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# taz.de -- Überziehungskredite sind zu teuer: Aigner schimpft über hohe Disp…
> Eine Studie wirft den Banken Abzocke bei den Dispozinsen vor.
> Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner lehnt gesetzliche Zinsobergrenzen
> ab – mit einem obskuren Argument.
Bild: Das wird teuer!
BERLIN taz | Bisher waren Banken um keine Ausrede verlegen, wenn es darum
ging, ihre hohen Zinssätze für Dispokredite zu rechtfertigen: Wegen der
kurzfristigen Nutzbarkeit seien sie besonders aufwendig zu verwalten, wegen
ihrer breiten Nutzung sei das Ausfallrisiko besonders hoch. Beide Argumente
haben Wissenschaftler jetzt widerlegt.
Eine Studie im Auftrag von Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU)
ergab, dass die Ausfallquote bei Dispokrediten mit 0,3 Prozent deutlich
geringer ist als etwa bei den wesentlich günstigeren Konsumentenkrediten.
Von denen werden 2,5 Prozent nicht mehr zurückbezahlt, schreiben die
Autoren vom [1][Hamburger Institut für Finanzdienstleistungen (iff)] und
dem [2][Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW)]. Weil die
Vergabe und Abrechnung meist automatisch erfolge, sei auch der
Bearbeitungsaufwand für die Banken nicht besonders hoch. Zumindest sei
nicht plausibel, dass er sich in den letzten Jahren gesteigert habe.
Nur so aber wären die hohen Dispozinsen zu begründen. Denn die Kosten, zu
denen sich die Banken selbst mit Geld versorgen, sind im Zuge der
Finanzkrise deutlich gesunken. Der sogenannte Drei-Monats-Euribor-Satz, der
oft als Referenzkurs genutzt wird, fiel seit 2007 von fünf auf 0,5 Prozent.
Die Dispozinsen sanken im gleichen Zeitraum im Schnitt nur leicht von zwölf
auf 10,5 Prozent. Es liege also nahe, so die Autoren der Studie, dass mit
Dispokrediten hohe Überschüsse erzielt werden, die „zur
Quersubventionierung anderer Leistungen oder zur Gewinnsteigerung verwendet
werden“.
Eine Untersuchung der Stiftung Warentest hatte im vergangenen Jahr ergeben,
dass Banken und Sparkassen für ihre Dispokredite zwischen sechs und 15
Prozent Zinsen nehmen. Besonders häufig genutzt wird diese Kreditform von
Menschen mit geringem Einkommen. Grüne und Linke hatten darum schon im
Dezember im Bundestag eine gesetzliche Obergrenze gefordert. Die
Linksfraktion hatte konkret einen Aufschlag von maximal fünf Prozentpunkte
auf den EZB-Referenzkurs für Dispokredite und von acht Prozentpunkten für
Überziehungskredite vorgeschlagen.
## Auch die Sozialdemokraten sind dabei
Diese Forderungen bekräftigten beide Parteien nach Veröffentlichung der
neuen Studie. Auch die SPD, die auf die Anträge von Grünen und Linken im
letzten Jahr noch mit Enthaltung bzw. Ablehnung reagiert hatte, sprach sich
am Donnerstag für eine gesetzliche Zinsgrenze aus.
Davon will Ministerin Aigner jedoch nichts wissen. „Eine gesetzliche
Obergrenze hätte das Risiko, dass es unterm Strich für alle Kunden teurer
wird, weil auch bisher günstige Banken die Obergrenze voll ausschöpfen
würden“, erklärte sie am Donnerstag. Zudem bestehe die Gefahr, dass sich
„teure Banken das entgangene Geld über Gebührenerhöhungen wieder
hereinholen“.
Auch die Autoren der Studie sehen eine starre gesetzliche Obergrenze, wie
es sie etwa in den Niederlanden und der Schweiz gibt, skeptisch. Für
bedenkenswert halten sie aber, die sogenannte Wuchergrenze, ab der
Zinssätze als sittenwidrig gelten, abzusenken und an Durchschnittswerte zu
koppeln. Dies hätte eine ähnliche Wirkung wie Zinsobergrenzen.
Aigner jedoch setzt vor allem auf die in der Studie ebenfalls aufgeführten
verstärkte Transparenz. Kunden müssten in der Werbung und auf ihren
Kontoauszügen leicht sehen können, wie hoch die Zinsen sind, forderte sie.
„Es kann nicht sein, dass man eine Stunde lang auf der Internetseite einer
Bank suchen muss, bis man die Höhe des Dispozinses findet“, sagte die
Ministerin. Die Studie nennt mögliche gesetzliche Regelungen zur Steigerung
der Transparenz. Aigner jedoch will auch dabei zunächst auf Freiwilligkeit
der Banken setzen.
20 Jul 2012
## LINKS
[1] http://www.iff-hamburg.de/
[2] http://www.zew.de/
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
## TAGS
Banken
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