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# taz.de -- Islamische Pilgerfahrt in Mekka: Ebola und die Dschihadisten
> Millionen Muslime haben in Saudi-Arabien die Haddsch begonnen. Das
> Mers-Virus, Ebola und der IS könnten die Pilgerfahrt in Mekka stören.
Bild: Die Steinigung des Teufels. Er wird durch eine Säule symbolisiert.
BERLIN taz | Dengue-Fieber, Schweinegrippe, Vogelgrippe: Wenn alljährlich
Millionen Muslime aus aller Welt nach Saudi-Arabien strömen, um an der
islamischen Pilgerfahrt teilzunehmen, sind die Behörden alarmiert. Nicht
nur drohen während der Haddsch Massenpaniken und Terroranschläge, auch die
Hygiene unter den teils eng an eng pilgernden Muslimen kann Probleme
bereiten.
Dieses Jahr sind die saudischen Behörden aufgrund des Corona-Virus Mers und
der Ebola-Epidemie in Westafrika besorgt. Die Krankheiten könnten sich
unter den etwa zwei Millionen Pilgern, die an diesem Donnerstag die Haddsch
in Mekka beginnen, schnell verbreiten.
Rund um Mekka und an den Einreisezentren hat das Gesundheitsministerium
Checkpoints eingerichtet, an denen die Pilger kontrolliert werden und eine
Meningitis-Impfung nachweisen müssen. Muslimen aus Sierra Leone, Guinea und
Liberia wird die Einreise dieses Jahr aufgrund der Ebola-Epidemie jedoch
verweigert. Nach WHO-Angaben sind bereits über 3.000 Menschen an der Seuche
gestorben. [1][Auch in den USA war am Dienstag ein Fall bekannt geworden].
Mers, das Middle East Respiratory Syndrome, ist eine Erkrankung der
Atemwege, die vor allem im Nahen Osten grassiert. 2012 wurde das Virus
erstmals identifiziert. Nach Angaben der WHO sind bis Juni dieses Jahres
mehr als 700 Menschen an Mers erkrankt und mehr als 200 gestorben. Jedoch
seien bislang im Rahmen der Hadsch keine Ebola- oder Mers-Fälle
festgestellt worden, sagte der saudische Gesundheitsminister Adel Fakih.
## Extra-Schulung wegen Terrorgefahr
Auch die Ereignisse im Irak und Syrien bereiten den saudischen Behörden
Sorgen, ist doch die Familie des saudischen Königs, der den Titel „Hüter
der beiden heiligen Stätten“ (Mekka und Medina) trägt, keinesfalls beliebt
unter den Dschihadisten des Islamischen Staats. Wegen der Gefahr von
Terranschlägen hat die Zivilschutzbehörde eigenen Angaben zufolge ihre
Rettungskräfte gesondert geschult. Mehr als 450 Einsatzzentren würden in
und um Mekka errichtet, um die Pilgerfahrt zu überwachen.
Ein Sprecher der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS) hatte Saudi-Arabien
in einer im Internet veröffentlichten Audiobotschaft als Werkzeug des von
den USA geführten „Kreuzzuges gegen den Islam“ bezeichnet. [2][Neben
Saudi-Arabien fliegen Bahrain, die Vereinigten Arabischen Emirate und
Jordanien Luftschläge gegen den IS.] Katar beteiligt sich unterstützend an
der Militäraktion. Für die Haddsch sind Hunderttausende Bürger dieser
Staaten in Saudi-Arabien zusammengekommen.
Die Terrorgefahr ist nicht neu. Während der Haddsch 1979 hatten
oppositionelle Islamisten die Große Moschee in Mekka besetzt und sich eine
zwei Wochen lange Schlacht um die Moschee geliefert. Am Ende mussten
französische Spezialeinheiten zu Hilfe gerufen werden. Dutzende Pilger,
Terroristen und Sicherheitskräfte kamen ums Leben.
Bei den nun errichteten 450 Einsatzzentren handelt es sich nach Angaben der
Zivilschutzbehörde allerdings um Routinekräfte, die für Massenpaniken oder
Feuer bereitstünden. Auch das ist eine Gefahr: Erst 2006 waren bei einer
Massenpanik 364 Menschen ums Leben gekommen, 1990 starben fast 1.500
Menschen.
## Eine der fünf Säulen des Islam
Die Haddsch ist eine der fünf Glaubenssäulen des Islam. Jeder Muslim, der
gesund und wohlhabend genug ist, sollte einmal im Leben nach Mekka pilgern.
Für Saudi-Arabien ist das Großereignis eine bedeutende Einnahmequelle. Für
das Regime, das sich fromm sunnitisch gibt, aber keine religiöse
Rechtfertigung seiner Herrschaft vorweisen kann, dient die Organisation der
Haddsch zudem als Legitimationsquelle.
Tag 1 (Donnerstag): Die Pilger legen meist zwei weiße Frotty-Handtücher an,
die den Ihram, den Weihezustand symbolisieren. Dann geht es von Mekka in
Bussen oder zu Fuß nach Mina, ein von Granithügeln eingerahmtes Tal, das
die saudische Regierung mit Tausenden weißen Zelten übersäht hat. Hier
verrichten sie Gebete und warten auf den nächsten Morgen.
Tag 2 (Freitag): Die Pilger brechen zum Berg Arafat auf. Da die Straßen
verstopft sind, kann der kurze Weg bis zu zwei Stunden dauern. Verschiedene
bis ins Detail vorgeschriebene Gebete werden verrichtet. Nach islamischer
Überlieferung haben sich Adam und Eva am Berg Arafat getroffen, nachdem sie
von Gott geschaffen wurden und einander suchend auf der Erde umhergeirrt
waren. Abends machen sich die Pilger auf den Weg nach Muzdalifa, ein Dorf
bei Mina. Hier sammeln sie Steine für die symbolische Steinigung des
Teufels.
Tag 3 (Samstag): Der kritischste Tag der Haddsch: Die Pilger werfen die
Steine von einer Brücke auf den durch Säulen symbolisierten Satan. Um
Massenpaniken zu verhindern, hat die Regierung die Brücke auf fünf Ebenen
erweitert. Auch die Opferung eines Tieres steht an, die dem Festtag seinen
Namen (Opferfest) gibt und auf den koranischen Bericht von Abraham
zurückgeht, der seinen Sohn Ismail opfern sollte. Pilger haben die Wahl,
ihr Tier selbst zu schlachten oder es aus einem Katalog auszuwählen und das
Fleisch in ein Land ihrer Wahl liefern zu lassen. Anschließend wird den
Pilgern das Haar (ab-)geschnitten und die Ihram-Kleidung abgelegt. Zurück
in Mekka umkreisen die Pilger siebenmal die Kaaba. Die nächsten zwei oder
drei Tage verbringen sie mit verschiedenen Aktivitäten in Mina.
2 Oct 2014
## LINKS
[1] /Ebola-Erkrankter-in-den-USA/!146995/
[2] /Kampf-gegen-IS/!146909/
## AUTOREN
Jannis Hagmann
## TAGS
Islam
Saudi-Arabien
Ebola
„Islamischer Staat“ (IS)
Schwerpunkt Coronavirus
Mekka
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