# taz.de -- Mehr Schutz fürs Meer: Presslufthammer unter Wasser | |
> Nabu-Expedition auf Nord- und Ostsee weist zu viel Schmutz in Wasser und | |
> Luft nach. Mindestens die Hälfte der Schutzgebiete sollten von Nutzung | |
> frei sein | |
Bild: Idyllischer Blick auf ein Lärmproblem: Unter Wasser sorgen Schiffe in de… | |
HAMBURG taz | Der Schutz der Meere steht in Deutschland vornehmlich auf dem | |
Papier, kritisiert Leif Miller, Bundesgeschäftsführer des Naturschutzbundes | |
(Nabu). „Mindestens 50 Prozent der ausgewiesenen Schutzgebiete müssen | |
vollständig frei von menschlicher Nutzung werden“, sagte er in Hamburg zum | |
Abschluss einer Nabu-Forschungsfahrt auf Nord- und Ostsee. | |
„Offshore-Industrie, Fischerei, Schifffahrt oder Plastikvermüllung – die | |
Belastungen sind allgegenwärtig und überfordern die marinen Ökosysteme.“ | |
Grundschleppnetze, Windparks und Pipelines hätte in Meeresschutzgebieten | |
nichts zu suchen, so Miller. | |
Elf Tage lang war der Zweimaster „Ryvar“ unterwegs auf dem Törn „Nabu ma… | |
Meer“, mit dem der Naturschutzbund auf die bedrohte Artenvielfalt in den | |
beiden Meeren vor Norddeutschlands Küsten aufmerksam machen will. Der Start | |
war in Warnemünde, über Fehmarn, Kiel, Husum und Cuxhaven führte der | |
Segeltrip nach Hamburg. | |
Mit an Bord waren wissenschaftliche Teams der Universitäten Oldenburg und | |
Magdeburg-Stendal. Sie untersuchten menschengemachten Unterwasserlärm etwa | |
von Offshore-Windparks, Schiffen oder Häfen, erhoben Daten über die | |
Verschmutzung von Wasser und Luft und erprobten neue Methoden zum Sammeln | |
von Mikroplastik. | |
Das seien „kleine Giftbomben“, sagte Nabu-Expeditionsleiter Kim Detloff. | |
„An der Oberfläche von Mikroplastik lagern sich gern Umweltgifte ab, die | |
wir heute längst verboten haben“, zum Beispiel das Insektizid DDT oder | |
organische Chlorverbindungen (PCB). | |
## Jenseits der Schmerzgrenze | |
Im Wattenmeer nahe der Insel Scharhörn vor der Elbmündung wurde ständiger | |
Hintergrundlärm von 137 Dezibel gemessen. In 500 bis 1.000 Meter Entfernung | |
von einem Schiff stieg der Wert unter Wasser sogar auf 145 Dezibel – das | |
entspricht dem Lärm von Presslufthämmern oder Düsenjägern und liegt weit | |
über der menschlichen Schmerzgrenze. Luftmessungen erwiesen in | |
Meeresgebieten abseits der Schifffahrtsrouten 800 bis 1.200 Rußpartikel pro | |
Kubikzentimeter, unmittelbar hinter Schiffen teilweise mehr als 200.000, | |
sagte Detloff. Ein einziges Kreuzfahrtschiff stoße ungefähr so viel | |
Stickoxid aus wie fünf Millionen Autos. | |
In Hamburg stammen etwa 40 Prozent der Luftbelastungen aus dem Hafen, so | |
Nabu-Meeresexperte Malte Siegert. „Die Schiffe müssen sauberer werden“, | |
fordert er. Die Technik – Rußpartikelfilter, sauberer Gasantrieb oder | |
Landstrom im Hafen – sei vorhanden. Es fehlten jedoch staatliche Vorgaben, | |
um deren Nutzung verbindlich zu machen. | |
Das räumte auch Michael Pollmann, grüner Staatsrat der Hamburger | |
Umweltbehörde, ein. „Wir müssen handeln“, sagte Pollmann. Dazu aber müss… | |
„Interessenkonflikte zwischen Ökonomie und Ökologie gelöst“ werden. Und … | |
sei bekanntlich ein arg zähes Unterfangen. | |
26 Aug 2017 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
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