# taz.de -- Kanzlerin besucht Spanien: Madrid zittert vor Merkel | |
> In Spanien wird der Besuch der Bundeskanzlerin erregt diskutiert. | |
> Regierungschef Rajoy erhofft sich Beistand, denn den Regionen geht das | |
> Geld aus. | |
Bild: Steht vor schweren Entscheidungen: Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy. | |
MADRID taz | Spaniens Medien kennen derzeit nur ein Thema: „Merkel kommt!“ | |
Die deutsche Bundeskanzlerin wird am Donnerstag zum Gipfel in Madrid | |
erwartet. Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy erhofft sich von der Visite | |
Klärung darüber, wie Europa seinem krisengeschüttelten Land beistehen wird. | |
Brüssel hat bereits zugesagt, 100 Milliarden Euro für die Sanierung der | |
angeschlagenen spanischen Banken und Sparkassen bereitzustellen. | |
Allerdings: Das wird nicht reichen. Es gilt als sicher, dass Rajoy in den | |
nächsten Wochen erneut im Hilfe bitten muss. Auch Spaniens Etat ist | |
hochdefizitär, die Wirtschaft lahmt. Die spanischen Konservativen wollen | |
ein hartes Rettungspaket mit einer Kreditlinie der EU und des | |
Internationalen Währungsfonds (IWF), wie es Portugal, Griechenland und | |
Irland akzeptieren mussten, dennoch vermeiden. | |
Stattdessen hoffen sie auf eine „weiche Rettung“, bei der die Europäische | |
Zentralbank (EZB) und die EU-Rettungsfonds direkt Staatsanleihen aufkaufen | |
und damit die Zinsen senken. „Irgendetwas läuft bei der Währungsunion | |
schief, wenn einige Länder negative Zinsen für ihre Staatsanleihen zahlen, | |
während sich andere zu untragbaren Preisen finanzieren müssen“, wirbt Rajoy | |
für diese Idee. Nach einer kleinen Verschnaufpause im August lag der | |
Risikozuschlag für Spaniens Staatsanleihen zuletzt wieder bedrohlich hoch. | |
Dies ist nicht einmal mittelfristig finanzierbar. Rajoy will für seine | |
„weiche Rettung“ zudem keine erneuten Zugeständnisse machen. Die | |
Belastungen sind ohnehin riesig: Insgesamt mussten die Spanier bisher | |
Sparpakete in Höhe von 65 Milliarden Euro für die kommenden beiden Jahre | |
über sich ergehen lassen. | |
## Erhöhung der Mehrwertsteuer | |
Zum 1. September wurde zudem die Mehrwertsteuer von 18 auf 21 Prozent | |
erhöht. Das belastet vor allem die Geringverdiener. „Sie werden keine | |
Regierung finden, die in den ersten acht Monaten so viele Veränderungen | |
vorgenommen hat wie meine“, warb Rajoy in einem Interview um Vertrauen. | |
Bundeskanzlerin Merkel steht vor einer schweren Entscheidung. EZB-Präsident | |
Mario Draghi ist zwar bereit, spanische und italienische Staatsanleihen zu | |
kaufen. Am Donnerstag will der EZB-Rat darüber abstimmen. Der Präsident der | |
Deutschen Bundesbank, Jens Weidmann, ist jedoch strikt dagegen. Und droht | |
sogar mit Rücktritt, falls Europa direkt Schulden aufkauft. Denn dies würde | |
für Deutschland als Hauptgarant der beiden europäischen Rettungsfonds | |
höhere Zinsen für die eigenen Staatsanleihen bedeuten. | |
Viel Zeit bleibt Rajoy nicht. Er steht vor ständig neuen Problemen. Den | |
autonomen Regionen – den deutschen Bundesländern vergleichbar – geht das | |
Geld aus. Valencia, Murcia, Katalonien und Aragón haben den von Madrid | |
eingerichteten nationalen Rettungsfonds um Hilfe gebeten. Dieser soll mit | |
18 Milliarden Euro ausgerüstet werden. Der Topf ist so gut wie | |
ausgeschöpft, obwohl weitere Regionen offenbar ebenfalls Hilfe beantragen | |
wollen. | |
Es geht ans Eingemachte. Denn die Regionen haben die Hoheit über das | |
Bildungs- und Gesundheitswesen. Im kommenden Jahr sollen erneut | |
Lehrerstellen gestrichen, weiter Personal in Krankenhäusern abgebaut und | |
öffentliche Betriebe geschlossen werden. Die Arbeitslosigkeit liegt | |
mittlerweile bei 25,1 Prozent. Die Gewerkschaften haben erneut Proteste | |
angekündigt, im Herbst steht ein Generalstreik an. | |
5 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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Katalonien | |
Spanien | |
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