# taz.de -- Europäische Finanzkrise: Brüssel ist sauer auf Rösler | |
> Spekulationen über den Austritt Griechenlands aus der Eurozone helfen | |
> niemandem, meinen EU-Funktionäre. Die von einem Minister verbreiteten | |
> Gerüchte werden zurückgewiesen. | |
Bild: Heizt nach Ansicht von Brüssel die Spekulationen über einen Euro-Austri… | |
BRÜSSEL taz | In der EU-Kommission ist man wieder einmal sauer auf | |
Deutschland. „Wir kommentieren keine Gerüchte“, bügelte der Sprecher von | |
Währungskommissar Olli Rehn am Montag in Brüssel die Berichte aus Berlin | |
ab, wonach Griechenland kurz vor der Pleite stehe. | |
„Griechenland muss und wird in der Eurozone bleiben“, fügte der EU-Sprecher | |
hinzu – ein deutlicher Seitenhieb auf Wirtschaftsminister Philipp Rösler | |
(FDP), der einen Austritt aus der Währungsunion als wahrscheinlich | |
bezeichnet hatte. | |
Was ist nur in die Deutschen gefahren, fragt man sich immer öfter in der | |
Brüsseler Behörde. Die Unruhe, die Rösler und die deutschen Medien mit | |
ihren „Exklusivberichten“ auslösen, kommt aus EU-Sicht zur Unzeit. | |
Gerade erst haben die Euroretter bis zu 100 Milliarden Euro für die maroden | |
Banken in Spanien freigegeben. Doch Bürger und Anleger reagierten verstört, | |
Spanien muss nach der Hilfe mehr Zinsen für frische Kredite zahlen als | |
vorher. | |
Am Montag stiegen die sogenannten Risikoaufschläge auf 7,466 Prozent – ein | |
Rekord. Wenn das so weitergeht, muss die spanische Regierung wohl bald | |
weitere Hilfe beantragen. | |
Über Griechenland hieß es am Wochenende, der Internationale Währungsfonds | |
(IWF) und Deutschland seien nicht mehr bereit, dem überschuldeten Land aus | |
der Patsche zu helfen. | |
Am Montag klang das schon wieder ganz anders: „Wir vertrauen darauf, dass | |
der IWF die nächste Hilfstranche zahlt“, betonte der EU-Sprecher. Von einem | |
Zahlungsstopp sei in Brüssel nichts bekannt. | |
Auch die Bundesregierung versicherte, es sei noch nichts entschieden. Man | |
wolle erst den Bericht der internationalen Troika abwarten, heißt es nun | |
gleichlautend in Brüssel und Berlin. | |
Die Experten der Europäischen Zentralbank, der EU und des IWF reisen diese | |
Woche nach Athen; mit Ergebnissen wird derzeit nicht vor dem September | |
gerechnet. Was passiert, wenn Athen vorher das Geld ausgeht? Kommenden | |
Monat muss Athen 3,5 Milliarden Euro Schulden bedienen. | |
## Athen braucht Geld | |
Darüber werde derzeit diskutiert, sagte der EU-Sprecher. Auf jeden Fall | |
gelte das Wort von Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker, dass man für August | |
eine Lösung finden werde. | |
Im Herbst braucht Athen jedoch schon die nächste Tranche von rund 31 | |
Milliarden Euro aus dem zweiten Hilfsprogramm. Wenn die Troika zum Ergebnis | |
kommt, dass Griechenland die Spar- und Reformvorgaben nicht einhält, drohen | |
Zahlungsstopp und Pleite. | |
Die Bundesregierung hat klargemacht, dass sie die Fristen nicht verlängern | |
will. Denn das würde 50 Milliarden Euro zusätzlich kosten, und dafür gibt | |
es auch in Finnland und den Niederlanden keine Mehrheit. | |
## Nerven liegen blank | |
Wegen der Krise in Spanien sind die Nerven schon jetzt zum Zerreißen | |
gespannt, auch Italien droht in den Strudel zu geraten. Außerdem fehlt noch | |
immer das grüne Licht für den neuen dauerhaften Eurorettungsschirm ESM. | |
Erst wenn das Bundesverfassungsgericht den ESM durchwinkt, ist die | |
Währungsunion wieder einigermaßen wetterfest. | |
Allerdings: Wenn auch noch Spanien oder Italien ins Schlingern geraten, | |
könnte Griechenland zur Nebensache werden. Denn für die Stützung der dritt- | |
und viertgrößten Volkswirtschaften der Währungsunion ist nicht genug Geld | |
da. | |
Dieses Katastrophenszenario wollen die EU-Politiker in Brüssel um jeden | |
Preis verhindern. Auch deshalb sind sie so sauer auf das Berliner | |
Sommertheater. | |
23 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
## TAGS | |
Rezession | |
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