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# taz.de -- Schwarzer wird 70: Das Alphabet nach Alice
> Die Frauenrechtlerin Alice Schwarzer wird 70 Jahre alt. Hier eine
> Sammlung ihrer schönsten Thesen und Erinnerungen im O-Ton.
Bild: Laut und langlebig: Trotz aller Kritik ist die „Emma“-Chefin bis heut…
BERLIN taz | Jüngere Frauen imaginieren sie oft als Mutter, als Übermutter,
als Über-Ich – je nach Prägung ist das positiv oder nicht mehr ganz so
positiv gemeint. Dabei könnte sie für viele bereits die Großmutter sein:
Alice Schwarzer wird 70 Jahre alt.
Am 3. Dezember 1942 wurde „the most prominent contemporary German feminist“
(Wikipedia) in Wuppertal geboren. Sie wächst bei ihren Großeltern auf,
volontiert in Düsseldorf und arbeitet einige Jahre als Korrespondentin in
Paris. Von dort bringt sie die Kampagne: „Ich habe abgetrieben“ mit nach
Deutschland. 1977 gründet sie die Zeitschrift Emma mit dem Kapital aus dem
Erlös des Bestsellers „Der kleine Unterschied“ (1975).
Sie kämpft für Abtreibung, gegen Pornografie und Prostitution, gegen
Islamisten, für eine selbstbestimmte Sexualität der Frau. Ihre Thesen wählt
sie gern plakativ. Frauen, die Gefallen am Kopftuch finden, Pornos mögen
oder Prostitution für einen Beruf halten, stehen unter dem Verdacht, mit
dem Patriarchat zu kollaborieren.
Jüngere Feministinnen arbeiten sich nach wie vor an Alice Schwarzer ab: Die
„Alphamädchen“ Meredith Haaf, Susanne Klingner und Barbara Streidl,
Moderatorin Charlotte Roche, Frauenministerin Kristina Schröder, die
Redaktion der popfeministischen Zeitschrift Missy, Thea Dorn, zuletzt die
Historikerin Miriam Gebhardt in ihrem Buch „Alice im Niemandsland“, die
Liste ist lang. Doch ziehen ihre Veranstaltungen auch immer viele junge
Frauen an. Die müssen offenbar keinen Mutterkonflikt mehr mit ihr
austragen, sondern lassen sich von der Großmutter gern inspirieren. Wohl
bekomm's!
Angenehm
Mein schlechter Ruf hatte auch Vorteile: Persönlich konnte ich nur noch
angenehm überraschen. (AIM 21)
Beischlaf
Erster Beischlaf als Pflichtübung im Ritual des Frauwerdens. Keine tut es
aus Lust, alle tun es aus Angst. Für alle ist es ein traumatisches
Erlebnis, allen tut es weh. (DKU 182)
Christen, katholische
Die WHO zählte 2005 weltweit 70.000 Opfer des Abtreibungsverbots. Ich habe
noch nie gehört, was denn die lebensschützende katholische Kirche
eigentlich zu tun gedenkt angesichts der 70.000 toten Frauen im Jahr. (DA
79)
Diät
Während Männer Karriere machen, machen Frauen Diäten. Während Männer das
Leben genießen, zählen Frauen Kalorien. Kurzum: Frauen sollen sich
dünnemachen. In jeder Beziehung. (…) Zugegeben, auch ich habe in meinem
Leben immer mal wieder eine Diät gemacht. Die Brigitte-Diät, die
Ananas-Diät, die Montignac-Methode – ich kenne sie alle. (DA 108)
Emanzipation
In der Tat sind Mutterschaft und Kinderkult heute die effektivste Waffe
gegen die Emanzipation. (DGU 218)
Frizzi
Ich bin keine Vegetarierin. Und nicht stolz darauf. Im Gegenteil. Jüngst
träumte ich, ich würde meiner Katze Frizzi bei lebendigem Leibe einen
Schenkel abschneiden – während sie mich stumm und vorwurfsvoll anguckt. Was
für ein Alptraum! Ich bin schweißgebadet aufgewacht. (Blogeintrag 17. 1.
11)
Geschlecht, weiblich
Die Frauen haben die Tendenz, sich selbst zu verachten. Sie fliehen vor
sich und ihrem Geschlecht und suchen die Nähe der Männer. (DGU 281)
Humor
Ich fühle mich durch diese Klischees, die man mir anhängt, vergewaltigt. Am
meisten ärgere ich mich, dass man mir aberkennt, was ich haufenweise habe:
eine dicke Portion an Menschlichkeit und eine ganze Menge Humor. (AS 153)
Islam
Das islamische Kopftuch raubt Frauen ihre Individualität und lässt sie alle
gleich aussehen. Und es macht aus Frauen und Männern Wesen von zwei
verschiedenen Sternen, unterscheidet sie noch stärker als die westliche
Nutten- und Zuhältermode. (DA 57)
Jürgens, Udo
Mit Udo Jürgens im Club Med: Beim Aussteigen aus dem Flugzeug hat er mich
dann gleich angebaggert. Ich hüpfe mit ihm in die Wellen und habe reichlich
Hände wegzuschieben von meinem Bikini. (L 174)
Kachelmann, Jörg
Vielleicht geht Ihnen aufgrund Ihrer Sexualpraktiken aber auch alles
durcheinander. Vielleicht wissen Sie gar nicht, dass das kein Spielchen
ist, wenn eine Frau im Ernstfall Nein sagt, sondern Ernst. Und übrigens:
Auch nette Männer vergewaltigen manchmal, Kollege Kachelmann. Leider.
