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# taz.de -- Steuerhinterziehung in der Schweiz: Vertrag bedroht Ermittlungen
> Würde das Abkommen mit der Schweiz ratifiziert, blieben die Hinterzieher
> von der Steuer-CD straffrei. Trotzdem könnte die Opposition zustimmen.
Bild: Noch ist unklar, ob die Steuerhinterzieher bei der Schweizer Privatbank C…
BERLIN taz | Bei den deutschen Kunden des Schweizer Bankhauses Coutts
dürfte die Sorge derzeit groß sein: Über 1.000 von ihnen sollen auf einer
Daten-CD genannt sein, die die Finanzbehörden in Nordrhein-Westfalen
aufgekauft haben.
Ebenso groß dürfte die Vorfreude der Finanzminister sein, die sich wie
schon bei früheren Datenkäufen auf Millionen-Einnahmen aus
Steuernachzahlungen plus Strafen freuen. Doch sowohl die Sorge als auch die
Vorfreude könnte verfrüht sein.
Denn wenn das geplante Steuerabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz
ratifiziert würde, wäre die Situation grundlegend anders. „Wenn das
Abkommen in Kraft tritt, würde die reguläre Steuerschuld erlöschen, und die
Hinterziehung könnte nicht mehr bestraft werden“, sagt Thomas Eigenthaler,
Vorsitzender der Deutschen Steuergewerkschaft, auf taz-Anfrage.
„Das gilt für alle Betroffenen, gegen die erst nach Unterzeichnung des
Abkommens im September 2011 Ermittlungen aufgenommen wurden.“
Statt einer kompletten Versteuerung zum individuellen Steuersatz plus
Verzugsgebühr und Zinsen würde dann nur die deutlich niedrigere
Pauschalsteuer anfallen, die in den meisten Fällen bei 21 Prozent liegt.
„Die Betrüger würden viel zu gut wegkommen und nur halb so viel bezahlen
wie sonst“, sagt Eigenthaler. Das glaubt auch Sebastian Fiedler vom Bund
deutscher Kriminalbeamter: „Alle, gegen die erst nach Unterzeichnung des
Abkommens ermittelt wurde, können nicht mehr strafrechtlich belangt
werden.“
Das nordrhein-westfälische Finanzministerium wollte sich auf Anfrage nicht
dazu äußern, ob alle auf der CD genannten Fälle unter die Amnestie fallen
würden. Eine Sprecherin sagte lediglich allgemein, man prüfe alle
angebotenen Daten vor einem Erwerb „auf ihre Werthaltigkeit“.
## Streit über das Abkommen
Streit gibt es derweil um die Frage, ob das Abkommen für die Zukunft
verbieten würde, Datenträger mit Informationen über Steuerbetrüger
anzukaufen. Im Text des Abkommens heißt es, dass „sich die deutschen
Finanzbehörden nicht aktiv um den Erwerb (…) bemühen werden“. Bislang wur…
diese Formulierung als Verbot verstanden, nun drängt die SPD darauf, diese
Möglichkeit beizubehalten.
Finanzexperte Joachim Poß nannte die CD-Ankäufe das „wichtigste Instrument
gegen Steuerhinterzieher“ und forderte, daran festzuhalten. Auch das
Bundesfinanzministerium sieht den Datenkauf nun als „Abwägungsfrage“ – er
könne in manchen Fällen weiter zulässig sein. Allerdings wies der Sprecher
von Minister Wolfgang Schäuble (CDU) darauf hin, dass es dafür keinen
Anlass mehr gebe, wenn das Abkommen in Kraft sei.
Die Vereinbarung zwischen Deutschland und der Schweiz sieht vor, dass
Steuerhinterzieher ihr Schwarzgeld gegen eine einmalige Nachzahlung von 21
bis 41 Prozent Steuern auf das Vermögen und eine künftige Abgeltungsteuer
von 26 Prozent auf die Erträge legalisieren können.
## Vor Strafe geschützt
Dabei bleiben sie anonym und vor Strafverfolgung geschützt, zudem bleiben
viele Anlageformen außen vor. Die Schweiz will mit diesem Vertrag und
weiteren bilateralen Abkommen eine Ausweitung der EU-Zinsrichtlinie
verhindern, die die Anonymität beenden würde.
Die Bundesländer, in denen SPD, Grüne und Linke an der Regierung beteiligt
sind, haben angekündigt, das Abkommen in der vorliegenden Form im Bundesrat
zu stoppen.
Der rheinland-pfälzische Finanzminister Carsten Kühl (SPD) kann sich jedoch
vorstellen, dass man sich noch einigt, sofern die Steuersätze angehoben und
der anonyme Abzug des Geldes aus der Schweiz erschwert wird.
Auch das grün regierte Baden-Württemberg hält eine Zustimmung unter diesen
Bedingungen für möglich.
17 Jul 2012
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
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