# taz.de -- Versauerung der Meere: Ein Todesstoß für viele Korallen | |
> Die Versauerung der Ozeane führt unter Wasser zu drastischen | |
> Veränderungen. Seit Beginn der Industrialisierung stieg der Säuregehalt | |
> um 30 Prozent. | |
Bild: Eine noch intakte Unterwasserwelt: Korallen im indonesischen Nationalpark… | |
Berlin taz | Acht Jahre lang erforschte der deutsche Forschungsverbund | |
Bioacid die Meeresversauerung. Letzte Woche stellte er auf der | |
Klimakonferenz COP23 in Bonn seine Ergebnisse vor. | |
Die Versauerung der Weltmeere ist die böse kleine Schwester der | |
Klimaveränderung. Beide werden von derselben Ursache angetrieben: Die Meere | |
nehmen steigende Mengen an Kohlendioxid (CO2) aus der Atmosphäre auf. Auf | |
der einen Seite wirkt dies der globalen Klimaveränderung entgegen, auf der | |
anderen senkt es durch chemische Reaktion den pH-Wert des Wassers. | |
Etwa ein Drittel des seit Beginn der Industrialisierung durch Menschen | |
produzierten CO2 wurde von den Ozeanen aufgenommen, wodurch der Säuregehalt | |
um 30 Prozent gestiegen ist. Gleichzeitig nehmen die Weltmeere 90 Prozent | |
der Wärme auf, die durch den zusätzlichen Treibhauseffekt erzeugt wird. | |
An dem Forschungsverbund Bioacid ([1][Biological Impacts of Ocean | |
Acidification, deutsch: Biologische Auswirkungen der Ozeanversauerung]) | |
waren mehr als 250 Wissenschaftler aus 20 deutschen Instituten beteiligt, | |
es wurden 580 Fachpublikationen veröffentlicht, das Bundesministerium für | |
Bildung und Forschung förderte das Projekt mit insgesamt 22 Millionen Euro, | |
koordiniert wurde es vom Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, | |
von Professor Ulf Riebesell und Hans-Otto Pörtner. Auf der Klimakonferenz | |
COP23 wurden letzte Woche die Ergebnisse in Form einer [2][Broschüre | |
(pdf-Datei)] und in Veranstaltungen vorgestellt. | |
Die Auswirkungen auf Stoffkreisläufe und Lebensgemeinschaften sind wie in | |
allen komplexen Systemen schwer zu einem präzisen Bild zusammenzubringen. | |
Die lange Zeitspanne des Projekts hat geholfen, in manchen Punkten ein | |
klareres Bild durch Langzeitdaten zu untermauern. Auch kleine Veränderungen | |
an der Basis des Nahrungsnetzes können sich auf höherer Ebene auswirken. | |
Die Verbreitung und Häufigkeit von Fischarten ändern sich, was | |
unmittelbaren Einfluss auf Wirtschaft und Lebensgewohnheiten der Menschen | |
hat. | |
## Überlebensrate verringert | |
Gemeinsam mit der Erwärmung der Meere verringert die Ozeanversauerung die | |
Überlebensraten junger Lebensstadien einiger Fischarten. Weil sie sehr | |
schnell voranschreitet, können sich nur kleine Organismen mit kurzen | |
Generationszyklen anpassen. | |
Gleichzeitig können Schlüsselprozesse wie die Kalkbildung beeinträchtigt | |
werden. Dies betrifft unter anderem Schalentiere und kalkbildendes | |
Plankton, die wiederum wichtig für viele andere Meeresorganismen sind, | |
sowie manche Korallen. Und schon ohne die [3][Versauerung] wäre der globale | |
Temperaturanstieg auf 1,2 Grad zu begrenzen, wenn wenigstens die Hälfte der | |
Korallenriffe erhalten bleiben sollen. | |
Ein Quadratmeter von ihnen ist Lebensraum für etwa 1.000 Spezies. Insgesamt | |
stören Ozeanversauerung und -erwärmung die Stoffkreisläufe und sie | |
beeinträchtigen zusätzlich die weitere CO2-Aufnahme der Meere, wodurch auch | |
ihre Funktion als Klimawandel-Bremse beeinträchtigt wird. | |
Riebesell und Pörtner sprechen sich beide deutlich für die Einhaltung der | |
Ziele des Pariser Klimaabkommens von 2015 aus, den Temperaturanstieg auf | |
„weniger als 2 Grad“ zu begrenzen. Wohl auch deshalb, weil mehr nicht zu | |
hoffen ist. Für die Korallenriffe und ihre Bewohner wird „weniger“ wohl | |
nicht wenig genug sein. | |
16 Nov 2017 | |
## LINKS | |
[1] https://www.oceanacidification.de/ | |
[2] http://www.oceanacidification.de/wp-content/uploads/2017/10/BIOACID_broschu… | |
[3] /Klimawandel-in-den-Weltmeeren/!5261142 | |
## AUTOREN | |
Ulf Schleth | |
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