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# taz.de -- EU-Subventionen: Agrar-Öko-Wende in Gefahr
> Weniger Subventionen für Großbetriebe, mehr Pflichten zum Umweltschutz,
> so lauteten die Ziele der EU-Reform. Ein aktuelles Kompromisspapier
> hebelt sie wieder aus.
Bild: Kleine Höfe, glückliche Tiere, umweltfreundliches Arbeiten – das will…
BERLIN taz | Dem Vorschlag der EU-Kommission für eine ökologische und
soziale Reform der milliardenschweren EU-Agrarsubventionen droht das Aus.
Grund ist der Kompromissvorschlag des Ratspräsidenten Herman Van Rompuy für
den Haushaltsplan der Europäischen Union in den Jahren 2014 bis 2020. Das
Papier des Belgiers überlässt es den Mitgliedsstaaten, die Zahlungen an
Großbetriebe zu begrenzen und den Bauern schärfere Umweltauflagen als
gesetzlich vorgesehen zu machen. In Deutschland zum Beispiel bliebe dann
wohl alles beim Alten.
Dabei verursachen die Bauern laut Umweltbundesamt 13 Prozent der
Treibhausgase in Deutschland. Zudem sind sie zu einem Großteil dafür
verantwortlich, dass immer mehr Pflanzen- und Tierarten verdängt werden.
Gleichzeitig verteilt die EU die derzeit 58 Milliarden Euro
Agrarsubventionen pro Jahr extrem ungleich: Die größten Betriebe bekommen
am meisten – obwohl gerade sie oft umweltschädlicher wirtschaften und mehr
Arbeitsplätze einsparen als kleine.
Aus diesen Gründen will EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos die wichtigste
Subventionsart, die Direktzahlungen, auf 300.000 Euro je Betrieb begrenzen.
Die Zahlungen zwischen 150.000 und 300.000 Euro sollen um 20 bis 70 Prozent
gekürzt werden. Wer viele Arbeitsplätze bietet, dem sollen weniger
Subventionen gekürzt werden.
Diese Kappung würde einige wenige Betriebe zum Beispiel in Ostdeutschland
treffen – aber selbst das ist Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU) schon
zu viel. Van Rompuys Vorschlag gibt ihr nun nach. Nur „auf freiwilliger
Basis“ sollen die Mitgliedstaaten die Deckelung der Zahlungen einführen,
schreibt der Ratspräsident in seinem Papier. Ulrich Jasper, Geschäftsführer
der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, glaubt nun, „dass die
Messe bei diesem Punkt gelesen ist“.
## Keine feste Vorgaben
Auch die geplante Ökologisierung – „Greening“ auf EU-Englisch – der
Direktzahlungen ist in Gefahr. Nach Van Rompuys Vorschlag sollen nämlich
die Mitgliedsstaaten selbst entscheiden dürfen, welche Auflagen die Bauern
künftig erfüllen müssen, um die Subventionen zu erhalten. Die Kommission
will zum Beispiel, dass die Landwirte auf sieben Prozent ihrer Fläche der
Natur Vorrang lassen – also etwa Hecken und Bäume anpflanzen. Auch das
lehnt Aigner ab. Nach Rompuys Vorschlag könnte sie nun einfach Kriterien
festlegen, die die deutschen Bauern ohnehin schon erfüllen.
Insgesamt will Van Rompuy den Agrarhaushalt um rund 6 Prozent auf 364
Milliarden Euro kürzen. „Dann würde die Wahrscheinlichkeit sinken, dass das
Greening wirksam ist“, sagt AbL-Experte Jasper. Denn wenn die Bauern wegen
dieser Kürzung schon weniger Geld bekämen, könnte die Politik weitere
Belastungen durch Öko-Auflagen noch schwieriger durchsetzen.
Besonders stark will Van Rompuy den Etat für die ländliche Entwicklung und
Agrarumweltmaßnahmen zusammenstreichen: laut Kommission um fast 20 Prozent.
Dazu gehören Projekte, die Wissenschaftler als besonders positiv für die
Umwelt einstufen, zum Beispiel die Förderung des Öko-Landbaus.
Die Chancen stehen nicht schlecht, dass sich Van Rompuy beim Gipfel der
Staats- und Regierungschefs ab Donnerstag in Brüssel in wesentlichen
Punkten durchsetzt. Denn er kommt Deutschland weitgehend entgegen. Die
Briten könnten einverstanden sein, weil er den EU-Haushalt insgesamt kürzen
will. Frankreichs Premierminister Jean-Marc Ayrault hat jegliche Kürzungen
im Agrarhaushalt abgelehnt – die Begrenzung der Direktzahlungen erwähnte er
aber nicht. Und Beobachter bezweifeln, dass das Parlament später diese
Punkte wieder in die Beschlüsse hereinverhandeln wird.
20 Nov 2012
## AUTOREN
Jost Maurin
Jost Maurin
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Landwirtschaft
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