| # taz.de -- EZB-Entscheidung zur Krise: Bank der unbegrenzten Möglichkeiten | |
| > EZB-Chef Draghi setzt seinen Kurs durch, mit Bedingungen aber ohne Limit | |
| > einzugreifen. Damit besteht reale Aussicht, die Krise in den Griff zu | |
| > bekommen. | |
| Bild: Will die Inflationsgefahr eindämmen: EZB-Präsident Mario Draghi. | |
| BERLIN taz | Die Erwartungen waren groß - und sie wurden voll erfüllt. Die | |
| Europäische Zentralbank (EZB) hat im Kampf gegen die Eurokrise ihre | |
| schärfste Waffe ausgepackt und angekündigt, bei Bedarf ohne Grenze | |
| Staatsanleihen aufzukaufen. So sollen die Spekulation gegen einzelne Länder | |
| beendet und die Zinsen in der Eurozone auf ein verträgliches Niveau | |
| gedrückt werden. | |
| Mit einem „effektiven Schutzschild" mache man unmissverständlich klar, dass | |
| der Euro "unumkehrbar" sei, sagte EZB-Präsident Mario Draghi am Donnerstag | |
| nach der mit Spannung erwarteten Sitzung des EZB-Rates in Frankfurt. | |
| Vieles spricht dafür, dass der Plan diesmal aufgeht. Schon die erwartete | |
| Ankündigung der EZB führte dazu, dass die Zinsen in Spanien deutlich sanken | |
| (siehe unten). Denn anders als die bisherigen Instrumente, der vorläufige | |
| Rettungsschirm EFSF und sein dauerhafter Nachfolger ESM, verfügt die | |
| Zentralbank über unbegrenzte finanzielle Mittel - und sie kann agieren, | |
| ohne dass zuvor die Parlamente in allen 17 Euro-Mitgliedstaaten zustimmen | |
| müssen. | |
| Wenn diese Institution ankündigt, im Zweifel alle Staatsanleihen | |
| aufzukaufen, dürfte das die Unsicherheit an den Finanzmärkten beenden - und | |
| damit auch die überhöhten Zinsen, unter denen viele Eurostaaten derzeit | |
| ächzen. Die unter anderem aus Deutschland geäußerte Sorge, dass die | |
| Bemühungen der betroffenen Eurostaaten um solide Haushaltspolitik und | |
| Reformen nachlassen könnten, wenn sie nicht mehr von den Marktzinsen unter | |
| Druck gesetzt werden, tritt die EZB entgegen, indem sie das Programm an | |
| strenge Bedingungen knüpft: Länder, in denen die Zentralbank aktiv wird, | |
| müssen zuvor beim EFSF oder ESM einen Hilfsantrag stellen und sich im | |
| Gegenzug einem Reform- und Anpassungsprogramm unterwerfen. | |
| Bei Bedarf sollen EFSF und ESM zudem am Primärmarkt Staatsanleihen | |
| aufkaufen, also unmittelbar bei der Ausgabe, was die Zentralbank nicht | |
| darf, weil ihr direkte Staatsfinanzierung verboten ist. | |
| ## Schluss mit Geheimnissen | |
| Anders als bisher will die EZB künftig nicht im Geheimen agieren, sondern | |
| alle Transaktionen veröffentlichen; daher rührt auch der Name des Programms | |
| - „Outright Monetary Transactions" (etwa: „unverblümte | |
| Finanztransaktionen"). Zusätzlich gestärkt werden soll das Vertrauen der | |
| Investoren dadurch, dass die EZB im Fall von Zahlungsausfällen bei | |
| Staatsanleihen künftig nicht mehr bevorzugt behandelt wird, sondern | |
| Verluste im gleichen Umfang hinnehmen müsste wie private Gläubiger. | |
| Vordergründig steigt damit das Risiko für die Zentralbank - und damit für | |
| die europäischen Steuerzahler, die Verluste tragen müssten. Doch wenn | |
| dadurch wie erwartet die Zinsen sinken, sinkt auch die Gefahr von | |
| Staatspleiten und damit das Ausfallrisiko. | |
| Kritiker wie der deutsche Bundesbank-Chef Jens Weidmann fürchten, dass | |
| durch den Aufkauf der Staatsanleihen die Inflation steigen könnte, weil | |
| damit die Geldmenge zunehme. Dies wies Draghi zurück. Das Geld, das die EZB | |
| für die Staatsanleihenkäufe aufwende, werde dem Finanzkreislauf an anderer | |
| Stelle wieder entzogen, etwa durch geringere Kredite für Banken. | |
| Innerhalb des EZB-Rats war Weidmann mit seiner Kritik denn auch isoliert: | |
| Er stimmte als Einziger gegen den Plan. Unterstützung bekam er von FDP-Chef | |
| Philipp Rösler, der betonte, die Anleihekäufe könnten "niemals eine | |
| dauerhafte Lösung" sein. | |
| 6 Sep 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Malte Kreutzfeldt | |
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