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# taz.de -- Telefonüberwachung in Bahrain: Spitzeln mit deutscher Hilfe
> Die Münchner Firma Trovicor soll bei der Mobilfunk-Überwachung in Bahrain
> mitgewirkt haben. Aktivisten erheben Beschwerde bei der deutschen
> OECD-Kontaktstelle.
Bild: Unter Beobachtung: Bahrains Opposition, hier bei einer Demonstration am 3…
BERLIN taz | „Die Welt zu einem sicheren Platz machen“ – Menschenrechtler
finden diesen Slogan der Firma Trovicor aus München zynisch. Immerhin hilft
die Firma ihrer Meinung nach mit Technologie zur Überwachung von
Telekommunikation den Sicherheitsbehörden des arabischen Staates Bahrain
bei der Unterdrückung der Bevölkerung.
In ihrer Beschwerde beim Bundeswirtschaftsministerium sieht die Berliner
Juristin Miriam Saage-Maaß „eine klare Verbindung zwischen der
systematischen und flächendeckenden Überwachung von Telekommunikation und
der willkürlichen Festnahme und Folter von Dissidenten durch die
bahrainische Regierung“. Saage-Maaß arbeitet bei der
Menschenrechtsorganisation ECCHR. Hinter der Beschwerde stehen außerdem
Organisationen aus Bahrain und Reporter ohne Grenzen.
Um die Vorwürfe zu illustrieren, wird der Fall des Regierungskritikers Abd
al-Ghani al-Khanjar geschildert. Er soll im August 2010 in seiner Wohnung
in Bahrain festgenommen worden sein. Wochenlang habe man ihn dann im
Innenministerium erniedrigt und geschlagen. Laut Juristin Saage-Maaß
hielten die Vernehmer al-Khanjar Transskripte seiner SMS-Kommunikation vor,
die sie wahrscheinlich unter Mitwirkung Trovicors erhalten hätten.
## Trovicor sagt wenig
Das Münchner Unternehmen teilt auf Anfrage mit: „Trovicor hält sich strikt
an alle internationalen Gesetze – in Deutschland, in der Europäischen
Gemeinschaft und in anderen Ländern – und betreibt keine Geschäfte mit
Ländern, die unter Embargos stehen.“ Zu den konkreten Vorwürfen sagt
Trovicor nichts. Grundsätzlich äußere man sich nicht zu einzelnen Kunden
und Staaten.
Die Sicherheitsbehörden der Insel Bahrain, einer konstitutionellen
Monarchie bei Katar im Persischen Golf, versuchen seit Jahren, die
Reformbewegung des Arabischen Frühlings niederzuschlagen. Vor diesem
Hintergrund beschwerten die Menschenrechtsaktivisten sich jetzt auf der
Basis der Leitsätze der Organisation für Wirtschaftliche Kooperation und
Entwicklung (OECD). Diese verpflichten international tätige Unternehmen,
sich nicht an Verletzungen von Menschenrechten zu beteiligen.
Die deutsche OECD-Kontaktstelle, die solche Fälle überprüft, sitzt im
Bundeswirtschaftsministerium. „Die Trovicor GmbH vertreibt und wartet die
Überwachungstechnologien, die von der bahrainischen Regierung eingesetzt
werden“, heißt es in der Beschwerde. Mit dieser ließen sich auch Telefone,
Mobiltelefone, SMS und Internet kontrollieren und Personen ausfindig
machen, die der Sicherheitsapparat des Königs von Bahrain für gefährlich
halte. Die Beschwerdeführer nehmen an, dass Trovicor noch heute die
entsprechende Hard- und Software in Bahrain pflegt und erneuert.
## Keine eindeutigen Beweise
Eindeutig beweisen können sie diese Anschuldigungen nicht. Da die Firma
keine entsprechenden Informationen liefere, sind die Aktivisten darauf
angewiesen, Indizien zusammenzusetzen. Ein Hinweis, der die Beteiligung
Trovicors nahelege, bestehe darin, dass die Firma 2009 die
Geschäftskontakte in Bahrain von der Nokia Siemens Networks AG übernommen
und mindestens bis 2011 fortgeführt habe.
Wenn sie die Beschwerde für relevant hält, kann die deutsche Kontaktstelle
nun ein Vermittlungsverfahren in Gang setzen. Beide Seiten müssen dann
Stellung nehmen. Selbst wenn die Kontaktstelle zu dem Ergebnis käme, dass
Trovicor gegen Menschenrechte verstieße, hätte dies zwar keine rechtlich
bindende Konsequenz. Allerdings: Die Logik der Leitsätze besteht darin,
mittels öffentlicher Aufmerksamkeit Verhaltensänderungen bei Unternehmen zu
veranlassen.
4 Feb 2013
## AUTOREN
Hannes Koch
## TAGS
Bahrain
Telefonüberwachung
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