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# taz.de -- Kritik an EZB-Anleihenkauf: „Wir brauchen ein Veto-Recht“
> Die EZB-Entscheidung für den Anleihenkauf trifft in der Bundesregierung
> auf Widerstand. Auch die BürgerInnen scheinen nicht begeistert.
Bild: „Die EZB wird jetzt zur 'Bad Bank' aller Schrottpapiere in Europa“, s…
AUGSBURG/BERLIN/KÖLN afp/dapd/reuters | Nach dem Beschluss der Europäischen
Zentralbank (EZB) zum unbegrenzten Staatsanleihen-Kauf aus
Euro-Krisenländern haben Kritiker der Euro-Rettungspolitik rechtliche
Schritte gefordert. „Diese Beschlüsse widersprechen dem in den Verträgen
von Maastricht und Lissabon ausdrücklich festgelegten Verbot der
Staatsfinanzierung“, sagte der CSU-Politiker Peter Gauweiler der Augsburger
Allgemeinen vom Freitag.
Die Bundesregierung müsse dagegen vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH)
vorgehen. Der CDU-Haushaltsexperte und Kritiker des Eurokurses der
Bundesregierung, Klaus-Peter Willsch, setzt sich für ein deutsches
Vetorecht in der Europäischen Zentralbank (EZB) ein.
Willsch sagte am Freitag im Deutschlandfunk: „Wir brauchen als größter
Gläubiger im Spiel ein Vetorecht.“ Der CDU-Politiker forderte angesichts
der beschlossenen unbegrenzten Ankäufe von Staatsanleihen durch die EZB
eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof.
Es müsse rechtlich überprüft werden, „ob die EZB ihr Mandat nicht
überschreitet“. Es könne nicht sein, dass Deutschland immer für das
„haftet, was alles schief gehen kann“. Er fügte hinzu: „Wir können uns …
nicht bieten lassen.“ Willsch gilt als einer der schärfsten Kritiker
innerhalb der Unions-Bundestagsfraktion am Eurokurs der Bundesregierung.
Unter anderem votierte er im Parlament gegen die Einrichtung des
Rettungsschirms ESM.
## Merkel soll Eurokrisenpolitik ändern
Der CDU-Politiker rief Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, ihre
Eurokrisenpolitik zu ändern. Die Entscheidung zum Anleihenaufkauf unter
Verweis auf die Unabhängigkeit der Zentralbank zu akzeptieren, sei
„wohlfeil“. Die Unabhängigkeit der EZB könne es nur geben, wenn sich diese
„an ihr Mandat hält“.
Der FDP-Abgeordnete Frank Schäffler sagte am Freitag im Deutschlandradio
Kultur, es sei europäisches Recht gebrochen worden, indem die Notenbank zur
Staatsfinanzierung missbraucht werde. Dagegen müsse Deutschland vorgehen.
„Die EZB wird jetzt zur 'Bad Bank' aller Schrottpapiere in Europa“,
kritisierte Schäffler.
„Das, was da gestern passiert ist, hat historische Dimension. Das hat es in
dieser Form noch nicht gegeben.“ Durch den Schritt der EZB würden
Investoren und Banken aus der Haftung entlassen. „Die versuchen jetzt, ihre
Papiere loszuwerden zu Lasten des Steuerzahlers.“ Die EZB hatte gestern
trotz heftiger Kritik aus Deutschland beschlossen, unter überhöhten Zinsen
am Markt leidende Euro-Krisenländer durch den unbegrenzten Aufkauf von
Staatsanleihen zu stützen.
Die Notenbank will unter strengen Auflagen Schuldpapiere mit einer Laufzeit
zwischen einem und drei Jahren erwerben. Hilfsbedürftige Staaten sollen
sich dazu vollständig oder teilweise unter die Kontrolle der beiden
Euro-Stabilisierungsfonds EFSF und ESM stellen, die begleitend
Staatsanleihen aufkaufen sollen.
## Deutsche sehen EZB-Entscheidung kritisch
Auch die Bürger in Deutschland sehen die Entscheidung einer Umfrage zufolge
kritisch. Die Hälfte der Befragten findet eine Wiederaufnahme des Aufkaufs
falsch, wie aus dem am Donnerstagabend veröffentlichten
ARD-Deutschlandtrend im Auftrag der „Tagesthemen“ hervorgeht. Nur 13
Prozent fanden dies demnach richtig, 36 Prozent trauten sich kein Urteil
zu. Für die repräsentative Erhebung befragte Infratest dimap zu
Wochenbeginn 1003 Wahlberechtigte.
Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Michael Sommer,
sagte hingegen am Freitag im Deutschlandfunk, der Anleihenkauf sei
lediglich eine „Notmaßnahme“. Erforderlich seien aber „klare Schnitte“…
klarste Schnitt wäre aus seiner Sicht, die Staatsfinanzierung in der Krise
unter harten Auflagen direkt über den ESM-Rettungsschirm laufen zu lassen.
Sommer erläuterte, damit werde den Spekulationen gegen einzelne Staaten der
Boden entzogen.
## Klare Rahmenbedingungen
EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen hat das Anleihe-Kaufprogramm der
Europäischen Zentralbank im Kampf gegen die Schuldenkrise verteidigt.
Wichtig sei, dass Rahmenbedingungen für mögliche Anleihekäufe klar
definiert worden seien, sagte Asmussen am Freitag im Info-Radio des rbb.
„Sie werden nur stattfinden können, wenn der betroffene Staat sich harten
Reformauflagen unterwirft. Das ist eine zwingende, eine notwendige
Voraussetzung für unser Handeln.“ Das sei das entscheidende Merkmal des
EZB-Anleihe-Programms. Es dürfe nicht dazu führen, der der Reformdruck auf
die betroffenen Staaten nachlasse.
Der EZB-Beschluss entwerte nicht die politischen Entscheidungen, sagte
Asmussen. Notenbanken-Handeln könne nicht ansatzweise das Handeln von
Regierungen ersetzen. Alle müssten ihren Teil dazu beitragen, dass der Euro
unumkehrbar sei. „Wir werden unseren Teil tun, im Rahmen unseres Mandats.“
Die Regierungen müssten ihren Teil tun in der Fiskalpolitik und mit
Strukturreformen. Die Gefahr höherer Inflation sehe er nicht. Die EZB werde
im Gegenzug auch Liquidität abschöpfen. Die Inflation werde im nächsten
Jahr unter zwei Prozent liegen.
7 Sep 2012
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Bundesverfassungsgericht
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