# taz.de -- Reichensteuern in Europa: Reiche unter Druck | |
> Wer mehr Geld hat, soll auch mehr für die Krise bezahlen. In Deutschland | |
> könnte eine Vermögensabgabe rund 230 Milliarden Euro einbringen. | |
Bild: Schäuble und seine illustren Freunde wären vielleicht von der Reichenst… | |
BERLIN taz | Wer zahlt für die Krise? Diese Frage bewegt längst nicht nur | |
Occupy, sondern wird europaweit debattiert. Denn seit der Finanzkrise 2008 | |
sind überall die Staatsschulden rasant gestiegen, und auch die Eurokrise | |
wird Milliarden kosten. | |
Zudem macht sich in allen Ländern eine Unwucht bemerkbar: Vor allem die | |
Armen und die Mittelschichten wurden bisher durch höhere Steuern und | |
Haushaltskürzungen belastet – während sich die Reichen weitgehend entziehen | |
können. | |
Dies ist besonders ungerecht, weil gerade die Vermögenden von den | |
Rettungspaketen profitieren. Beispiel Spanien: Die Banken erhalten | |
Hilfskredite von bis zu 100 Milliarden Euro. Doch die Besitzer vorrangiger | |
Bankanleihen behalten ihr Geld, das in spanischen Pleite-Instituten steckt. | |
Letztlich haften somit die Steuerzahler dafür, dass die Finanzvermögen | |
intakt bleiben. | |
## Überall kursieren Ideen über Reichensteuern | |
Neuerdings geraten jedoch auch die Reichen unter Druck. Denn überall | |
kursieren Beispielrechnungen nach dem Muster: Wenn die Vermögenden einen | |
Teil ihres Wohlstandes abgeben würden, dann wären die Staatsschulden prompt | |
bezahlt oder weniger bedrohlich. | |
Beispiel Italien: Die Staatsschulden betragen rund 120 Prozent der | |
Wirtschaftsleistung. Doch das private Finanzvermögen liegt nach einer neuen | |
Studie der Deutschen Bank deutlich höher – bei etwa 160 Prozent. | |
Auch in Deutschland und Frankreich ist das private Finanzvermögen weit | |
größer als die Staatsschuld. In Spanien sind beide immerhin ausgeglichen. | |
Nur in Griechenland ist kaum privates Finanzvermögen vorhanden: Es beträgt | |
nur knapp 50 Prozent der Wirtschaftsleistung, während die | |
Staatsverschuldung bei etwa 160 Prozent liegt. | |
## Weltweit wachsen Schwarzgeldkonten | |
Allerdings wird viel Geld aus Griechenland in die Steueroasen verlagert. | |
Wie das Tax Justice Network in einer neuen Studie schätzt, ist das | |
weltweite Schwarzgeld inzwischen auf 21 bis 32 Billionen Dollar | |
angeschwollen. | |
In allen Ländern ist das Vermögen extrem konzentriert. In Deutschland | |
besitzen die reichsten 10 Prozent der Bevölkerung bereits 61 Prozent des | |
Volksvermögens, wie Haushaltsbefragungen des Sozio-Ökonomischen Panels | |
(SOEP) zeigen. In anderen europäischen Ländern ist die Ungleichheit noch | |
größer. | |
## Nur Vermögende müssten zahlen | |
Was würde es also bringen, die Reichen gezielt zu besteuern? Inzwischen | |
beschäftigt sich fast jedes europäische Krisenland mit dieser Frage. Auch | |
für Deutschland gibt es Modellrechnungen. | |
Eine Vermögensabgabe oder Zwangsanleihe von 10 Prozent würde nach dem | |
Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung 230 Milliarden Euro einbringen. | |
Die große Masse der Bevölkerung würde dabei verschont. Denn zahlen müsste | |
nur, wer pro Person mindestens 250.000 Euro an Vermögen hat – bei Eheleuten | |
500.000 Euro. So viel Vermögen besitzen nur 4,4 Millionen Bundesbürger – | |
das sind 8 Prozent der Bevölkerung. | |
23 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
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