(E-Mail an Kachelmann, zitiert in Alice Schwarzers Blog vom 2. 8. 2010)
Liquidation
Egal wie klug oder kompetent sie ist: Eine jede kann liquidiert werden,
indem ihr die Weiblichkeit und damit das Begehrtwerden abgesprochen wird.
(DGU 278)
Minirock
Als viel zu dürftiger Rahmen für maximales Beinfleisch, das wie eine
Schnellstraße zwischen die Beine führt, ist der Minirock wenig erotisch,
sondern eigentlich nur entblößend – die Blicke der Männer, die solchen
Miniröcken hinterhergucken, sind entsprechend. (DGU 234)
Newton, Helmut
Eine schwache Frau unterwerfen – wie uninteressant. Eine starke Frau
brechen – echt scharf. (…) Er liefert das Propagandamaterial zum
Frauenhass, Jahr für Jahr höher dosiert. (P 20) Er liefert einer
verunsicherten Männerwelt den lüstern erniedrigenden Blick auf die neuen
Powerfrauen. (DA 127)
Opfer, weiblich
Drei von vier Männern konsumieren Pornografie. Es gibt kein Entrinnen vor
dem millionenfach reproduzierten Bild des Mannes als Sieger und Täter und
der Frau als Besiegte und Opfer. Der so pornografisierte Blick des Mannes
erniedrigt alle Frauen. Pornografie ist das schärfste Geschütz im Krieg der
Geschlechter, sie ist die Propaganda des Frauenhasses. (P 13)
Pesto
Zwischen Nudeln und Pesto ein paar Brocken weichgekochter Kartoffeln legen
und dann alles zusammenmischen. Das nimmt dem Pesto die Schwere. Und
schmeckt köstlich. (L 159f)
Quallbäuche
Am meisten überrascht mich, wie diese quallbäuchigen Männer mit ihren
grauen Krawatten mir zu sagen wagten, ich sei sexuell frustrierend. Die
sollten öfter mal in den eigenen Spiegel kieken. (nach AS 152)
Roche, Charlotte
Ich bins, dein Über-Ich. Du weißt schon, diese feministische Rachegöttin,
die Seite an Seite mit deiner Mutter durch dein Buch geistert. (…) Eines
wäre fatal: wenn deine Leserinnen deine verruchte Heimatschnulze über Sex &
Liebe für ein Rezept halten würden. Denn du hast nicht die Lösung, du hast
das Problem. (Blogeintrag 15. 8. 2011)
Sexualität
Am schlimmsten ist es da, wo wir dank des Unterschieds zwischen Männern und
Frauen angeblich füreinander geschaffen sind: in der Sexualität. Da
spiegeln sich Männergesichter in den Augen identitätsloser und gedemütigter
Frauen wie erstarrte Symbole und unmenschliche Fratzen. (DKU 8)
Talkshows
Wir Frauen dürfen inzwischen zwar dabei sein, weil das sonst nicht
fortschrittlich genug aussieht. Nur: Wir Frauen dürfen dann eins auf keinen
Fall: von Frauen reden. (…) Die Mehrheit der Frauen hält sich an das
Schweigegebot. Stolz, bei den Jungs mitmischen zu dürfen, versuchen sie
vergessen zu machen, dass sie „nur“ eine Frau sind. Der Preis für die
Partizipation ist also nur allzu oft die Selbstverleugnung. (DGU 190)
Unmännliche Männer
Alle Männer, mit denen Frauen eine befriedigende Sexualität haben, sind im
positiven Sinne unmännlich. (DKU 184)
Vergewaltigung
Das Damoklesschwert der Vergewaltigung schwebt über jeder Frau. (…) Diese
Bedrohung raubt jeder Frau nicht nur die äußere Freiheit, sondern auch die
innere, im Büro wie im Bett – denn mit überwältigender Wahrscheinlichkeit
arbeitet, feiert oder lebt sie mit ihrem eigenen Vergewaltiger. (DGU 82)
Willy Brandt
Willy Brandt versagte es sich 1974 nicht, bei der entscheidenden Abstimmung
zur Reform des Abtreibungsparagrafen demonstrativ den Saal zu verlassen.
Begründung „Ich als uneheliches Kind …“ Eine, die sich ganz besonders
darüber geärgert hat, war seine damalige Ehefrau Rut Brandt. Sie erzählte
mir 18 Jahre später, dass Willy sie in frühen Jahren zu einer Abtreibung
gezwungen habe. (DA 78)
X und Y-Chromosomen
Beseitigung der Geschlechterunterschiede: Das hieße, dass Menschen in
erster Linie Menschen wären und nur in zweiter biologisch weiblich oder
männlich. Frauen und Männern würde kein Rollenverhalten mehr aufgezwungen,
Männlichkeitswahn wäre so überflüssig wie der Weiblichkeitskomplex. (DKU
207)
Zentimetermaß
Der Penis: In schlaffem Zustand, so versichern die Experten, 8 bis 9
Zentimeter, im erigierten 6 bis 8 Zentimeter mehr. Und in diesem Zipfel
liegt das Mannstum? (DKU 178)
3 Dec 2012
## AUTOREN
Heide Oestreich
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Alice Schwarzer
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Roman
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Alice Schwarzer
Schwerpunkt Feministischer Kampftag
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