# taz.de -- Protestbewegung in Spanien: Der Katalysator der Empörung | |
> Die sogenannte Bewegung der Empörten hat in zwei Jahren an | |
> Mobilisierungsfähigkeit verloren – aber andere Protestbewegungen in | |
> Spanien befruchtet. | |
Bild: Immer noch empört: Demo im Zentrum Madrids am Sonntag. | |
MADRID taz | Spaniens Empörte feiern [1][Geburtstag]. Am 15. Mai wird die | |
Bewegung 15M zwei Jahre alt. Überall in Spanien finden dieser Tage | |
Protestaktionen und Versammlungen zu politischen und wirtschaftlichen | |
Themen statt. Bereits am Sonntag zogen Zehntausende auf Madrids zentralen | |
Platz Puerta del Sol, wo vor zwei Jahren das Protestcamp war. | |
„Ja, man kann!“, war das am meisten gerufene Motto. Die Demonstrierenden | |
forderten ein Ende der Sparpolitik, eine Lösung für die dringenden sozialen | |
Probleme wie Arbeitslosigkeit und Zwangsräumungen von zahlungsunfähigen | |
Wohnungsinhabern. Für Juni sind gemeinsame Aktionen mit dem ebenfalls | |
krisengeschüttelten Nachbarland Portugal geplant. | |
„Der Geist der Empörtenbewegung 15M hat weite Teile der Bevölkerung | |
erfasst“, sagt Fabio Gándara. Der 28-Jährige ist einer der „Väter“ der | |
Bewegung. 2011 rief er zusammen mit einer kleinen Gruppe in den sozialen | |
Netzwerken im Internet zum Protest. „Echte Demokratie jetzt!“, nannten sich | |
die Aktivisten. „Wir standen mit unserem Transparent eine halbe Stunde | |
zuvor am Versammlungsort und wussten nicht, ob es was wird“, erinnert er | |
sich. | |
Es wurde ein Erfolg. Mehr als 40.000 demonstrierten damals in Madrid, | |
130.000 landesweit. Dutzende Protestcamps entstanden, bis die Bewegung 15M, | |
die sich nach dem damaligen 15. Mai benannte, Stadtteilversammlungen ins | |
Leben rief. | |
Diese prägten die Mobilisierung vom Sonntag. Aus allen Himmelsrichtungen | |
kamen Demozüge in das Zentrum Madrids. Sie mischten sich mit Menschen in | |
weißer Kleidung aus dem Gesundheitswesen, die gegen die Sparpolitik und | |
Privatisierung mobil machten, und mit anderen in grünen Shirts, die das | |
öffentliche Schulwesen verteidigen. | |
## 400.000 Familien zwangsgeräumt | |
Am lautstärksten waren die Gruppen gegen die Zwangsräumungen | |
zahlungsunfähiger Wohnungsbesitzer. 400.000 Familien wurden seit Beginn der | |
Krise zwangsgeräumt. Die Betroffenen fordern ein Schuldenerlass, sobald die | |
Wohnung von der Bank beschlagnahmt wird. „Sí se puede!“ – „Ja, man kan… | |
ist ihr Motto, geliehen von der Bürgerrechtsbewegung der Hispanos in den | |
USA. In Barcelona besetzten am Ende der dortigen Demonstration | |
zwangsgeräumte Familien einen leerstehenden Wohnblock. | |
Die Demonstration war jetzt kleiner als als in den vergangenen zwei Jahren. | |
„Doch die Zahl der Bewegungen und Proteste hat deutlich zugenommen, seit es | |
den 15M gibt“, sagt Gándara. Allein in den letzten Tagen gab es Aktionen | |
vor Filialen der bankrotten Bank Bankia, einen landesweiten Generalstreik | |
im Bildungswesen und eine selbstorganisierte Volksabstimmung in Madrid | |
gegen die Privatisierung im Gesundheitswesen. Von den eine Million | |
Teilnehmenden sprachen sich 99 Prozent gegen die Politik der Konservativen | |
aus. | |
„15M hat mehr kritisches Bewusstsein in der Bevölkerung erzeugt“, ist sich | |
Gándara sicher. Und vor allem hätten die Bewegungen ihre Art, sich zu | |
organisieren, verändert. Horizontal und kollektiv sind die Schlagworte, die | |
im Gespräch mit Gándara immer wieder fallen. Doch mahnt er auch: „Wir | |
können beim Prozess hin zu einem gesellschaftlichen Wandel nicht nur auf | |
Bürgerversammlungen auf der Straße und auf punktuelle Proteste setzen.“ Die | |
Protestbewegungen müssten stabilere Organisationsformen finden. | |
14 May 2013 | |
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[1] http://blog.reiner-wandler.de/2013/05/12/razones12m-zuruck-auf-sol/ | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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