# taz.de -- NSA-Ausschuss empört CIA & Co.: Keiner vertraut mehr dem BND | |
> Die US-amerikanischen Geheimdienste beschweren sich, dass geheime | |
> Dokumente an die Medien gelangen. Man prüfe ein Ende der Kooperation mit | |
> dem BND. | |
Bild: Der BND muss vielleicht bald ohne amerikanische Hilfe auskommen. | |
BERLIN rtr/dpa | Die amerikanischen Geheimdienste stellen einem | |
Medienbericht zufolge ihre Zusammenarbeit mit dem Bundesnachrichtendienst | |
auf den Prüfstand. Die USA hätten bereits gemeinsame Projekte und geplante | |
Kooperationen gestoppt, [1][berichtete die Bild] am Samstag unter Berufung | |
auf einen US-Geheimdienstmitarbeiter. | |
Anlass dafür seien Indiskretionen aus dem Untersuchungsausschuss des | |
Bundestages, der die Ausspähung von Telekommunikations- und Internetdaten | |
durch die US-Behörde NSA und eine mögliche Verwicklung des deutschen | |
Partnerdienstes BND aufklären soll. | |
Grünen-Parteichef Cem Özdemir warf der Bundesregierung vor, sie behindere | |
die Aufklärung und fördere damit den Antiamerikanismus in Deutschland. Die | |
Bundesregierung kommentierte den Bericht nicht. Ein Sprecher erklärte, über | |
einzelne Sachverhalte der nachrichtendienstlichen Zusammenarbeit mit den | |
USA äußere sich die Regierung gegenüber den parlamentarischen Gremien. Ein | |
Sprecher der US-Botschaft in Berlin sagte, man nehme zu | |
Geheimdienst-Angelegenheiten keine Stellung. | |
Der Bild zufolge beklagte US-Geheimdienstdirektor James Clapper vor Wochen | |
in einer Weisung, dass ständig geheime US-Dokumente aus dem deutschen | |
Untersuchungsausschuss an Medien durchsickerten. Man könne sich beim Schutz | |
vertraulicher Dokumente nicht mehr auf die Deutschen verlassen, habe | |
Clapper erklärt. Daher sollten die US-Dienste überprüfen, wo man die | |
Zusammenarbeit einschränken oder gar einstellen könne. | |
## Streit zwischen SPD und CDU | |
Özdemir sagte dem Tagesspiegel am Sonntag laut Vorabbericht, die | |
Bundesregierung mauere und [2][behindere die Aufklärung]. „So liefert sie | |
den politischen Kräften Munition, die Deutschland und Amerika | |
auseinandertreiben wollen, die die USA als Hort alles Bösen sehen und jede | |
Art von nachrichtendienstlicher Arbeit für Teufelszeug halten.“ | |
Geheimdienste seien zur Terrorabwehr notwendig. | |
Der Kurs der SPD-Spitze in der Spähaffäre führt zu wachsendem Verdruss beim | |
Koalitionspartner. Mit massiven Vorwürfen reagierte die CSU am | |
Pfingstwochenende auf eine Fristsetzung von SPD-Generalsekretärin Yasmin | |
Fahimi an das Kanzleramt. Auch die CDU äußerte Unverständnis. | |
Fahimi hatte der Bild am Sonntag mit Blick auf Kanzlerin Angela Merkel | |
(CDU) [3][gesagt]: „Ein Aussitzen dieser Affäre wird es mit der SPD nicht | |
geben.“ Und: „Ich erwarte, dass das Kanzleramt bis zur nächsten | |
Sitzungswoche endlich Klarheit darüber schafft, wie der Bundestag in | |
geeigneter Art und Weise [4][die Selektorenliste prüfen kann]“. | |
CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer nahm SPD-Chef Sigmar Gabriel persönlich | |
in die Pflicht: Der Vizekanzler müsse „jetzt den Wirrwarr in seiner Partei | |
beenden und sich klar auf die Seite der Regierungsverantwortung stellen“. | |
Fahimi betreibe „parteiinterne Opposition“, sagte Scheuer. „Wir als CSU | |
konzentrieren uns auf die Zusammenarbeit mit denen in der SPD, die | |
konstruktiv sind und die Kooperation der Dienste zum Schutz der westlichen | |
demokratischen Welt befürworten.“ | |
## US-Hilfe dringend nötig | |
Gabriel hatte am Sonntag in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“ betont, in | |
Fahimis Forderung nach einer Offenlegung der umstrittenen Liste von | |
NSA-Spähbegriffen (Selektoren) bis zum 8. Juni sehe er „nicht gerade eine | |
Zuspitzung“. Der SPD-Chef betonte zugleich, neben Aufklärung und Kontrolle | |
der Geheimdienste liege auch deren Funktionsfähigkeit im „Staatsinteresse“. | |
Nach seinen Worten sollte ein Fachmann die Liste anschauen, bewerten und | |
Hinweise zur Kontrolle der Dienste durch Parlament und Kanzleramt geben. | |
Laut Welt am Sonntag ist dafür der ehemalige Vorsitzende Richter am | |
Bundesgerichtshof [5][Gerhard Schäfer im Gespräch]. | |
SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann versuchte den Ärger in der Union und den | |
Unmut bei den Amerikanern am Pfingstwochenende zu dämpfen. Eine effektive | |
Arbeit deutscher Geheimdienste sei ohne US-Hilfe nicht möglich, [6][sagte | |
er der Welt am Sonntag]. „Wir können und wollen es uns nicht leisten, die | |
Zusammenarbeit mit den amerikanischen Diensten zu kündigen. Wir verdanken | |
den Amerikanern wichtige Hinweise.“ | |
In den USA ist unterdessen die Zukunft der Geheimdienstreform ungewiss. Der | |
Senat blockierte einen entsprechenden Gesetzesvorschlag, der kürzlich mit | |
großer Mehrheit vom Repräsentantenhaus angenommen wurde. Dieser sieht vor, | |
dass die Geheimdienste nicht mehr massenhaft US-Telefondaten sammeln | |
dürfen. Vielmehr müssten die Daten demnach künftig per Gerichtsbeschluss | |
freigegeben werden. Die nötige Stimmenzahl wurde knapp verfehlt. Allerdings | |
gab es anschließend auch nicht die notwendige Mehrheit für eine | |
zweimonatige Verlängerung des aktuellen Überwachungsprogramms. | |
25 May 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://www.bild.de/bild-plus/politik/ausland/usa/geheimdienste-wollen-bnd-k… | |
[2] http://www.tagesspiegel.de/politik/interview-mit-gruenen-chef-cem-oezdemir-… | |
[3] http://www.bild.de/politik/inland/nsa/fahimi-uebt-druck-auf-merkel-aus-4107… | |
[4] /!159430/ | |
[5] http://www.welt.de/newsticker/dpa_nt/infoline_nt/brennpunkte_nt/article1414… | |
[6] http://www.welt.de/politik/deutschland/article141407002/Wir-verdanken-den-A… | |
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