| # taz.de -- Kritik an deutscher Krisenpolitik: Koalition wettert gegen Juncker | |
| > Der Eurogruppen-Chef kritisiert die deutsche Krisenpolitik, SPD-Chef | |
| > Gabriel zeigt Verständnis. CDU und FDP sehen das ganz anders. Auch bei | |
| > den Staatsanleihen gibt es keinen Konsenz. | |
| Bild: Volker Kauder, Unionsfraktions-Chef im Bundestag, hat keine gute Laune. | |
| BERLIN dapd/dpa | Die scharfe [1][Kritik von Eurogruppen-Chef Jean-Claude | |
| Juncker] an der Krisenpolitik Berlins stößt im Regierungslager auf | |
| Unverständnis. So verwahrte sich Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) in | |
| der Bild-Zeitung (Dienstag) gegen die Vorwürfe Junckers. | |
| „Jean-Claude Juncker ist ein guter Freund Deutschlands. Umso | |
| unverständlicher ist aber nun seine Kritik an der deutschen Politik“, sagte | |
| Kauder und ergänzte: „Er sollte besser die griechische Regierung zur | |
| Einhaltung ihrer Verpflichtungen auffordern. Deutschland stützt den Euro in | |
| einem Maß wie kein anderes Land in Europa.“ | |
| Juncker hatte zuvor in einem Interview gesagt, Deutschland behandele die | |
| Euro-Zone wie eine Filiale. Im Fall Griechenlands sei „alles Geschwätz“ | |
| über einen Austritt nicht hilfreich. FDP-Chef Philipp Rösler hatte zuvor | |
| erklärt, für ihn habe ein Austritt Athens aus dem Euro „längst seinen | |
| Schrecken verloren“. | |
| FDP-Generalsekretär Patrick Döring griff Juncker für diese Aussage scharf | |
| an. „Wer so scharf Deutschland attackiert, wird der Solidarität nicht | |
| gerecht, die Deutschland leistet und die von ihm erwartet wird“, sagte | |
| Döring der Passauer Neuen Presse. Es sei bedauerlich, dass der | |
| Eurogruppen-Chef aktuell klare Worte der Kritik finde, „aber keine klaren | |
| Worte zur Lage“. Ein besonnener Umgang mit der Realität und mit denen, die | |
| er zur Stabilisierung der Währung brauche, sei wünschenswert. | |
| Vor dem Hintergrund der Euro-Schuldenkrise empfängt der französische | |
| Präsident François Hollande am Dienstag in Paris den italienischen | |
| Regierungschef Mario Monti. Derzeit wird in Europa vor allem über den | |
| Aufkauf von Staatsanleihen taumelnder Euro-Schwergewichte wie Spanien und | |
| Italien diskutiert. Die Südländer müssen seit Monaten für frisches Geld an | |
| den Märkten vergleichsweise hohe Zinsen zahlen, was ihre Reformbemühungen | |
| zusätzlich belastet. | |
| ## Vergemeinschaftung von Schulden | |
| Eine mögliche Wiederaufnahme der Staatsanleihekäufe durch die Europäische | |
| Zentralbank sieht der Chefhaushälter der Unionsfraktion, Norbert Barthle, | |
| skeptisch. Es sei „nicht Kernaufgabe der EZB, Staaten zu stützen“, sagte | |
| Barthle der Rheinischen Post. Er beobachte mit Sorge, „dass sich | |
| Jean-Claude Juncker auf die Seite von EZB-Chef Mario Draghi schlägt und | |
| offenbar neue Anleihekäufe der EZB unterstützt“. CDU-Politiker Wolfgang | |
| Bosbach sagte der Zeitung: „Anleihekäufe der EZB bedeuten eine weitere | |
| Vergemeinschaftung von Schulden, ohne dass diese an Bedingungen geknüpft | |
| werden könnte.“ | |
| Auch Unionsfraktionsvize Michael Fuchs (CDU) wies die Vorwürfe von Juncker | |
| zurück, in Deutschland werde die Euro-Krise für innenpolitische Zwecke | |
| missbraucht. „Herr Juncker sollte sich bewusst machen, wer Zahlmeister | |
| Europas ist. Die Deutschen übernehmen mit knapp 30 Prozent die Hauptlast | |
| der Krise - Tendenz steigend“, sagte Fuchs der Passauer Neuen Presse. | |
| Einen Seitenhieb auf den Anteil Luxemburgs an der Euro-Rettung konnte sich | |
| Fuchs nicht verkneifen. „Herr Juncker und die Luxemburger haben es doch | |
| relativ leicht. Ihr finanzieller Beitrag zur Bewältigung ist lächerlich | |
| gering. Das kann sich ein reiches Land wie Luxemburg locker leisten.“ | |
| SPD-Chef Gabriel reagierte auf die jüngsten Äußerungen von Juncker zur | |
| Finanzkrise und seiner Warnung vor einem Zerfall der Euro-Zone mit | |
| Verständnis. Gabriel sagte auf NDR Info: „Wenn der Präsident der | |
| Europäischen Zentralbank, Herr Juncker, aber auch die Kanzlerin und der | |
| französische Präsident in einer Woche erklären, dass sie alles dafür tun | |
| werden, aber auch tun müssen, um den Euro zusammenzuhalten, dann zeigt das, | |
| wie bedrohlich die Lage ist.“ | |
| ## „Innenpolitischer Wahlkampf in Deutschland“ | |
| Gabriel gab Junker außerdem Recht an dessen Kritik an deutschen Politikern, | |
| die einen Austritt Griechenlands aus der Währungsunion gefordert hatten. | |
| „Junker sagt zurecht, hört auf euren innenpolitischen Wahlkampf zu machen | |
| in Deutschland, das Thema ist viel zu wichtig für die Menschen, als das man | |
| so unverantwortlich damit umgeht“, so der SPD-Chef. | |
| Im Kampf gegen die Schuldenkrise gibt es unter den Euro-Staaten offenbar | |
| Bestrebungen, den künftigen Schutzschirm ESM mit unbegrenzten Mitteln | |
| auszustatten. Dazu soll es dem ESM erlaubt werden, ohne Limit Kredite bei | |
| der Europäischen Zentralbank (EZB) aufzunehmen, wie die Süddeutsche Zeitung | |
| berichtet. | |
| Nach dem Modell soll der ESM demnach Länder wie Spanien und Italien in | |
| Zukunft unterstützen, indem er in großem Stil Anleihen dieser Staaten | |
| kauft. Um zu verhindern, dass ihm trotz seines Ausleihvolumens von bis zu | |
| 700 Milliarden Euro irgendwann die Mittel ausgehen, dürfe der ESM die | |
| gekauften Anleihen bei der EZB als Sicherheiten hinterlegen. Im Gegenzug | |
| erhielte er frisches Geld, das er erneut zur Unterstützung wankender | |
| Euro-Staaten einsetzen könnte. | |
| Zu den Befürwortern dieser Maßnahme zählen dem Bericht zufolge Staaten wie | |
| Frankreich und Italien sowie führende Mitglieder des EZB-Rates. Die | |
| Bundesregierung und die Bundesbank lehnen die Idee demnach hingegen bislang | |
| ab. | |
| 31 Jul 2012 | |
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