# taz.de -- Neue Regierung in Mali: Islamisten gefährden Einheit des Landes | |
> Die zerstrittenen Politiker in Mali einigen sich auf eine Regierung. Aber | |
> dass Westafrikas Staaten jetzt gemeinsam gegen radikale Islamisten | |
> vorgehen, bleibt unsicher. | |
Bild: Premierminister Cheick Modibo Diarra (Mitte) führt die neue malische Reg… | |
ABUJA taz | Das monatelange Hin und Her um die Bildung einer neuen | |
Regierung in Mali ist beendet. Seit Montagnachmittag steht in der | |
Hauptstadt Bamako das neue Einheitskabinett mit 31 Ministern unter | |
Premierminister Cheick Modibo Diarra. Damit könnte nun zumindest fürs Erste | |
die lange Diskussion um Personen, Posten und Machtverhältnisse vorbei sein. | |
Diese Fragen haben die Politiker in Bamako in den Monaten seit dem | |
Militärputsch vom März offenbar mehr beschäftigt als der Umgang mit den | |
islamistischen Gruppierungen, die die Nordhälfte des Landes kontrollieren, | |
sowie der Tuareg-Rebellenarmee „Nationalbewegung zur Befreiung von Azawad“ | |
(MNLA). Diese hatte Anfang des Jahres gegen Malis Armee und Regierung | |
rebelliert und rief am 6. April schließlich ihren eigenen Staat „Azawad“ | |
aus, der allerdings mittlerweile unter Kontrolle von Islamisten geraten | |
ist. | |
Aufatmen dürfte nun vor allem die westafrikanische Regionalorganisation | |
Ecowas (Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft). Sie hatte Malis | |
Politiker immer wieder aufgefordert, endlich eine Regierung zu bilden, um | |
dann Schritte zur Wiederherstellung der Einheit Malis einleiten zu können. | |
Sie drohte sogar damit, Mali zeitweilig von der Staatengemeinschaft zu | |
suspendieren. | |
Trotzdem verlängerte sie immer wieder Fristen, die letzte lief eigentlich | |
bereits am 31. Juli aus. Denn die vielen Vermittlungsversuche – allen voran | |
mit Burkina Fasos Präsident Blaise Compaoré als Mediator – waren monatelang | |
alles andere als erfolgreich. „Wir brauchen einfach eine Regierung. Und | |
diese braucht eine Agenda“, bestätigte Eyesan Okorodudu, Leiter der | |
Abteilung „Demokratie und Regierungsführung“ der Ecowas-Kommission, | |
vergangene Woche auf einer Tagung in Nigerias Hauptstadt Abuja die Linie | |
des Staatenbundes. | |
## Putschisten in der Regierung | |
Der neuen Regierung gehören auch mehrere Personen an, die dem Drahtzieher | |
des Miliärputsches vom 22. März, Amadou Sanogo, nahestehen. Dessen Anhänger | |
hatten sich zuvor mehrmals quergestellt. Jetzt können sich alle gemeinsam | |
endlich mit der für Mali dringendsten Frage auseinandersetzen: Ist eine | |
militärische Intervention im Norden die richtige Lösung? | |
Damit ist in den vergangenen Wochen immer wieder geliebäugelt worden. Von | |
einer westafrikanischen Interventionstruppe mit rund 3.000 Soldaten ist die | |
Rede gewesen. Doch nach wie vor fehlt das Mandat des UN-Sicherheitsrates, | |
auf das die Ecowas schon vor Wochen gehofft hatte. | |
Dass im Malis Nordhälfte, wo nur rund 10 Prozent der Gesamtbevölkerung | |
leben, dringend etwas passieren muss, steht außer Frage. Seit Monaten | |
kämpfen die islamistischen Gruppierungen „Ansar Dine“ und „Mujao“ (Bew… | |
für Einheit und Jihad in Westafrika) um die Macht in der Region. Der | |
Al-Qaida-Arm AQMI (Al-Qaida im Islamischen Maghreb) hat die Sahara längst | |
als strategischen Stützpunkt für sich erklärt. Die Tuareg-Rebellenarmee | |
MNLA hat indes kaum noch etwas zu melden. Hunderttausende Menschen haben | |
sich inzwischen in den Süden sowie die Nachbarländer geflüchtet. | |
„Trotzdem bedeutet eine solche Situation nicht zwangsläufig, dass mit einem | |
Militäreinsatz reagiert werden muss“, sagt Mahamadou Niakate, | |
Generalinspektor der malischen Polizei. Seiner Meinung nach besteht nach | |
wie vor die Möglichkeit zu einem Dialog – auch mit den radikalen | |
Islamisten. „Ja, Ansar Dine gilt als radikal. Aber vor einiger Zeit hat die | |
Gruppe beispielsweise der Einrichtung eines Versorgungskorridors | |
zugestimmt.“ | |
Klar sei allerdings auch, dass die Bevölkerung die Ziele von Ansar Dine | |
nicht teile. „Die Gruppe will die Scharia. Diese Forderung akzeptiert in | |
Mali niemand. Für uns ist sie viel zu radikal.“ | |
21 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Katrin Gänsler | |
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Mali | |
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