# taz.de -- Cannabis in den USA: Das grüne Gold | |
> Kiffer freut's, die Wirtschaft horcht auf, Al Capones Nachfolger ärgern | |
> sich: In den USA entsteht ein neuer Markt. Das Geschäft mit dem Gras | |
> blüht. | |
Bild: Land of the free: In Washington und Colorado dürfen alle kiffen. | |
„Ich brauchte einen Job, wenn ich mich nicht nur von Bohnen und Käse | |
ernähren wollte. (...) Eine Kollegin schlug mir eine Stelle in einem | |
Coffee-Shop vor. (...) Als ich das erste Mal in diesem Shop stand, war die | |
Luft überfüllt mit Grasduft. Ich musste nur tief einatmen, schon fühlte ich | |
mich high. Um mich herum, riesige gefüllte Tüten mit Gras. So was kannte | |
ich bisher nur aus Polizeivideos von Drogenbeschlagnahmungen. Aber es war | |
real, ich war mittendrin.“ Shari Albert arbeitete als Verkäuferin in einem | |
Coffee-Shop in Philadelphia. Sie schrieb in [1][ihrem Blog] über die | |
Erfahrungen, die sie dabei machte. | |
Venice Beach, Kalifornien. Läuft man hier dem Strand entlang, sieht man | |
viel nackte Haut, den weiten Strand und das offene Meer, so das Bild, das | |
uns US-TV-Serien wie Californication oder Baywatch vermitteln. Mittlerweile | |
findet man dort Shops mit verdächtigen Namen wie „Green House Smoke Shop“ | |
oder „Smokin Heaven“. Viele fragen sich in dem Moment wohl: „Little | |
Amsterdam“ in Kalifornien? Nicht ganz. | |
Die Coffee-Shops in den USA dienen der Abgabe von Cannabis-Produkten zu | |
medizinischen Zwecken. Wo bei niederländischen Coffee-Shops die Legalität | |
im Hinterhof aufhört, ist in den USA der ganze Prozess vom Anbau bis zum | |
Verkauf auf legalem Weg möglich. Die Zeiten sind vorbei, in denen | |
Patienten, die Cannabis zur Therapie nutzen, in Hinterhöfen und Parks ihre | |
Ware von Dealern kaufen mussten. In einen Shop, wirkt alles sehr sauber und | |
gut organisiert, wie das Beispiel eines [2][Coffee-Shops in Glendale] | |
zeigt. Der Käufer wird professionell beraten und läuft mit einem guten | |
Gefühl und guter Ware aus dem Shop. | |
## Politische Situation | |
Patienten können in mittlerweile 18 US-Staaten ihre Medizin selbst anbauen | |
oder in Coffee-Shops einkaufen. In Washington und Colorado dürfen alle | |
Kiffen. Die heute sehr fortschrittliche Drogenpolitik in einzelnen | |
Bundestaaten verdankt ihren Erfolg zu einem großen Teil nationalen | |
Organisationen wie [3][NORML] (National Organization for the Reform of | |
Marijuana Laws) oder [4][MPP] (Marijuana Policy Project). | |
Diese haben viel dazu beigetragen, dass Petitionen für individuelle, | |
staatliche Marihuana-Gesetze erfolgreich waren. Nach dem US-Bundesrecht ist | |
die Droge allerdings weiterhin illegal. Die Obama-Regierung hält an der | |
1937 ins Leben gerufenen [5][Prohibition] fest. | |
Derzeit liegt der Umsatz der medizinischen Marihuana-Industrie in den USA | |
bei schätzungsweise 1,5 bis 2,5 Milliarden Dollar, [6][vermeldet NORML]. | |
Nach einem [7][Bericht des Finanzdepartement des Staates Washington] über | |
die steuerlichen Auswirkungen der Marihuana-Legalisierung könnte ein voll | |
funktionsfähiger Marihuana-Markt sogar bis zu 50 Milliarden Dollar mehr | |
Umsatz bringen. | |
## Wirtschaftliche Sicht | |
Eine wirkliche Kontrolle, also Verbraucher- und Jugendschutz, kann es aber | |
nur auf einem legalen Markt geben. Mit der Legalisierung mischt nun auch | |
