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# taz.de -- Europa denkt über Reichensteuern nach: Wie Reiche bezahlen könnten
> Auch die Wohlhabenden sollen für die Krise bezahlen. Aber wie? In vielen
> EU-Ländern wird über passende Steuern nachgedacht.
Bild: Wer solche kleinen Klunker besitzt, hat sein großes Geld wahrscheinlich …
## IMMOBILIENSTEUERN
In Frankreich wird bisher nicht darüber diskutiert, die Immobiliensteuer zu
verändern und reiche Villenbesitzer stärker zu belasten. Grundsätzlich ist
das Problem, dass die herangezogenen Werte völlig veraltet sind.
In Italien wurde die Grundsteuer auf selbstbewohntes Eigentum 2008
abgeschafft – damit setzte Silvio Berlusconi eines seiner Wahlversprechen
um, die ihm zum Sieg verholfen hatten. Monti führte diese Steuer dann 2012
wieder ein. Die alten Sätze wurden dabei um 60 Prozent erhöht; zugleich
wurde auch die Grundsteuer auf Zweitwohnungen deutlich angehoben. Allein im
ersten Halbjahr konnte der Finanzminister 9,5 Milliarden Euro verbuchen.
Insgesamt wird mit 20 Milliarden im Jahr gerechnet. Dank dieser neuen
Steuer konnte Italien eine Auktion von Staatsanleihen absagen.
In Spanien wurde die Immobiliensteuer in vielen Gemeinden zu Jahresbeginn
um rund 10 Prozent angehoben. Dies bringt zusätzlich knapp eine Milliarde
Euro. Allerdings ist die katholische Kirche ausgenommen. Wenn auch sie
Steuern zahlen müsste, würde dies weitere 1,5 Milliarden Euro bringen.
In Griechenland ist die Besteuerung der Immobilien völlig unübersichtlich.
Der Verband der Immobilieneigentümer will errechnet haben, dass rund 40
verschiedene Steuern und Gebühren auf die Grundstücke entfallen. Allerdings
dürften davon nur die wenigsten gezahlt worden sein. Deswegen kam der Staat
auf die Idee, eine Pauschalsteuer zu erheben, die mit der Stromrechnung
abgeführt werden muss. Dies macht für jeden Haushalt mehrere hundert Euro
im Jahr aus.
## VERMÖGENSSTEUERN
In Frankreich soll die Besteuerung der hohen Vermögen 4,7 Milliarden Euro
bringen. Dies sind 2,3 Milliarden mehr als zu Zeiten von Sarkozy – durch
eine Sonderregel. Momentan fällt die Vermögensteuer ab 1,3 Millionen Euro
an. Die Linksregierung will diese Grenze künftig auf 790.000 Euro senken.
Auch die Schwelle für Erbschaften und Schenkungen wird künftig gesenkt –
von 159.000 auf 100.000 Euro. Außerdem müssen Banken und Erdölkonzerne eine
zusätzliche Abgabe zahlen, was 500 Millionen Euro bringen soll.
In Spanien wurde die Vermögensteuer 2007 abgeschafft – und für 2012 wieder
eingeführt. Sie gilt ab einer Grenze von 700.000 Euro. Weitere 300.000 sind
steuerfrei, wenn es sich um eine Eigentumswohnung handelt. Die Steuer
beträgt 0,2 bis 2,5 Prozent. Die Einnahmen: weniger als eine Milliarde
Euro.
Abgesehen von der Grundsteuer gibt es in Italien keine Vermögensteuer. Die
Regierung Monti griff zu einigen symbolischen Maßnahmen, um Luxusgüter zu
besteuern. So wird seit 2012 eine Abgabe auf Yachten über 10 Meter erhoben.
Sie beträgt jährlich mindestens 400 Euro, kann aber auch 25.000 Euro
betragen (bei über 64 Meter Länge). Eine Luxussteuer gibt es auch für
Autos. Hinzu kommen Abgaben auf Wertpapierdepots. Diese drei Maßnahmen
bringen etwa zwei Milliarden Euro jährlich.
In Griechenland ist es wie in Italien: Vor allem Immobilien werden
besteuert.
