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# taz.de -- Die Rote Liste wird länger: Viele Arten sind für immer verloren
> Im Jahr 2010 wurden 914 Tier- und Pflanzenarten neu als bedroht
> klassifiziert. Für viele der vom Aussterben bedrohten Arten gibt es kaum
> mehr Lebensraum.
Bild: Auch der Tunfisch könnte demnächst auf der Roten Liste stehen.
BERLIN taz | Rund 19.000 Tier- und Pflanzenarten sind weltweit vom
Aussterben bedroht. Das zeigt die Rote Liste der Weltnaturschutzunion
(IUCN), die jetzt aktualisiert wurde. Tendenz schnell steigend: Allein in
den letzten zwölf Monaten kamen 914 Arten hinzu, darunter einer der größten
Vögel der Welt, die Hindutrappe, von der nur noch 250 Exemplare in Indien
und Pakistan leben.
Ähnlich ergeht es der Bahama-Oriole. Von dem schwarz-gelben Karibikvogel
existieren wahrscheinlich nur noch etwa 180 Exemplare. Mit dem „natürlichen
Lauf der Natur“ habe das nichts zu tun, sagt IUCN-Vizedirektor
Jean-Christophe Vie. „Das Artensterben, das wir in den letzten Jahren und
bis heute erleben, ist definitiv vom Menschen verursacht.“
Der rasante Anstieg im vergangenen Jahr hat auch, aber keineswegs vor allem
damit zu tun, dass viele Pflanzen- und Tierarten in dem Zeitraum erstmalig
ins Visier der Experten geraten sind. Entscheidend sei, so Vie, „dass der
Lebensraum für viele Lebewesen immer kleiner wird und sich die Situation
dadurch dramatisch verschlechtert“.
Ein Beispiel dafür sei der Wald der französischen Inselgruppe
Neukaledonien, der vielen endemischen Arten eine Heimat bietet, also Arten,
die nur hier vorkommen. Nach vielen Einschlägen und Abholzaktionen sind
heute nur noch 5 Prozent des Waldes übrig.
Viele der endemischen Arten sind unwiederbringlich verloren. Abholzung ist
nur eine Möglichkeit, Lebensraum zu vernichten. Auch die Versiegelung von
Flächen und die industrielle Landwirtschaft spielen eine große Rolle.
## Verschmutzes Wasser und Pilze
Daneben tragen auch Luft- und Wasserverschmutzung und die Erderwärmung zum
Artensterben bei. Als Beispiel nannte Vie die Gruppe der Amphibien, die
besonders gefährdet sind: Etwa 41 Prozent aller Frosch- und Salamanderarten
weltweit sind vom Aussterben bedroht.
Verschmutztes Wasser ist dabei ein wesentlicher Faktor: Für einen großen
Anteil des Amphibiensterbens ist die Chytridiomykose verantwortlich.
Genaues wissen auch die IUCN-Experten nicht, sie forschen derzeit noch zu
der Pilzerkrankung, die aus Zentralamerika stammen soll.
Möglicherweise muss die IUCN ihre Liste demnächst noch deutlich stärker
erweitern. Am Mittwoch stellte das Internationale Programm zur Lage der
Ozeane einen Bericht vor, nach dem sich in den Weltmeeren ein noch nie
dagewesenes Massensterben vollzieht, das das letzte von vor 55 Millionen
Jahren deutlich übertrifft.
Auch hierbei soll der Klimawandel eine wichtige Rolle spielen. Hinzu kommen
aber auch Überfischung, Versauerung und ein zu geringer Gehalt an
Sauerstoff. Dem Bericht zufolge haben sich einige der wirtschaftlich
interessanten Fischbestände bereits um mehr als 90 Prozent reduziert, 1998
zerstörte eine einzige Korallenbleiche rund 16 Prozent aller tropischen
Korallenriffe.
„Als wir uns das Zusammenwirken der Effekte von allem, was die Menschheit
dem Ozean antut, anschauten, wurde uns klar, dass die Auswirkungen weitaus
größer sind, als wir bei der Betrachtung der Einzelheiten angenommen
hatten“, sagte Alex Rogers, Wissenschaftlicher Leiter des Programms.
„Wir begreifen nicht, dass die Umweltverschmutzung auch an uns nicht
spurlos vorbeigeht. Was für Tiere gesundheitsschädigend ist, kann auch für
den Menschen nicht gesund sein“, sagt Vie.
22 Jun 2011
## AUTOREN
Manuela Tomic
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
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Insekten
Naturschutz
Afrika
Kongo
Gefährdete Tierarten
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