# taz.de -- Job schützt nicht vor Prekariat: Mehr Arbeit, mehr Armut | |
> Tristes Fazit des „Arbeitskreises Berufliche Perspektiven für Frauen“: | |
> Über die Hälfte der Bremer Hartz-IV-Empfängerinnen arbeiten. | |
Bild: Nicht nur arbeitslose Frauen sind auf Hilfe vom Jobcenter angewiesen | |
Laut Bundeszentrale für politische Bildung birgt Arbeitslosigkeit das | |
höchste Risiko für Armutsgefährdung. Das erscheint erst einmal logisch, ist | |
aber nicht korrekt - vor allem nicht in Bremen. Darauf macht der | |
„Arbeitskreis Berufliche Perspektiven für Frauen“ (AK) in einer | |
Stellungnahme zum Armuts- und Reichtumsbericht des Bremer Senats | |
aufmerksam. | |
„Obwohl die Arbeitslosenquote von Frauen seit Jahren sinkt, steigt die | |
Quote ihrer Armutsgefährdung stetig an“, heißt es dort. Auch wenn das dem | |
Bundesdurchschnitt entspricht: In Bremen zeigt es sich besonders deutlich. | |
Gerade die Inhalte und Strukturen der Jobs von Frauen verstärkten die | |
Tendenz „arm trotz Arbeit“. | |
„Bremen hat einen relativ ausgedehnten Dienstleistungssektor und | |
Sozialbereich, in dem vorwiegend Frauen tätig sind und einen breit | |
vertretenen Industrie-, Produktions- und Fertigungsbereich“, erklärt Esther | |
Schröder, eine der Sprecherinnen des AK. | |
Im verarbeitenden Gewerbe sind laut Masterplan Industrie Bremen 18 Prozent | |
der sozialversicherungspflichtigen Angestellten weiblich. Im | |
Dienstleistungsbereich sind es 52 Prozent. Die unterschiedliche Bezahlung | |
in den Berufsfeldern wirkt sich auf die „Gender Pay Gap“ - die | |
geschlechtsspezifische Lohnlücke - aus, die in Bremen 25 Prozent beträgt. | |
Der AK verweist darauf, dass fast jede vierte Bremerin ein hohes | |
Armutsrisiko trägt. | |
18 Prozent der bremischen Frauen erhalten laut AK Hilfen vom Jobcenter, | |
obwohl mehr als die Hälfte von ihnen berufstätig sei. „Zwei Drittel der | |
geringfügig Beschäftigten in den Betrieben im Land Bremen sind Frauen“, | |
sagt Bärbel Reimann, Geschäftsführerin des AK. Verstärkt zeigte sich die | |
Problematik der Armutsgefährdung von Frauen in Bezug auf | |
Ein-Eltern-Familien, Frauen mit Migrationshintergrund und in der | |
Altersvorsorge. | |
Die Hälfte der Ein-Personen-Haushalte ist armutsgefährdet. 93 Prozent der | |
arbeitslos gemeldeten Alleinerziehenden sind Frauen. Zwei Drittel von ihnen | |
besitzen keine abgeschlossene Berufsausbildung. Weniger als die Hälfte der | |
Frauen mit Migrationshintergrund sind erwerbstätig, und Frauen erhalten im | |
Bundesdurchschnitt 60 Prozent weniger Rente als Männer. | |
Reimann sagt: „Wir sind entschieden gegen Mini-Jobs, die nicht der eigenen | |
Qualifizierung entsprechen und so gut wie nichts für die Rentenversicherung | |
tun.“ Vor allem die trägerunabhängige Beratung, die nicht | |
betriebswirtschaftlich argumentiert, sondern sich an den Bedürfnissen und | |
Möglichkeiten der individuellen Person orientiert, hält der AK für wichtig. | |
Neben der arbeitsmarktorientierten Beratungsstelle „Frauen in Arbeit und | |
Wirtschaft e. V.“ hebt Reimann die dezentrale Beratung in Mütterzentren | |
hervor: „Sie fokussiert sich auf Alltagsprobleme wie Kinderbetreuung und | |
Schuldnerberatung, die auch den Berufseinstieg vorbereiten.“ | |
„Wir wollen Frauen in Arbeit bringen“, sagt Schröder, „aber in | |
existenzsichernde.“ Der AK will einen strukturellen Rahmen stärken, der | |
Frauen im eigenverantwortlichen Handeln stützt. Mit dem Fokus auf der | |
beruflichen Perspektive werden Möglichkeiten wie eine bessere staatliche | |
Unterstützung für Alleinerziehende, die Beruf und Familie nicht vereinbaren | |
können oder wollen, nicht thematisiert. | |
17 Jun 2015 | |
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