## EINKOMMENSSTEUER
## Je nach Land sind die Bekämpfung der Steuerflucht oder ein höherer
Spitzensteuersatz am wichtigsten
Frankreich setzt bei verschiedenen Einkommensarten an. Hohe Einkommen ab
einer Million Euro sollen mit einem Höchstsatz von 75 Prozent besteuert
werden. Dies soll 200 bis 300 Millionen Euro erbringen. Dieses Gesetz wird
aber noch nicht in diesem Jahr gelten. Darüber hinaus steigen die Abgaben
auf Aktienoptionen und Gratisaktien, mit denen vor allem Führungskräfte
entlohnt werden. Für das Unternehmen steigt der Steuersatz von 14 auf 30
Prozent, für den Empfänger von 8 auf 10 Prozent. Einnahmen sind unklar.
Italien hingegen setzt auf die Bekämpfung der Steuerflucht. Jedes Jahr
werden etwa 120 bis 150 Milliarden Euro hinterzogen. Vor allem die
Unternehmer geben viel zu niedrige Einkommen an. Durch die Abschaffung des
Bankgeheimnisses hofft die Regierung auf mindestens 11 Milliarden Euro pro
Jahr.
Auch in Griechenland ist die Steuerflucht das größte Problem. Dem Staat
sollen dadurch insgesamt 60 Milliarden Euro entgangen sein. Die Hälfte des
Geldes wird durch etwa 160.000 zeitaufwändige Gerichtsverfahren blockiert.
Eine Lösung ist bisher nicht in Sicht.
In Spanien liegen die Sätze bei der Einkommenssteuer zwischen 24 und 45
Prozent. Seit Jahresbeginn kommt für mindestens zwei Jahre ein
„Solidaritätszuschlag“ von 0,75 bis 7 Prozent hinzu. Dies soll 5,4
Milliarden pro Jahr bringen. Der Satz von 7 Prozent gilt für
Jahreseinkommen ab 300.000 Euro. Selbst mit diesen Zuschlägen ist Spanien
immer noch weit entfernt von früheren Zeiten: Bis 1999 galt ein Spitzensatz
von 56 Prozent.
## WAS DIE MASSEN ZAHLEN
## Am stärksten trifft es Arme und den Mittelstand - durch Kürzungen und
höhere Mehrwertsteuer
Die Reichen werden zwar zur Kasse gebeten, doch die Hauptlast tragen die
Arbeitnehmer.
In Italien stieg die Mehrwertsteuer von 20 auf 21 Prozent, was etwa 5
Milliarden Euro zusätzlich bringt. Im Oktober 2012 könnte sie auf 23
Prozent angehoben werden. Allerdings versucht die Regierung Monti, dies
durch Ausgabenkürzungen zu vermeiden. Insgesamt will die Regierung 200
Milliarden Euro durch Einsparungen und Steuererhöhungen in den Jahren 2012
bis 2014 erwirtschaften.
In Spanien stieg die Mehrwertsteuer von 18 auf 21 Prozent. Dies soll 7,5
Milliarden Euro bringen. Gleichzeitig gibt es riesige Kürzungspakete. In
diesem Jahr sollen 27 Milliarden Euro gespart werden, die Regionen sollen
weitere 18 Milliarden im Gesundheitswesen und bei den Bildungsausgaben
kürzen. Zusätzliche 65 Milliarden Euro sollen in den nächsten zwei Jahren
gespart werden. Alle sind betroffen: Beamte, Rentner, Arbeitslose, Eltern,
Kranke, Pflegefälle.
In Griechenland wurden die Löhne um durchschnittlich 20 Prozent gekürzt.
Die Mehrwertsteuer stieg auf 23 Prozent, selbst für Grundnahrungsmittel.
Davon erhoffte sich der Staat eine Milliarde Euro im Jahr. Doch diese
Erwartungen haben sich nicht erfüllt, stattdessen sanken die Erträge aus
der Mehrwertsteuer, weil die Wirtschaft einbrach.
Nur Frankreich konnte es sich bisher leisten, die normale Bevölkerung zu
verschonen. Vorerst wird die Mehrwertsteuer nicht erhöht. Dafür wurde eine
Steuererleichterung für Überstunden gestrichen, die Sarkozy eingeführt
hatte.
23 Jul 2012
## AUTOREN
R. Balmer
M. Braun
R. Wandler
J. Papadimitriou
## TAGS
Vermögenssteuer
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