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# taz.de -- Die Subventionskontrolle der EU: Wanderzirkus – egal wie viel es …
> Großzügig gibt die EU Geld, kontrolliert aber die Subventionierung
> schlecht. So kassiert RWE eine halbe Million Euro aus dem
> Landwirtschaftstopf.
Bild: RWE kassiert Geld für „guten landwirtschaftlichen Zustand“. Kartoffe…
BRÜSSEL taz | Mindestens fünf Milliarden Euro hat die Europäische Union
allein im vergangenen Jahr verschwendet. Das hat ihr eigener Rechnungshof
kürzlich festgestellt. Die Liste der Betrügereien und fehlgeleiteten Mittel
aus den Zahlungen der EU-Staaten liest sich abenteuerlich: Da wäre zum
Beispiel ein Bauer, der eine Sonderprämie für 150 Schafe aus Brüssel
bekommen hat. Bei einer Stichprobe mussten die Kontrolleure dann aber
feststellen: Der Mann besitzt überhaupt keine Schafe.
„Die regelmäßige Kontrolle bei der Mittelvergabe in den Mitgliedsstaaten
funktioniert überhaupt nicht“, sagt der SPD-Europaabgeordnete Jens Geier,
der im Haushaltskontrollausschuss des EU-Parlaments sitzt. Ein weiteres
Beispiel für solche Schlampigkeit: In der italienischen Lombardei hat die
EU den Bau eines angeblichen Obstlabors in einem landwirtschaftlichen
Betrieb gefördert. Auch hier schauten die Rechnungsprüfer nach. Sie
entdeckten statt eines Labors aber ein ganz normales Wohnhaus.
In 18 von 27 Ländern kann die EU-Kommission nicht unterschreiben, dass die
Kontrollen bei der Mittelvergabe korrekt verlaufen, sagt Geier. Das sei die
Verantwortung der Mitgliedsstaaten, meint Inge Grässle von der CDU, die
ebenfalls für die Haushaltskontrolle in Brüssel verantwortlich ist. „Es
muss darum gehen, dass wir das, was wir haben, richtig ausgeben, dass es
tatsächlich etwas bringt. Da können alle Mitgliedsstaaten an sich
arbeiten“, sagt die EU-Abgeordnete.
Mehrere Milliarden ließen sich mit besserem Controlling einsparen. Dazu
kommen nämlich noch die Millionen, die völlig legal fehlgeleitet werden –
wegen unklarer oder unsinniger Regeln aus Brüssel. Das beste Beispiel dafür
sind die Landwirtschaftssubventionen. Noch immer bekommen vor allem
Großgrundbesitzer – bis hin zu Königshäusern – EU-Geld für ihre Fläche…
## Viel sinnloses Geld für RWE
Und es gibt, sagt Jens Geier, einige besonders sinnlose Fördermillionen,
wie zum Beispiel für den Energieriesen RWE Power in Nordrhein-Westfalen.
RWE muss Flächen, auf denen das Unternehmen einst Braunkohle abgebaut hat,
renaturieren.
Dadurch entstehen Flächen, die nach den EU-Gesetzen förderungswürdig sind,
weil sie sich in einem „guten landwirtschaftlichen Zustand“ befinden.
„Dafür kassiert RWE jedes Jahr eine halbe Million Euro aus dem
Landwirtschaftstopf, obwohl das Unternehmen nichts mit Landwirtschaft zu
tun hat“, sagt Geier.
Auch in Brüssel selbst wird eifrig verschwendet. Die Gehälter der
EU-Beamten liegen in vielen Fällen weit über dem, was in den
Nationalstaaten verdient wird, und die Beamten haben zahlreiche Privilegien
wie zusätzliche bezahlte Urlaubstage – etwa eine Woche zwischen Weihnachten
und Neujahr.
Besonders ärgert sich Jens Geier aber über den Wanderzirkus des eigenen
EU-Parlaments. Zweimal im Monat muss er gemeinsam mit seinen 751 Kollegen
von Brüssel nach Straßburg umziehen – für vier Sitzungstage in Frankreich.
Dieser Wanderzirkus kostet jährlich zwischen 160 und 200 Millionen Euro.
Aber so will es der EU-Vertrag.
Die Abgeordneten haben sich bereits mehrheitlich gegen den Doppelsitz ihres
Parlaments entschieden. „Aber das ist typisch EU: Kein Staat will auf etwas
verzichten. Frankreich will die Straßburg-Woche behalten. Deshalb machen
wir weiter wie bisher“, klagt Geier. „Egal, wie viel das kostet.“
22 Nov 2012
## AUTOREN
Ruth Reichstein
## TAGS
EU-Haushalt
Subventionen
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