# taz.de -- Malis Weltkulturerbe in Gefahr: In der Sahara ist es viel zu heiß | |
> Greift jemand gegen die Islamisten ein, die in Timbuktu Kulturgüter | |
> zerstören? „Nicht heute oder morgen“, heißt es dazu bei Westafrikas | |
> Regionalorganisation Ecowas. | |
Bild: Diesen Herren und ihren Co-Kombattanten von der bewaffneten Islamistengru… | |
ABUJA taz | Handeln wollen die Staaten Westafrikas in Mali unbedingt, um | |
die Einheit des riesigen Wüstenstaates wiederherzustellen. Die Frage ist | |
bloß, wann. Schon vor Wochen beschloss die Regionalorganisation Ecowas | |
(Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft) im Prinzip, Soldaten nach Mali | |
zu schicken, aber davon ist nichts zu sehen. | |
Sunny Ugoh, Sprecher der Ecowas an ihrem Sitz in Nigerias Hauptstadt Abuja, | |
kann kein Datum nennen, an dem möglicherweise Soldaten in den von | |
Islamisten beherrschten Norden Malis geschickt werden. „Wir sprechen nicht | |
über heute oder morgen. Wir sprechen über einen Prozess, für den wir | |
bereits wichtige Schritte eingeleitet haben“, sagt er und stellt klar: „Im | |
Moment wäre es naiv, Friedenstruppen zu schicken. Wir brauchen das Mandat | |
des UN-Sicherheitsrats.“ Dann könnten Ecowas-Einheiten Hand in Hand mit | |
Malis Armee kämpfen. | |
Die Zeit drängt. Am vergangenen Wochenende zerstörte die islamistische | |
Gruppe Ansar Dine, die seit Anfang April immer weitere Teile des Nordens | |
von Mali unter ihre Kontrolle gebracht hat, mindestens sieben heilige | |
Grabstätten in der Stadt Timbuktu. Die Welt ist auch Tage später noch | |
entsetzt darüber, denn die Mausoleen gehören zum Weltkulturerbe der Unesco. | |
Es sind die Heiligtümer der historischen Wüstenstadt, die früher auch viele | |
Touristen anzogen, auf die die malische Wirtschaft angewiesen ist. Doch | |
Ansar Dine ist sich keiner Schuld bewusst. | |
## Antipersonenminen rings um Gao | |
Das gilt wohl auch für neue besorgniserregende Meldungen, die die größte | |
nordmalische Stadt Gao betreffen: Islamisten sollen rund um die Stadt | |
Antipersonenminen ausgelegt haben. Malische Zeitungen berichten, dass die | |
Einwohner darüber per Radio informiert worden seien. Die Minen sollen die | |
Tuareg-Separatisten der Nationalen Befreiungsbewegung von Azawad (MNLA) von | |
Gao fernhalten, von wo sie vor einer Woche vertrieben wurden. Die MNLA, | |
deren vorrangiges Ziel stets ein eigener Tuareg-Staat war, aber nie die | |
Islamisierung, hat inzwischen die Kontrolle über die Städte Nordmalis | |
komplett verloren. Mittlerweile sollen 300.000 Menschen aus der Region | |
geflohen sein. | |
„Die Lage ist extrem schwierig“, gibt Ecowas-Sprecher Sunny Ugoh zu. | |
Trotzdem tue die Ecowas all das, wozu sie in der Lage sei. In den kommenden | |
Tagen soll eine Sondierungsmission nach Mali geschickt werden, um eine | |
mögliche Truppenentsendung vorzubereiten. Wichtig sei außerdem, weiterhin | |
einen Dialog anzubieten. Federführend bei all dem ist Burkina Fasos | |
Präsident Blaise Compaoré. | |
## Über Ouagadougou wird auf Minigipfel diskutiert | |
Weiter diskutieren wollen die westafrikanischen Länder am kommenden Samstag | |
bei einem Minigipfel in Burkina Fasos Hauptstadt Ouagadougou. An dem | |
Treffen sollen auch Malis Übergangsregierung sowie Vertreter der | |
Zivilgesellschaft teilnehmen. Ziel ist es, endlich eine einheitliche | |
Strategie zu finden und vielleicht eine neue Regierung für Mali zu bilden, | |
die dann förmlich um eine regionale Militärintervention bitten könnte. Denn | |
die amtierende Übergangsregierung hat sich vor allem mit Streitigkeiten um | |
Personen und Ämter sowie einem Machtkampf mit dem Militär hervorgetan, aber | |
nicht mit praktikablen Lösungsansätzen. | |
In Nigerias Hauptstadt Abuja kursiert unterdessen die Sorge, dass sich ein | |
Ecowas-Einsatz in Mali auch auf Nigeria negativ auswirken könnte. Angeblich | |
soll die islamistische Sekte Boko Haram, die regelmäßig Anschläge in | |
Nigeria verübt, gedroht haben, die Ecowas anzugreifen, falls diese in Mali | |
einmarschiert. „Das kann ich nicht ernst nehmen“, kommentiert Ugoh. | |
Allerdings sei klar: Nicht nur Mali werde von Islamisten destabilisiert, | |
sondern auch Nigeria. | |
Am späten Dienstagabend kam es in Nigerias Hauptstadt Abuja wieder einmal | |
zu einer Explosion. Vor einem Geschäftskomplex im Stadtteil Wuse | |
explodierte eine Bombe in einem Mülleimer, die nach Polizeiangaben jedoch | |
niemanden verletzte. Es war der zweite Anschlag dieser Art innerhalb von | |
zwölf Tagen: Am vorletzten Wochenende explodierte ein Sprengsatz vor einem | |
Nachtclub. | |
4 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
Katrin Gänsler | |
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