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# taz.de -- Entwicklungspolitik der EU: Geizig im falschen Moment
> Die EU feiert sich für ihre Erfolge in der Bekämpfung der Armut. Bei der
> Finanzierung knausern viele Staaten. Dabei käme es jetzt drauf an.
Bild: Längst noch nicht alle Menschen haben einfachen Zugang zu Wasser.
BRÜSSEL taz | Die Erfolgsmeldungen zur Entwicklungspolitik im Herzen der
Hauptstadt der EU sind bunt: den Hunger in der Welt halbiert, 7.000 Kinder
täglich vor dem Verhungern gerettet, den Zugang zu Wasser und Medizin
verbessert. Diese Fortschritte bei den Millenniumszielen der Vereinten
Nationen (UN) feiert das Europaparlament an der Place de Luxembourg mitten
in Brüssel mit einem gigantischen Plakat.
Am Stadtrand von Brüssel dagegen, in der zum Konferenzzentrum umgebauten
Fabrik Tour & Taxis ist den 5.000 Besuchern der „Europäischen
Entwicklungstage“ weniger zum Jubeln zumute. Denn bei diesem „Davos der
Entwicklung“, also dem Treffen der Wichtigen und Reichen, geht es weniger
um die Erfolge der Vergangenheit, sondern um die Aussichten für die
Zukunft.
Und die sind nicht rosig. Nach wie vor zahlen die europäischen Staaten
statt der vor 45 Jahren versprochenen 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts
im Schnitt nur 0,4 Prozent für die Entwicklungshilfe.
Über dem Schnitt liegen nur Schweden, Norwegen, Dänemark, Luxemburg und
Großbritannien, Deutschland dümpelt bei 0,4. Vor zwei Wochen weigerten sich
die EU-Minister, einen Termin für die Erreichung des 0,7-Ziels zu nennen.
Frankreich, Spanien und die Niederlande haben ihre Beiträge sogar gekürzt.
## Wichtige Weichen fürs nächste Jahrzehnt
EU-Ratspräsident Jean-Claude Juncker nannte das bei der Eröffnung der
Konferenz „eine falsche Idee, einen Skandal“. Denn jetzt werden wichtige
Weichen für das nächste Jahrzehnt gestellt: Ende Juli sollen auf einer
UN-Konferenz im äthiopischen Addis Abeba die Finanzströme zwischen Nord und
Süd festgelegt werden. Sie sollen die 17 neuen weltweiten Entwicklungsziele
(Sustainable Development Goals, SDG) ermöglichen, die nicht mehr nur für
die armen, sondern für alle Länder gelten sollen: Neben dem Kampf gegen den
Hunger soll es auch um gleiche Chancen für Frauen, um Bildung, Demokratie
und Zugang zu Energie gehen. Die UN wollen diesen Fahrplan im Herbst in New
York beschließen.
Außerdem ist jetzt schon klar: Ohne Geld für die Entwicklung der armen
Staaten wird es im Dezember kein Paris-Protokoll zum Klimaschutz geben.
Ein bisschen beleidigt erinnert Europa in Brüssel daran, dass von hier mehr
als die Hälfte der weltweiten Entwicklungshilfe von etwa 50 Milliarden
US-Dollar kommt, obwohl die EU nur 20 Prozent der Weltwirtschaft ausmacht.
Der aktuelle „Europäische Entwicklungsbericht“, den unabhängige Thinktanks
auf der Konferenz präsentierten, zeigt allerdings: Inzwischen haben die
Steuereinnahmen in den armen Ländern die internationale Hilfe weit
überholt. Während sich die internationalen Zahlungen seit 2002 auf
niedrigem Niveau verdoppelten, explodierten die Steuereinnahmen von 1.500
auf 5.000 Milliarden Dollar. Für die SDG solle daher viel stärker darauf
geachtet werden, Hilfsgelder an lokale Regierungen zu zahlen, ihre
Umsetzung vor Ort zu begleiten und die Wirtschaftskraft der Länder zu
heben, empfiehlt der Bericht.
Doch Gaspar Frontini von der EU-Entwicklungsorganisation EuropeAid will die
neuen Zahlen nicht als Argument gegen die klassische Politik sehen: Das
„Zeitalter der Entwicklungshilfe“ sei keineswegs vorbei.
3 Jun 2015
## AUTOREN
Bernhard Pötter
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Entwicklung
Schwerpunkt Armut
UN-Millenniumsziele
SDG
Europa
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