# taz.de -- EU-Militärhilfe für die Sahelzone: Europas Operation Wüstensand | |
> In Mali will die EU mit Militärausbildern helfen, Islamisten zu besiegen. | |
> In Niger sind sie bereits vor Ort. Ein Besuch bei „EUCAP Sahel“. | |
Bild: Oben bleiben: 2006 bildeten US-Soldaten schon einmal Malis Armee aus - un… | |
NIAMEY taz | Während in Deutschland über die Beteiligung an einem | |
EU-Einsatz in Mali diskutiert wird, ist die EU längst vor Ort. Seit August | |
sind 50 europäische Sicherheitsexperten in Niamey stationiert, der | |
Hauptstadt des Nachbarlandes Niger. Aufgabe der Mission EUCAP-Sahel ist es, | |
lokale Sicherheitskräfte im Kampf gegen Terrorismus und Kriminalität zu | |
schulen. Also Polizisten, Zöllner und Militärs, wie Oberst Francisco | |
Espinoza Navas erklärt, Leiter von EUCAP Sahel und ehemals beim | |
Geheimdienst der spanischen Guardia Civil. | |
Niger hat mit Mali eine gemeinsame Grenze, und das Nomadenvolk der Tuareg | |
lebt in beiden Ländern. Eine Rebellion der Tuareg in Mali hatte Anfang 2011 | |
die politische Krise ausgelöst, die nun den ganzen Sahelraum bedroht. | |
Nigers Premierminister Brigi Rafini begrüßt das Engagement der EU. „Wir | |
haben selbst um diese Unterstützung gebeten“, sagt er der taz. Ziel seiner | |
Regierung sei es, „unsere Sicherheitskräfte im Kampf gegen den Terror und | |
gewaltsame Konflikte zu schulen“. Es gehe „auf keinen Fall darum, dass hier | |
Militärbasen oder Posten europäischer Polizisten errichtet werden“. | |
EUCAP Sahel könnte auf Mali ausgeweitet werden. Denn „das Mandat umfasst | |
die gesamte Region“, sagt Oberst Espinoza, „auch Mali und Mauretanien. Wir | |
haben zudem Kontakt mit Algerien aufgenommen, weil es in der Region eine | |
wichtige Rolle spielt.“ Allerdings können die EU-Experten in Niger nicht | |
selbstständig die Ausbildung von Sicherheitskräften auch in Mali beginnen. | |
„Das muss die Europäische Union entscheiden.“ | |
## Ausbildung ohne Waffen | |
Wie Oberst Espinoza betont, handelt es sich bei EUCAP Sahel um eine rein | |
zivile Mission. Die Experten sind also ohne Waffen gekommen. Aber die | |
Schulung von Militärs gehöre dennoch zum Programm. „Wir wollen die | |
Ausbilder ausbilden.“ Erst aber müssten sie sich einen Überblick über den | |
Bedarf verschaffen. | |
Der Ruf der nigrischen Armee ist deutlich besser als jener der Truppe im | |
Nachbarland Mali. Über den geradezu verheerenden Zustand der malischen | |
Armee wird immer wieder berichtet: Sie sei schlecht ausgebildet und | |
ausgerüstet, dazu notorisch korrupt. Malis Armee hat die Krise ihres Landes | |
mitverschuldet, als sie im März 2011 angesichts der ständigen Niederlagen | |
gegen die Tuareg-Rebellen die gewählte Regierung stürzte und damit zuließ, | |
dass Tuareg-Aufständische und Islamisten den Norden des Landes unter ihre | |
Kontrolle bringen konnten. | |
Nigers Armee dagegen erwarb sich eher Anerkennung, als sie im Frühjahr 2010 | |
gegen den zunehmend autokratisch regierendenden Präsidenten Mamadou Tandja | |
putschte. In den folgenden Monaten beseitigte eine Militärjunta die | |
Blockaden von politischer Opposition, Presse- und Meinungsfreiheit, und sie | |
hielt ihr Versprechen, das Land zur Demokratie zurückzuführen. Im März 2011 | |
wurde der jetzige Präsident Mahamadou Issoufou gewählt, die Armee kehrte in | |
die Kasernen zurück – eine Rückkehr zur Demokratie, die in Mali noch | |
aussteht. | |
## Islamisten mit Waffen | |
Auch in Niger sind bewaffnete Islamisten aktiv. Sie haben in dem Land | |
bislang aber wohl keine Basis, sondern ziehen sich nach einzelnen Aktionen | |
immer wieder nach Mali zurück. Dennoch sind Entführungen und anschließende | |
Lösegeldforderungen auch im Niger eine reale Bedrohung. Vier Franzosen, die | |
2010 in Niger von „al-Qaida im Islamischen Maghreb“ entführt wurden, sind | |
immer noch in der Gewalt der Kidnapper. Und erst vor Kurzem wurden fünf | |
nigrische und ein tschadischer Mitarbeiter einer Hilfsorganisation | |
entführt. Das nigrische Militär erschoss die Geiseln samt den Entführern, | |
in einer Aktion, die im Niger Fragen aufwirft. | |
Die Mitglieder der EU-Mission sollen anonym bleiben, bis auf die führenden | |
Verantwortlichen, deren Namen ohnehin bekannt sind. Einer der europäischen | |
Ausbilder nennt die „Stärkung des Rechtsstaats“ als einen der | |
wahrscheinlichen Inhalte des künftigen Trainings in Niger. Dazu gehöre vor | |
allem die Schulung der Kriminalpolizei, um zum Beispiel ihre Ermittlungs- | |
und Verhörmethoden zu verbessern. Außerdem müssten die unterschiedlichen | |
Einheiten vor Ort effektiver kooperieren und auch enger mit der Justiz | |
zusammenarbeiten. | |
Gleichzeitig wächst im Niger die Angst vor den Folgen, die ein | |
Militäreinsatz in Mali hätte. Viele Nigrer befürchten, dass Kämpfer aus | |
Mali über die Grenze ausweichen, wenn sie militärisch verfolgt werden. | |
Jean-Jacques Quairiat, EU-Repräsentant in Niger, kann die Besorgnis | |
verstehen: „In allen Nachbarstaaten stellt sich die Frage nach den | |
Konsequenzen.“ | |
2 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Bettina Rühl | |
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