# taz.de -- Schokohersteller reduziert Bioanbau: Weniger Bio bei Ritter Sport | |
> Die Schokoladenfirma stellt den Ökoanbau von Kakao in Nicaragua | |
> größtenteils wieder auf eine konventionelle Produktion um. Sie begründet | |
> das mit geringen Verkäufen. | |
Bild: Bio-Schokolade wird es bei Ritter Sport künftig weniger geben | |
BERLIN taz | Die Schokoladenfirma Ritter Sport gibt einen großen Teil ihres | |
Anbaus von Biokakao in Nicaragua auf. Das Familienunternehmen begründet | |
dies mit dem geringen Erfolg seiner fünf Öko-Sorten. Man werde die | |
Produktion in Nicaragua mit weniger strengen Kriterien fortführen, sagte | |
Ritter-Sprecher Thomas Seeger. | |
Ritter, einer der größten Schokoladenverkäufer Deutschlands, vertreibt | |
Biotafeln seit 2008. Der Kakao kommt unter anderem aus Peru, Ecuador und | |
von Kleinbauernkooperativen aus Nicaragua. Demnächst soll ein Großteil des | |
Kakaos aus Mittelamerika nicht mehr mit dem Bio-, sondern mit dem | |
UTZ-Zertifikat versehen sein. | |
Diese Amsterdamer Organisation gestattet beispielsweise den Gebrauch von | |
Kunstdünger und Pestiziden, was bei Bio nicht erlaubt ist. UTZ setzt sich | |
dennoch für „nachhaltige“ Landwirtschaft ein. Wegen der vergleichsweise | |
laxen Kriterien sprechen Kritiker aber von „Greenwashing“. | |
Ritter Sport führt die Kehrtwende auf den geringen Erfolg seiner Bio-Linie | |
zurück, die man trotzdem beibehalten will. Im Vergleich zu den normalen | |
Tafeln bewege sich der Umsatz der Bioschokolade im niedrigen einstelligen | |
Bereich, so Sprecher Seeger. | |
Einen Gewinn erwirtschafte das Unternehmen damit nicht. Kai Kreuzer vom | |
Fachdienst bio-markt.info macht für den Misserfolg auch die mangelnde | |
Ritter-Werbung für die Ökoprodukte verantwortlich. | |
## Doppelt so teuer | |
Insgesamt wächst das Biosegment bei Lebensmitteln. Viele große Ketten des | |
Lebensmittelhandels verkaufen die Ritter-Bioschokolade aber nicht, weil sie | |
mit beispielsweise 1,70 Euro pro 100-Gramm-Tafel doppelt so teuer ist wie | |
die konventionelle Ware derselben Marke. Gleichzeitig verzichten Bioketten | |
ebenfalls auf Ritter Sport, weil das Unternehmen überwiegend konventionelle | |
Massenware vertreibt. | |
Um aus der Zwickmühle herauszukommen, wolle das Unternehmen bald „auf ein | |
potenziell aussichtsreicheres Nachhaltigkeitssystem umsteigen“, sagt | |
Ritter-Sprecher Seeger. Davon verspreche man sich, künftig größere Mengen | |
zu verkaufen als mit Bio. | |
Jan Urhahn vom entwicklungspolitischen Netzwerk Inkota kritisiert Ritter: | |
„Die Bäuerinnen und Bauern vor Ort sind momentan beunruhigt und wissen | |
nicht, ob Ritter die Kooperation mit ihnen, und wenn ja, unter welchen | |
Bedingungen, fortführen wird.“ | |
## Gleiche Preis wier bisher | |
Demgegenüber erklärt Firmensprecher Seeger, die Produzenten sollten weiter | |
liefern und würden denselben Preis erhalten wie bisher. Dieser liege mit | |
rund 4.000 US-Dollar (etwa 3.077 Euro) pro Tonne Kakao um 900 Dollar über | |
dem Weltmarktpreis. | |
Östlich der nicaraguanischen Hauptstadt Managua hat die Firma kürzlich ein | |
rund 2.000 Hektar großes Gelände gekauft, was etwa der Größe von 300 | |
Fußballfeldern entspricht. Dort soll eine Plantage mit bis zu 1,5 Millionen | |
Kakaobäumen entstehen, mit der die Firma einen Teil ihres Bedarfs selbst | |
decken will. | |
Jan Urhahn von der entwicklungspolitischen Organisation Inkota hält dieses | |
Geschäft für problematisch. Ritter laufe damit Gefahr, der einheimischen | |
Bevölkerung Land zu entziehen, das diese zum Überleben brauche. | |
Ritter-Sprecher Seeger sagt, das Land liege brach. | |
3 Jun 2013 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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