| # taz.de -- Massenprotest in Rom: Gegen die Arbeitsmarktreform | |
| > Gewerkschaften rufen zu Demonstrationen gegen Reformen des | |
| > Ministerpräsidenten Matteo Renzi auf. Hunderttausende beteiligen sich. | |
| Bild: Matteo Renzi ist Adressat der Proteste in Rom. | |
| ROM taz | Mit einer Großdemonstration, wie sie Rom seit Berlusconi-Zeiten | |
| nicht mehr erlebte hatte, protestierte am vergangenen Samstag der | |
| Gewerkschaftsbund CGIL gegen die Regierung unter Matteo Renzi. | |
| Hunderttausende Menschen, angereist aus ganz Italien, wandten sich gegen | |
| das Regierungsvorhaben, den Kündigungsschutz weiter einzuschränken, gegen | |
| den anhaltenden Gehaltsstopp im öffentlichen Dienst sowie gegen die mit dem | |
| Staatshaushalt 2015 anvisierten weiteren Einschnitte, zum Beispiel im | |
| Gesundheitswesen. „Renzi, Renzi, geh zum Teufel!“ war einer der | |
| beliebtesten Sprechchöre, skandiert von Arbeitern der Großbetriebe genauso | |
| wie von Tausenden Arbeitslosen sowie prekär Beschäftigten und Studenten. | |
| Oder von den Mitgliedern der Rentnergewerkschaft, die in T-Shirt mit der | |
| Aufschrift „Platz frei für die Jugend!“ mitzogen. Und ein Spruchband | |
| lautete: "Wenn Renzi links ist, ist Berlusconi Feminist“. Die meisten | |
| Demonstranten hatten bei den Europawahlen im vergangenen Mai Renzis | |
| gemäßigt linke Partito Democratico (PD) gewählt. Auf der Kundgebung am | |
| Samstag dagegen war in einem Meer roter Gewerkschaftsbanner bloß eine | |
| einzige Fahne der PD zu erblicken. Zwar waren diverse Parlamentarier der PD | |
| bei der Demonstration präsent – sie alle aber gehörten den linken | |
| Minderheitsflügeln an, die Renzi in der Partei an den Rand gedrängt hat. | |
| Derweil hielt Renzi ebenfalls am Samstag in Florenz das jährliche Meeting | |
| seiner Anhänger ab. Auch dort übrigens fehlten in der mit Tausenden Fans | |
| gefüllten Halle Parteifahnen der PD. Auf der Bühne sprachen Modeunternehmer | |
| und Finanzinvestoren über das „Italien, das Arbeitsplätze schafft“, währ… | |
| Renzi jeden Verhandlungsspielraum mit der Gewerkschaft ausschloss:„Wir | |
| werden uns miteinander austauschen, aber dann werden wir voranschreiten. Es | |
| kann nicht sein, dass der Straßenprotest das Land blockiert.“ | |
| ## Unfreundliche Töne un ein umjubelter Star | |
| Ähnlich unfreundlich waren die in Rom zu hörenden Töne. Susanna Camusso, | |
| Vorsitzende der CGIL, begann ihre Rede mit einer Breitseite gegen „die | |
| weißen Hemden“, wie sie auf der Renzi-Veranstaltung in Florenz zu sehen | |
| waren, und denen Camusso die roten Fahnen der Gewerkschaft | |
| gegenüberstellte. „Ich bin Marta“ – dieses T-Shirt trugen im Zug | |
| zahlreiche, vor allem junge Frauen. Der Regierungschef hatte der | |
| Gewerkschaft vor einigen Wochen vorgeworfen, sie denke „nie an Marta, | |
| prekär beschäftigt und ohne Mutterschutz“, weil sie bloß die Interessen der | |
| stabil Beschäftigten vertrete. Auch in diesem Punkt keilte Camusso zurück: | |
| „Wo war Renzi, als das Prekariat entstand?“, fragte sie in ihrer | |
| Kundgebungsrede. Umjubelter Star auf der Demonstration aber war ein | |
| anderer: Maurizio Landini, der 53-jährige Chef der Metallergewerkschaft | |
| FIOM. Er gilt vielen, nicht nur im Gewerkschaftsmilieu, sondern auch in der | |
| italienischen Restlinken als der mögliche Anti-Renzi, als derjenige, der | |
| die Minderheitsflügel der PD mit anderen linken Kräften in einer neuen | |
| Partei einen könnte. Noch weist Landini solche Überlegungen weit von sich. | |
| Dass für ein solches Projekt jedoch ein politischer Markt bestünde, zeigte | |
| sich am Samstag in Rom deutlich. Erst einmal aber sollen die | |
| Gewerkschaftsproteste gegen die Regierung fortgesetzt werden. Am 8. | |
| November werden die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes wieder auf die | |
| Straße gehen, im zweiten Schritt droht die CGIL einen Generalstreik an. | |
| 25 Oct 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Michael Braun | |
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