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# taz.de -- Solidarität mit dem „Missy Magazine“: Mission in Gefahr
> Das „Missy Magazine“ will ein Gegengewicht zu den Jungsheften auf dem
> Markt sein. Doch ihre Zukunft ist ungewiss, was auch an der eigenen
> Aufmachung liegt.
Bild: Das aktuelle „Missy“-Cover. Wird es auch eine Nachfolgerin geben?
Es geht nicht nur um Musik und Spaß, sondern auch und vor allem um die
Zukunft eines feministischen Popkultur-Magazins, wenn am kommenden
Donnerstag im Berliner Festsaal Kreuzberg Peaches, die Jolly Goods und
verschiedene DJanes auftreten. Der Erlös des Abends soll eine
Marketingkampagne finanzieren: für das Missy Magazine.
Vor mehr als vier Jahren haben die Journalistinnen Sonja Eismann, Chris
Köver und Stefanie Lohaus das Magazin gegründet. Die Missy, so der Nickname
der Publikation, sollte den auf dem Musikmagazinmarkt herrschenden
typischen Jungsheften wie Rolling Stone, Musikexpress, Spex oder Intro
etwas entgegensetzen. Erstens: Frauen haben auch Popsachverstand. Zweitens:
Frauen machen auch Pop. Mission geglückt – die Missy ist schon im fünften
Jahr.
Aber auch: Mission in Gefahr, denn der Abend in der Berliner Festung ist
als Solikonzert gelabelt. Heißt also, wenn ihr uns jetzt hängen lasst,
liebe Leute, und nicht so bald wie möglich abonniert, dann können wir euch
die nächsten Ausgaben nicht mehr garantieren.
Solidarität mit meiner Zeitung, das erinnert sofort an die taz und dann an
die Proteste und Demos, die vor zehn Jahren in München stattfanden, nachdem
der Süddeutsche Verlag das jetzt-Magazin eingestellt hatte.
## Keinen Verlag
Die Missy hingegen hat weder einen großen Verlag im Rücken noch eine
Genossenschaft. Seit ihrer Gründung 2008 besteht die Redaktion aus Frauen
und bekennt sich ganz lässig dazu, Männer zu diskriminieren, sowohl in der
Zusammenstellung der Redaktion als auch in der Themenwahl. Männer dürfen
mitlesen, aber nicht mitreden. Denn den Ton geben hier nur Frauen an.
2011 gab es ein Gipfeltreffen mit Alice Schwarzer. Quintessenz nach dem
Gespräch in der Emma-Redaktion: „Kein Bock auf Spaltung“ zwischen den
Generationen von Feministinnen.
Doch zu der könnte es bald unfreiwillig kommen, denn die fünf
Herausgeberinnen der Missy bangen um die Zukunft ihres Heftes, das übrigens
keine von ihnen ernähren kann. Möglich, dass die Zukunftsfähigkeit einer
feministischen Aufbereitung von Popkultur nicht ausschließlich eine Frage
des Inhalts, sondern auch der Form ist.
Wie gelangweilt, ja häufig beleidigt sich viele Frauen von den Diättipps,
Horoskopen und „So finden Sie den Traummann“-Seiten in Frauenzeitschriften
auch fühlen, das Magazin Season mit der Zielgruppe „erwachsene Frau“, das
sich „Nachhaltigkeit“ auf die Fahnen geschrieben hatte, musste bereits nach
vier Ausgaben den Magazin-Tod sterben.
## Mehr Visionen wünschenswert
Nun kommt die Missy rein formal wie ein „Intro Young Miss“ daher: Vorne
Popkleinkram, dann Stargeschichten, Fotostrecken und am Ende sehr viele
Kritiken über Neuerscheinungen. Und vielleicht erklärt das, warum das
Frauen-Popheft mit 15.000 aufgelegten Exemplaren startete und nach vier
Jahren erst bei circa 20.000 steht, trotz Lob und Anerkennung von allen
Seiten.
Der Musikmagazinmarkt ist eben nicht nur von einer männlichen, sondern auch
überalterten Leserschaft geprägt. Da wäre ein Format mit mehr Visionen –
nicht nur inhaltlich, sondern auch in der Form – wünschenswert.
Zuzutrauen ist es ihnen, den Missy-Frauen, wenn man sich anschaut, wie klar
sie Form und Inhalt an anderen Stellen trennen können. Kürzlich
veröffentlichten sie einen offenen Brief an den Verein ProQuote.
Missy hinterfragte die Beförderung der Journalistin Sabine Rückert in die
Chefredaktion der Zeit: „Eine Journalistin also, die sich während ihrer
gesamten Karriere nur mit antifeministischen Positionen profilierte“,
schrieben sie und fragten die ProQuote-Unterstützerinnen: „Reicht euch das?
Gebt ihr euch damit zufrieden, einfach mehr Frauen in leitender Position in
den Redaktionen installiert zu sehen?“ Bislang gibt es keine Antwort von
ProQuote, sagt Sonja Eismann.
Über die Bedeutung der Missy auf dem Magazinmarkt sagt die Herausgeberin:
„Ein Heft wie Missy wird wegen seiner Inhalte und politischen Anliegen eben
nie ein Renditeobjekt sein, sondern immer, so kitschig das auch klingt,
eine Herzensangelegenheit.“
26 Nov 2012
## AUTOREN
Barbara Streidl
## TAGS
Missy Magazine
Schwerpunkt Zeitungskrise
Feminismus
Medien
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Musik
Alice Schwarzer
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