# taz.de -- Kommentar Mali: Im Bann der Vergangenheit | |
> Islamistische Milizen und putschwütige Soldaten zerreißen Mali. Die | |
> Nachbarstaaten sind unfähig zu handeln. Dabei sollten sie die Gegensätze | |
> des kolonialen Erbes überwinden. | |
Hilflos sieht die Welt zu, wie in Mali einer der einst stabilsten Staaten | |
Afrikas zerfällt. Es liege an der westafrikanischen Region selbst, sich zu | |
engagieren, lautet die internationale Sprachregelung: Erst soll die | |
westafrikanische Regionalorganisation Ecowas einen überzeugenden Plan | |
vorlegen, den man von außen unterstützen kann. | |
Die Ecowas wiederum sagt: Erst soll in Mali eine stabile Regierung | |
entstehen, dann könnte man Hilfe gewähren. In Mali kann aber keine stabile | |
Regierung entstehen, solange in der einen Landeshälfte islamistische | |
Milizen und in der anderen putschwütige Soldaten die zivilen Institutionen | |
aushöhlen. So beißt sich die Katze in den Schwanz. | |
Vielleicht ist es zu viel verlangt, ausgerechnet von Westafrika zu | |
erwarten, diesen Teufelskreis zu durchbrechen. Als vor anderthalb Jahren | |
die Elfenbeinküste im Bürgerkrieg versank, blieb die Ecowas ebenso | |
machtlos, und ihre beiden wichtigsten und größten Mitglieder Nigeria und | |
Ghana fanden sich auf entgegengesetzten Seiten des Konflikts wieder. | |
Heute sind Nigeria und Ghana wieder im Zwist, weil Ghanas Regierung | |
begonnen hat, Einwanderer aus den Märkten und dem Einzelhandel zu | |
verdrängen. Die beiden Länder haben schon in vergangenen Jahrzehnten mit | |
wechselseitigen Massenausweisungen völlig unnötige regionale Krisen vom | |
Zaun gebrochen. Jetzt verhindern sie schon wieder die Einigkeit der Region. | |
Aber das wahre Problem Westafrikas geht noch tiefer. Für Krisen in | |
frankophonen Ländern wie Mali oder Guinea sind immer noch vor allem | |
frankophone Länder zuständig, für Krisen in anglophonen Ländern wie Liberia | |
oder Sierra Leone sind es anglophone Länder. Aber Westafrikas | |
Gesellschaften sind schon längst aus dem Schatten ihres kolonialen Erbes | |
hervorgetreten. Es ist Zeit, dass es Westafrikas Politik auch tut. | |
4 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Historische Stätten in Timbuktu verwüstet: UN beschließt Mali-Resolution | |
Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat eine Mali-Resolution | |
verabschiedet. Den islamistischen Extremisten im Norden des Landes drohen | |
nun Sanktionen. | |
Malis Weltkulturerbe in Gefahr: In der Sahara ist es viel zu heiß | |
Greift jemand gegen die Islamisten ein, die in Timbuktu Kulturgüter | |
zerstören? „Nicht heute oder morgen“, heißt es dazu bei Westafrikas | |
Regionalorganisation Ecowas. | |
Kommentar Timbuktu: Eine Intervention ist zwingend nötig | |
Die radikalen Islamisten in Mali haben mit dem Freiheitskampf der Tuareg | |
nichts am Hut. Die Tuareg-Rebellen sind jetzt von ihren einstigen | |
Verbündeten selbst verdrängt worden. | |
Vernichtung von Grabmälern in Timbuktu: Im Visier: die Stadt der 333 Heiligen | |
Schon mehrfach zerstörten islamische Eiferer kulturelles Welterbe. In | |
Timbuktu, der bekanntesten historischen Stätte der Region, geht es gegen | |
heiliggesprochene Muslime. |