# taz.de -- Organspende in Deutschland: 124.000 Euro für ein neues Herz | |
> Trotz viel Bürokratie müssen Transplantationen schnell gehen. Organe | |
> werden deshalb meist nachts transportiert, notfalls mit dem Hubschrauber. | |
Bild: 76 Prozent der Deutschen wollen keine Organe spenden. | |
BERLIN taz | 2011 wurden in Deutschland Verstorbenen 4.054 Organe – | |
darunter Nieren, Herzen, Lungen, Lebern – entnommen und Patienten | |
eingepflanzt. Damit liegen die Deutschen bei den Organspenden im | |
internationalen Vergleich im Mittelfeld. In Spanien werden etwa doppelt so | |
viele Organe verpflanzt. | |
Ein Mensch, dem nach seinem Tod verschiedene Organe entnommen werden, kann | |
rund sieben anderen helfen. 1.200 Spender gab es 2011 in Deutschland. Nur | |
rund 10 Prozent der möglichen Spender hatten einen Spenderausweis. 76 | |
Prozent der Deutschen möchten nicht spenden. | |
Wie funktioniert eine Transplantation? Im Krankenhaus stellen Ärzte den | |
Hirntod eines Spenders fest. Das melden sie der Deutschen Stiftung | |
Organspende (DSO), die für die Organisation von Organspenden zuständig ist. | |
Zunächst werden die medizinischen Voraussetzungen für eine Entnahme geklärt | |
– Blutgruppe, Gewicht und Alter des Spenders. Diese Laborwerte werden an | |
die Stiftung Eurotransplant (ET) weitergeleitet. Die Organisation mit Sitz | |
in Leiden (Niederlande) ist zuständig für die Verteilung der Spenderorgane | |
in Deutschland, Belgien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Kroatien und | |
Slowenien. | |
ET vermittelt die gemeldeten Organspenden an die Patienten. Auf der | |
ET-Warteliste stehen derzeit etwa insgesamt 16.000 Frauen, Männer und | |
Kinder. Der Empfänger wird nach Dringlichkeit ausgesucht: Wer könnte im | |
Laufe der nächsten drei Monate ohne Transplantation sterben? | |
Erst jetzt wird das Organ entnommen und schnellstmöglich steril und gekühlt | |
bei 4 Grad Celsius in ein Transplantationszentrum transportiert. Herz und | |
Lunge halten etwa vier bis sechs Stunden, Leber und Bauchspeicheldrüse bis | |
zu zwölf Stunden, Nieren bis zu 24 Stunden. | |
Am häufigsten werden in Deutschland Nieren (2011: 2.055) und Lebern (2011: | |
1.116) verpflanzt. Der Transport geschieht häufig nachts, wenn die Straßen | |
leerer sind. Notfalls werden Hubschrauber oder Flugzeuge genutzt. In | |
Deutschland gibt es 48 Transplantationszentren und rund 1.400 | |
Krankenhäuser, die eine Intensivstation haben und Transplantationen | |
durchführen könnten. Auf eine Niere wartet ein Patient im Schnitt fünf | |
Jahre, auf ein Herz bis zu zwei Jahre. | |
Die Operationen sind teuer. So kostet nach Angaben des Spitzenverbandes der | |
gesetzlichen Krankenversicherung eine Lebertransplantation, bei der der | |
Patient über 179 Stunden beatmet werden muss, rund 103.000 Euro. Eine | |
Lungentransplantation mit Beatmung wird mit 106.000 Euro beziffert und eine | |
Herztransplantation mit 124.000 Euro. | |
Es werden nicht nur Toten Organe entnommen. Auch Lebendspenden sind | |
möglich, etwa bei Nieren, Dünndarm, Leber und Lunge. Praktisch werden in | |
Deutschland nur bei Nieren und Lebern Lebendspenden vorgenommen: 2011 | |
wurden 195 Nieren lebender Spender verpflanzt und 71 Lebern. Die Spender | |
müssen volljährig, einverstanden und gesundheitlich geeignet sein. Meist | |
spenden Verwandte, Ehepartner oder nahestehende Personen. | |
28 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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