# taz.de -- Diskussion um EZB-Anleihenkäufe: Bazooka mit Ladehemmung | |
> EZB-Chef Mario Draghi will den Startschuss für Anleiheaufkäufe geben. | |
> Doch das letzte Wort hat die Bundeskanzlerin. | |
Bild: Wie machen wir's den jetzt mit den Staatsanleihen? EZB-Chef Mario Draghi … | |
BRÜSSEL taz | Alle Augen richten sich heute auf Mario Draghi. Der Chef der | |
Europäischen Zentralbank (EZB) will am Donnerstag ein neues Programm zum | |
Kauf von Staatsanleihen verkünden, um Krisenländer wie Spanien und Italien | |
zu stützen. Der Konflikt mit Deutschland ist vorprogrammiert: | |
Bundesbankchef Jens Weidmann ist strikt dagegen, weil er fürchtet, dass die | |
EZB verbotenerweise Staatsfinanzierung durch die Hintertür betreibt. Doch | |
der viel beschworene Showdown bleibt wohl aus. | |
Draghi hat die umstrittenste Entscheidung seit Gründung der EZB 1998 | |
nämlich gründlich vorbereitet. Ihm ist nicht nur die Mehrheit im EZB-Rat | |
sicher – Weidmann ist fast völlig isoliert. Der Währungshüter hat sich auch | |
gute Argumente zurechtgelegt. | |
„Wenn an den Kapitalmärkten Angst und Irrationalität vorherrscht“ und die | |
gemeinsame Geldpolitik nicht mehr wie geplant wirke, müsse die EZB zu | |
„außergewöhnlichen Maßnahmen“ greifen, schrieb der Italiener in einem | |
Gastbeitrag für die Zeit. | |
Draghis Plan sieht vor, dass die Zentralbank Staatsanleihen auf dem | |
Sekundärmarkt – also von Banken und anderen Anlegern, nicht aber direkt von | |
den Krisenländern – aufkauft, um die Kurse zu stützen und so die Zinsen zu | |
senken. | |
## Frische Kredite für Spanien | |
Das würde vor allem Spanien helfen, das wegen steigender Zinsen derzeit | |
kaum noch in der Lage ist, frische Kredite aufzunehmen. Es käme aber auch | |
der gesamten Eurozone zugute. Denn: eine Pleite Spaniens würde die | |
Gemeinschaftswährung kaum überleben. | |
Noch ist nicht klar, ob die EZB das umstrittene Anleihenprogramm sofort | |
startet – oder nur bekannt gibt, dass man bei Bedarf startklar wäre. In | |
Brüssel geht man davon aus, dass Draghi noch nicht den finalen Startschuss | |
gibt. Denn beim letzten EU-Gipfel Ende Juni war beschlossen worden, dass | |
zuerst ein offizieller Hilfsantrag vorliegen muss, bevor der | |
Euro-Rettungsschirm EFSF oder die EZB eingreifen kann. | |
Spaniens Wirtschaftsminister Luis de Guindos zögerte bislang, da er | |
zunächst die Konditionen der EZB kennen möchte. Außerdem will er sich mit | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel abstimmen, die ebenfalls am Donnerstag in | |
Madrid erwartet wird. Selbst wenn Spanien um Hilfe ruft, wird die EZB nicht | |
sofort tätig werden. | |
Denn der Antrag muss dann noch von der Eurogruppe genehmigt werden, die in | |
zwei Wochen auf Zypern tagt. Ein formeller Beschluss wird frühestens beim | |
nächsten EU-Gipfel Mitte Oktober erwartet. | |
## Den Euro verteidigen | |
Es könnte auch passieren, dass Merkel die Sache auf die lange Bank schiebt | |
– wie so oft in der Eurokrise hat auch hier Deutschland das letzte Wort. | |
Solange die Bundesregierung das Anleihenprogramm nicht abnickt, kann die | |
EZB ihre „Bazooka“ nicht einsetzen. Weidmann hat also noch nicht verloren �… | |
und Draghi hat noch nicht gewonnen. | |
Eines hat der Italiener allerdings schon erreicht: Die Finanzmärkte haben | |
sich im August beruhigt, die Zinsen für Spanien sind leicht gesunken. | |
Offenbar reichte schon die Ankündigung des EZB-Chefs, alles zu tun, um den | |
Euro zu verteidigen, um Anleger zu beruhigen und Spekulanten zu | |
verschrecken. Dennoch hat sich die Lage in Spanien weiter zugespitzt. | |
Allein im Juli flossen Einlagen im Wert von 75 Milliarden Euro aus dem Land | |
ab – wie lange Madrid diese Kapitalflucht durchhält, ist fraglich. | |
5 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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