkulierbaren Folgen? | |
„Ein fauler Kompromiss mit Griechenland ist wahrscheinlicher als ein | |
Grexit“, meint Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Schließlich müsse | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel im Falle eines Scheiterns den Wählern in | |
Deutschland erklären, „dass die Hilfskredite an Griechenland verloren sind | |
und die Rettungspolitik gescheitert ist“, sagt Krämer. | |
Neuanfang mit neuer politischer Führung in Athen: Die harte Haltung der | |
seit viereinhalb Monaten amtierenden Regierung wird auch für die | |
griechische Bevölkerung zu einer nervenaufreibenden Hängepartie. In einer | |
Anfang dieser Woche veröffentlichten repräsentativen Umfrage des | |
Meinungsforschungsinstituts GPO sprachen sich rund 70 Prozent der Griechen | |
für einen Verbleib ihres Landes im Euroraum aus – auch wenn dies mit harten | |
Sparmaßnahmen verbunden wäre. Sollte der Geduldsfaden der Menschen in | |
Griechenland reißen, wäre ein politischer Neuanfang denkbar. 25 Prozent | |
Wahrscheinlichkeit sieht Holger Schmieding von der Berenberg Bank für ein | |
solches Szenario. Allerdings ist Tsipras‘ Syriza der GPO-Umfrage zufolge | |
nach wie vor die führende politische Kraft im Land: Fände an diesem Sonntag | |
eine Parlamentswahl statt, würde die Linkspartei sie mit 35,1 Prozent | |
gewinnen. Bei der Parlamentswahl am 25. Januar hatte Syriza 36,3 Prozent | |
erreicht. | |
Staatspleite: Griechenlands Staatskasse ist leer, die Banken des Landes | |
hält die EZB durch Notkredite (Ela) am Leben. Bis zum 30. Juni muss Athen | |
rund 1,5 Milliarden Euro an den IWF zurückzahlen. Und das ist längst nicht | |
alles: Am 20. Juli werden griechische Anleihen im Volumen von etwa 3,5 | |
Milliarden Euro fällig, die die EZB hält. „Gelingt auch bis zu diesem | |
Zeitpunkt keine Einigung, ist der Zahlungsausfall ... praktisch nicht mehr | |
abwendbar“, schreibt DZ-Bank-Analyst Daniel Lenz. | |
Grexit: In den EU-Verträgen ist der Austritt eines Landes aus dem | |
gemeinsamen Währungsraum mit seinen derzeit 19 Mitgliedstaaten nicht | |
vorgesehen. Allerdings könnte Griechenland dazu gezwungen sein, wenn die | |
Euro-Notkredite gestoppt werden und das Land keinen Zugang mehr zu frischem | |
Geld hat. Würde Griechenland statt des „harten“ Euro wieder eine „weiche… | |
Drachme einführen, könnte die heimische Wirtschaft mit einer billigen | |
eigenen Währung ihre Produkte viel günstiger anbieten. Denkbar wäre zudem, | |
dass der Staat Gehälter und Renten in Schuldscheinen auszahlt, um die | |
Staatskasse kurzfristig zu entlasten. Die Wahrscheinlichkeit für einen | |
„Grexit“ ist nach Einschätzung von Ökonomen auf 50 Prozent gestiegen. | |
Die Folgen eines Grexits kann niemand verlässlich abschätzen. Fachleute | |
warnen jedoch: Hauptverlierer wäre die griechische Bevölkerung. Importe wie | |
Energie und Arzneimittel etwa dürften sich massiv verteuern, viele | |
Unternehmen könnten wegen eines Anstiegs ihrer Auslandsverschuldung | |
gezwungen sein, Mitarbeiter zu entlassen. Firmen aus dem Ausland dürften | |
noch zurückhaltender werden, in dem Mittelmeerland zu investieren. | |
Die Chefvolkswirte der Sparkassen-Finanzgruppe schreiben in einem | |
gemeinsamen Papier: „Gegebenenfalls wäre das erste Jahr der neuen | |
Währungsselbstständigkeit durch ein humanitäres Hilfsprogramm zu begleiten, | |
um die unmittelbaren sozialen Härten des Ausstiegs abzumildern.“ Die | |
fundamentalen Probleme jedoch blieben: „Die Ausgabe von Schuldscheinen, | |
Parallelwährungen oder ein vorübergehender Austritt Griechenlands aus dem | |
Euro im Zuge einer griechischen Zahlungsunfähigkeit sind nur | |
Scheinlösungen“, meint Dekabank-Chefvolkswirt Ulrich Kater. Dass die | |
griechische Wirtschaft im Grunde nicht wettbewerbsfähig ist und die | |
Verwaltung des Landes dringend reformiert werden muss, würde nur in die | |
Zukunft verschoben. | |
18 Jun 2015 | |
## AUTOREN | |
Jörn Bender | |
Harald Schmidt | |
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