# taz.de -- Mikroplastik verseucht die Natur: Von der Fabrik in den Vogelmagen | |
> Schon bevor Polyethylen fertiggestellt ist, gelangt in Schweden | |
> tonnenweise Granulat aus der Produktionskette in die Umwelt. | |
Bild: Erst Polyethylengranulat, dann PET-Flasche, am Strand landet Plastik in j… | |
STOCKHOM taz | „Es ist wie beim Pilzesammeln“, sagt Lena Gipperth: „Erst | |
sieht man gar keine, aber wenn man den ersten gefunden hat, sind sie | |
plötzlich überall.“ Pilze hatte die Professorin für Umweltrecht im | |
westschwedischen Schärengarten allerdings nicht gefunden, stattdessen | |
millimetergroßes Mikroplastikgranulat. „Es lag überall an den Stränden“, | |
erzählt sie: „Teilweise in großen Haufen angeschwemmt.“ | |
Zusammen mit dem Meereswissenschaftler Martin Hassellöv und anderen | |
KollegInnen der Universität Göteborg wollte Gipperth mehr über die | |
Mikroplastikverschmutzung in der Nähe von Chemiefabriken wissen. Zur | |
Fallstudie wählten sie die Borealis-Fabrik in Stenungsund nördlich von | |
Göteborg aus. Dort wird seit den 1960er Jahren Polyethylen produziert. | |
Derzeit sind es rund fünf Prozent des Rohmaterials, das jährlich in Europa | |
verarbeitet wird und aus dem vorwiegend Verpackungen hergestellt werden. | |
Die ForscherInnen stellten fest: Granulatpartikel dieses Polyethylens | |
gelangen tonnenweise unkontrolliert in die Umwelt, bevor daraus überhaupt | |
ein Produkt hergestellt wird. Oft landet dieses Mikroplastik dann in den | |
Mägen von Fischen und Vögeln. „Wir waren schockiert“, sagt Gipperth. Sie | |
begannen zu rechnen, was offenbar schon bei Produktion, Transport und | |
Lagerung auf Abwege gerät. | |
In einer jetzt veröffentlichten [1][Studie] kamen sie in einem „worst case | |
scenario“ auf bis zu 36 Millionen Stück Granulat. Jährlich. Aus einer | |
Fabrik. „Als wir die kleineren Partikel analysierten und das, was Flaum | |
genannt wird, kamen wir sogar auf eine hundertfach größere Zahl solcher | |
Bruchstücke“, wird Therese Karlsson, Doktorantin am | |
Marineforschungsinstitut in einer [2][Pressemeldung] der Universität | |
Göteborg zitiert. Die ForscherInnen gehen davon aus, dass ihre Ergebnisse | |
von der Borealis-Fabrik kein Einzelfall sind: „Da der globale Markt von | |
wenigen großen Unternehmen mit konzentrierten Produktionsstätten dominiert | |
wird und ein weltweites Vertriebs- und Produktionsnetzwerk besteht, gibt es | |
Grund zur Annahme, dass die Routinen an anderen Standorten ähnlich sind.“ | |
Die Frage ist, warum nicht gleich am Anfang der Produktionskette versucht | |
wird, die Granulatverunreinigung massiv zu begrenzen, etwa über gesetzliche | |
Auflagen oder technische Vorkehrungen. „Wir kamen zum Ergebnis, dass die | |
Umweltgesetzgebung eigentlich schon jetzt entsprechende Auflagen | |
ermöglichen würde“, erklärt Hassellöv. „Sie wird nur nicht angewendet.�… | |
Aufgeschreckt von der Studie haben Borealis und Aufsichtsbehörden | |
jedenfalls inzwischen Besserung versprochen. | |
20 Feb 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0025326X18300523 | |
[2] https://science.gu.se/aktuellt/nyheter/Nyheter+Detalj/-plastindustrin-lacke… | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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