die freie Marktwirtschaft mit und bietet dem mafiös kontrollierten | |
Cannabis-Markt die Stirn. Das beeinflusst auch auf den mexikanischen | |
Schmuggelmarkt. | |
Funktioniert der legale Cannabis-Markt, haben die mexikanischen Al Capones | |
bald ausgedient, wie das [8][mexikanische Institut für | |
Wettbewerbsfähigkeit] (IMCO) berichtet. Die bessere Qualität und die | |
legalen Möglichkeiten des Kaufs, sprechen für die amerikanische Ware. | |
Bisher stammen 40 bis 70 Prozent des in den USA konsumierten Marihuana aus | |
Mexiko. Mit einem jährlichen Umsatz von 2 Milliarden Dollar ist Marihuana | |
nach Kokain (2,4 Milliarden Dollar Umsatz), die zweitgrößte Einnahmequelle | |
der Drogenkartelle. | |
## Ausnahmegenehmigung vom Arzt | |
Dr. Franjo Grotenhermen vom [9][Nova Institut] in Hürth, einem | |
Forschungszentrum für nachwachsende Rohstoffe, wünscht sich auch in | |
Deutschland eine liberalere Drogenpolitik: „Ärzte sollen entscheiden“. | |
Bedürftige Patienten sollen mit der Unterstützung ihres Arztes eine | |
Ausnahmegenehmigung bekommen, die es ihnen erlaubt, Cannabis-Medikamente | |
einzunehmen, fordert Grotenhermen. | |
In einem [10][offenen Brief an Bundeskanzlerin Merkel] hinterfragte er die | |
ablehnende Haltung der Bundesregierung: „Ein möglicher Nutzen des | |
Cannabisverbots, der auf der Hoffnung beziehungsweise Behauptung beruht, | |
damit das Ausmaß des Konsums, insbesondere bei Jugendlichen, zu reduzieren, | |
ist jedoch nicht bewiesen. Im Gegenteil, die in den vergangenen Jahren zu | |
diesem Thema durchgeführten wissenschaftlichen Studien sind sämtlich zu dem | |
Ergebnis gelangt, dass die Prohibition, also das Cannabisverbot, wenn | |
überhaupt nur einen geringen Einfluss auf die Zahl der Konsumenten und die | |
Intensität des Konsums hat.“ | |
## Klare Reglementierungen sind notwendig | |
Für den Erfolg dieser liberalen Drogenpolitik, nach dem Beispiel der | |
US-Bundesstaaten Washington und Colorado, muss die Marktwirtschaft für | |
psychoaktive Substanzen allerdings reglementiert sein. Wichtig sind ein | |
striktes Werbeverbot und Alterskontrollen (wie teilweise schon bei Alkohol | |
und Tabak). | |
Dass in Deutschland eine der ältesten Heilpflanzen der Menschheit nach wie | |
vor verboten ist, und Patienten gezwungen werden teure, halb-synthetische | |
Wirkstoffe zu kaufen, darf hinterfragt werden. Zeigt die in einigen | |
US-Staaten liberal geführte Drogenpolitik ihre Wirkung, sollte dieses Thema | |
auch hierzulande wieder unter die Lupe genommen werden. | |
24 Mar 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://thehairpin.com/2012/12/my-job-working-at-a-marijuana-dispensary | |
[2] http://www.abc15.com/dpp/news/region_west_valley/glendale/arizonas-first-me… | |
[3] http://norml.org/ | |
[4] http://www.mpp.org/ | |
[5] http://en.wikipedia.org/wiki/Marihuana_Tax_Act_of_1937 | |
[6] http://www.canorml.org/background/CA_legalization.html | |
[7] http://www.ofm.wa.gov/initiatives/2012/502_fiscal_impact.pdf | |
[8] http://imco.org.mx/es/temas/estado_de_derecho_y_seguridad/posible_impacto_d… | |
[9] http://www.nova-institut.de/bio/ | |
[10] http://www.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/139_dezember/s30_1211_… | |
## AUTOREN | |
Lukas Abegg | |
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