# taz.de -- Oppositionsführer aus Bahrain zu Wahlen: „Ein Ornament der Macht… | |
> Vor zwei Jahren begannen die Proteste in Bahrain. Der schiitische | |
> Politiker Scheich Ali Salman kritisiert die fehlende westliche | |
> Unterstützung für die Opposition. | |
Bild: „Nicht umkehren“: Protest in Bahrain. | |
taz: Herr Salman, Deutschland ist dabei, einige Rüstungsgeschäfte mit | |
Saudi-Arabien abzuschließen. Es geht, neben anderen Waffen, auch um mehr | |
als 200 der neuesten „Leopard“-Panzermodelle. Aus Sicht der deutschen | |
Regierung ist das Land ein Stabilitätsanker in der Region. Wie sehen Sie | |
Saudi-Arabien? | |
Scheich Ali Salman: Staaten brauchen Waffen, wir sind nicht prinzipiell | |
dagegen. Die richtige Langzeitpolitik besteht allerdings darin, nicht nur | |
zu Regierungen gute Beziehungen aufzubauen, sondern auch zu Bevölkerungen. | |
Waffen sollten nicht gegen Zivilisten gerichtet werden können. Eine | |
entsprechende Klausel gehört in den Vertrag. | |
Welche Rolle spielt Saudi-Arabien in Bahrain? | |
Sie schicken Soldaten zu uns. Seit dem Beginn unserer Revolution – und sie | |
tun das immer noch. Sie geben unserer Regierung militärische, finanzielle, | |
politische Unterstützung. Ich sage der saudischen Regierung immer wieder: | |
Seid Teil der Lösung, statt Teil des Problems zu sein. Reformen sind gut | |
für Bahrain. Aber sie wären auch gut für Saudi-Arabien. Wir könnten | |
beispielgebend für die Region sein. Jeder könnte die Erfahrungen des | |
anderen teilen, und das würde die Entwicklung unserer Länder beflügeln. | |
Sollten unsere Regierungen jedoch an einer Politik festhalten, in der alles | |
im gleichen Fahrwasser weitergeht, dann zeichnet sich irgendwann auch in | |
der Golfregion das tunesische, das ägyptische, das libysche oder das | |
syrische Beispiel am Horizont ab. Der Konflikt wird sich zu einem Kampf | |
ausweiten; am Ende werden die Herrscherfamilien gehen müssen. Und das wäre | |
vielleicht nicht einmal gut. Warum sollte es erst so weit kommen? Es ließe | |
sich verhindern, wenn man demokratische Veränderungen rechtzeitig im | |
Inneren der Systeme anginge, hin zu echten konstitutionellen Monarchien. | |
Für 2014 sind Wahlen in Bahrain angesetzt. Wird sich die al-Wefaq als | |
größte Gruppierung der Opposition daran beteiligen? | |
Nein, das wären Wahlen unter einem Zwangssystem wie im Irak unter Saddam | |
Hussein, wie in Syrien unter Baschar al-Assad, Wahlen wie in Ägypten unter | |
Husni Mubarak – Scheinwahlen. Wir werden so etwas boykottieren. Ich bin für | |
die al-Wefaq 2006 ins Parlament gewählt worden. Wir hatten die Mehrheit. | |
Dennoch konnten wir nicht ein einziges Gesetz ändern, weil die Hand König | |
Hamads überall ist. Wahlen sind in Bahrain nichts als ein Dekor, ein | |
Ornament der Macht. Sie ändern nichts Entscheidendes. Und wir sagen den | |
Leuten: Beteiligt euch nicht an diesem falschen Spiel. | |
Bahrain beherbergt das Hauptquartier der 5. US-Flotte, die vor allem die | |
Tankerroute durch die Straße von Hormus bewacht. Die Monarchen in den | |
Golfstaaten sind für den Westen wichtige Partner. Werden politische | |
Reformen in Bahrain dadurch blockiert, dass Großmächte am Status quo nichts | |
ändern möchten? | |
Nicht blockiert. Aber es gibt auch keine Unterstützung dafür, dass wir | |
Bahrainer uns zu Demokraten entwickeln. Wir haben es satt, zu hören: Wir | |
ermutigen beide Seiten zusammenzukommen, einen Dialog zu beginnen, sich | |
zusammenzusetzen, eine speziell „bahrainische“ Lösung anzustreben … immer | |
wieder: ermutigen, zusammensetzen … Der Westen sollte lieber eine klare | |
Botschaft aussenden: Wir unterstützen eure Regierung. | |
Aber wir unterstützen auch eure Bevölkerung. Und das Verlangen nach | |
Demokratie ist etwas Gutes und Richtiges. Es ist das Mindeste, dass die | |
Menschen heutzutage ihre eigenen Volksvertreter wählen dürfen. Mehr fordern | |
wir nicht. Wenn ihr im Westen es im Fall Tunesien und Ägyptens gutheißt, | |
wieso dann nicht bei uns am Golf? Aber wir hören aus dem Westen keine | |
solche Botschaft. | |
14 Feb 2013 | |
## AUTOREN | |
Marc Thörner | |
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