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# taz.de -- Vernichtung von Grabmälern in Timbuktu: Im Visier: die Stadt der 3…
> Schon mehrfach zerstörten islamische Eiferer kulturelles Welterbe. In
> Timbuktu, der bekanntesten historischen Stätte der Region, geht es gegen
> heiliggesprochene Muslime.
Bild: Insgesamt stehen – bzw. standen – in Timbuktu auf den jahrhundertealt…
KIGALI taz Die Vernichtung von historisch einmaligen Grabmälern in der
legendären Saharastadt Timbuktu ist nicht die erste Zerstörungsaktion
muslimischer Fundamentalisten. Schon im März 2001 sprengten die Taliban im
zentralafghanischen Bamyan zwei riesige Buddha-Statuen. Auch die Taliban
rechtfertigten diesen Akt der Barbarei damit, dass die Skulpturen Götzen
seien und „unislamisch“. Talibanführer Mullah Omar erklärte damals:
„Muslime sollten stolz darauf sein, Idole zu zerstören. Es war ein Lob
Gottes, dass wir sie zerstört haben.“
Im Sommer des Jahres 2007 machten sich auch die pakistanischen Taliban
daran, im hart umkämpften Swat-Tal eine 40 Meter hohe und 1.300 Jahre alte
Buddha-Skulptur zu zerstören, indem sie Sprengstoff in Bohrlöcher füllten
und zur Explosion brachten. Ein halbes Jahr zuvor hatten sie eine andere
Buddha-Skulptur mit Maschinengewehren beschossen.
Insgesamt stehen – bzw. standen – in Timbuktu auf den jahrhundertealten
Friedhöfen 16 Mausoleen. Sie sind ein zentraler Teil der Identität dieses
kulturellen und politischen Zentrums. Die „Stadt der 333 Heiligen“, wie
Timbuktu auch genannt wird, beherbergt islamische Größen vergangener
Jahrhunderte, die vor Unglück schützen sollen und deren Namen man zu
besonderen Anlässen anruft, ähnlich wie die der Heiligen in der
katholischen Kirche. Diese vor allem im afrikanischen Sufi-Islam
verbreitete Praxis wird von radikalen Islamisten als ketzerisch bekämpft.
In Somalia haben die islamistischen Shabaab-Milizen schon zahlreiche lokale
Heiligengräber zerstört.
Timbuktu, die bekannteste historische Stätte der Sahara- und Sahelregion,
ist ein alter Handelsknotenpunkt, in dem die von Tuareghändlern dominierten
Transsaharawege auf den Nigerfluss und damit die Geschäftswelt Westafrikas
treffen. Für das Nomadenvolk der Tuareg ist Timbuktu ein spirituelles
Zentrum, auf dessen kulturellen Reichtum und lange glorreiche Geschichte
man sehr stolz ist.
Im 15. und 16. Jahrhundert war Timbuktu das intellektuelle Zentrum des
afrikanischen Islam. An der Universität Sankore lernten bis zu 25.000
Studenten gleichzeitig. Hier wurden die in den vergangenen Jahrhunderten
verfassten Schriften gesammelt und archiviert – manche auf Arabisch, viele
aber auch in der Tuaregsprache Tamaschek und in westafrikanischen Sprachen.
## In wirren Zeiten versteckt
Timbuktu ist bis heute Heimat von 300.000 bis 700.000 mittelalterlichen und
sogar noch älteren Manuskripten. Die meisten befinden sich in Privathäusern
altetablierter Familien – 60 bis 80 Sammlungen, die in wirren Zeiten immer
wieder versteckt werden, beispielsweise bei der französischen Eroberung
1894 oder eben dieses Jahr mit dem Aufkommen der bewaffneten Rebellionen.
Die größte Moschee Timbuktus ist die Moschee Djingareyber. Sie wurde von
Sultan Kankan Moussa nach seiner Rückkehr von einer Mekka-Pilgerfahrt 1325
errichtet. Auch die Moschee Sankore wurde in dieser Zeit neu gebaut; der
zentrale Platz ist nach den Maßen der Kaaba in Mekka ausgelegt. Die dritte
große Moschee Sidi Yahia ist älter.
Das Islamische Institut Ahmed Baba, das von der Unesco gefördert wird,
wurde 2009 eingeweiht. „Das Salz kommt aus dem Norden, das Gold aus dem
Süden, das Geld von den Weißen; aber das Wort Gottes, die Heiligtümer und
die erbaulichen Erzählungen gibt es nur in Timbuktu“, lautet das Motto des
Instituts, das damit begonnen hat, alte Manuskripte zu konservieren. Auch
dies ist ein Affront für den saudisch geprägten Fundamentalismus, der nicht
akzeptiert, dass es neben den saudischen heiligen Stätten rivalisierende
intellektuelle Zentren des Islam geben kann.
1 Jul 2012
## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
Islam
Tuareg
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