# taz.de -- Kommentar Mali: Mali ist nicht Somalia | |
> Das geplante europäische Eingreifen in Mali ist prinzipiell richtig. Im | |
> Land selbst müssen erst die politischen Voraussetzungen dafür geschaffen | |
> werden. | |
Deutschland hängt die geplante Beteiligung der Bundeswehr an einer | |
Mali-Mission der EU tief, und das ist gut so. Es ist richtig von | |
Bundesaußenminister Westerwelle, frühzeitig klarzustellen, dass keine | |
deutschen Kampftruppen zum Einsatz kommen werden und dass die Krise in Mali | |
eine politische Lösung braucht. Denn das nimmt einer relativ absurden | |
Debatte den Wind aus den Segeln, bevor sie Fahrt aufnehmen kann. | |
Es geht nicht um deutsche Soldaten in Mali, oder überhaupt europäische | |
Kampftruppen in der Sahara. Die EU plant eine vermutlich außerhalb Malis zu | |
basierende Unterstützungsmission für eine westafrikanische Eingreifruppe, | |
die wiederum Malis Armee in die Lage versetzen soll, innerhalb des eigenen | |
Staatsgebiets gegen die ausländischen Dschihadisten und | |
radikalislamistischen Milizen vorzugehen, die im wüstenhaften Norden des | |
Landes die Menschen terrorisieren und die alte Kultur der Sahelregion | |
zerstören. Gegen eine solche Unterstützung ist nichts einzuwenden. | |
Wer dagegen jetzt Protest erhebt, hätte sich zu Wort melden sollen, als vor | |
mehreren Jahren die ersten Bundeswehrausbilder nach Uganda geschickt | |
wurden, um ugandische Soldaten für den Einsatz in Somalia zu trainieren. | |
Genau nach diesem Muster wird voraussichtlich auch die Sahel-Mission der EU | |
verlaufen. Und die geplante westafrikanische Eingreiftruppe in Mali dürfte | |
militärisch deutlich weniger Schaden anrichten als die afrikanische | |
Eingreiftruppe in Somalia, die Zivilisten getötet und eine extrem korrupte | |
Regierung gestützt hat. | |
Mali ist mit Somalia nicht zu vergleichen. Der Staat ist nicht | |
verschwunden, er ist bloß zeitweilig sozusagen außer Kraft gesetzt - seit | |
dem Militärputsch vom März werden sich die politischen Akteure in der | |
Hauptstadt Bamako nicht über den Neuaufbau einer demokratischen Ordnung | |
einig. Aber genau hier liegt das Problem des Eingreifens - im politischen, | |
nicht im militärischen Bereich. | |
Denn solange kein politischer Rahmen in Mali besteht, der die legitimen | |
Forderungen der Tuareg-Bevölkerung und anderer Siedlungsgruppen im Norden | |
des Landes gegenüber ihrer weit entfernten Zentralregierung aufgreift, | |
solange kann es auch keine gesamtmalische Einigkeit geben, mit der Mali in | |
die Lage versetzt wird, entschlossen den Dschihadisten entgegenzutreten. | |
Und solange in Bamako Befürworter und Gegner einer Intervention abwechselnd | |
auf die Straße gehen und die notwendige politische Grundsatzdiskussion über | |
die Zukunft des Landes sich als Parteienzank äußert, solange wird auch | |
offen bleiben, welche politische Kraft in Mali sich durch ein Eingreifen | |
gestärkt fühlen wird und welche nicht. Aber wenn das offen ist, bleiben | |
auch die realen innenpolitischen Auswirkungen eines Eingreifens offen und | |
damit ist eine Grundvoraussetzung für auswärtige Intervention nicht | |
gegeben: mit einem eindeutig definierten und legitimen Partner ein klares | |
und vertretbares politisches Ziel zu verfolgen. | |
Die EU, die UNO, die Afrikanische Union und die Westafrikanische | |
Wirtschaftsgemeinschaft werden jetzt bis mindestens Mitte November | |
Interventionsszenarien hin- und herschieben. Hoffentlich wird gleichzeitig | |
in Mali selbst die Politik sich sortieren. Sonst nützen militärische | |
Planspiele wenig. | |
24 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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