# taz.de -- Klimaverhandlungen in Bonn: Gerechtigkeit gesucht | |
> Es gibt Streit um Kosten der Emissionsschäden. Die Bonner Verhandler | |
> ringen um Fairness, aber es gibt weiterhin Blockierer – und einige gute | |
> Nachrichten. | |
Bild: Satellitenfoto des Ozonlochs über dem Norpol im Winter 1999/2000 | |
BONN taz | Die beste Nachricht bei den Klimaverhandlungen in Bonn kam aus | |
Palm Springs in Kalifornien. Zur Halbzeit der Konferenz hatten die | |
Präsidenten der USA und Chinas, Barack Obama und Xi Jinping, dort erklärt, | |
die Produktion der HFC-Klimakillergase werde bis 2050 auslaufen. Das soll | |
die Atmosphäre um so viel Treibhausgase entlasten, wie sonst in zwei Jahren | |
anfallen. Die zweitbeste Neuigkeit kam aus Bremerhaven: Forscher des | |
Alfred-Wegener-Instituts haben gemessen, dass sich das Ozonloch über der | |
Antarktis langsam schließt. | |
Beides hat mit der Klimakonvention wenig zu tun, trotzdem brachte es | |
hoffnungsvolle Spekulationen über eine mögliche Kooperation der Supermächte | |
beim Klimaschutz. Allerdings gab es auf der Bonner Konferenz nur kleine | |
Fortschritte bei technischen Details – aber weiterhin Blockaden, die den | |
„großen“ Klimagipfel in Warschau im November bedrohen. Dort soll der Weg zu | |
einem internationalen Klimaabkommen 2015 in Paris geebnet werden. Der Kampf | |
um diesen Vertrag hat nun ernsthaft begonnen. Und im Zentrum der Debatte | |
steht ein wichtiger, aber schwer fassbarer Begriff: Gerechtigkeit. | |
Im UN-Jargon heißt das „Equity“ und soll zwischen den Staaten Ansprüche u… | |
Pflichten ordnen, die sich aus dem Klimawandel ergeben: Armut, | |
Entwicklungshilfe, Finanzhilfen und Schadenersatz. Welche Industriestaaten | |
haben wie viel Schaden angerichtet und müssen an wen wie viel zahlen? Nach | |
welchen Kriterien soll eine global gerechte Verteilung von Emissionsrechten | |
stattfinden? Weil es ohne Einigung dabei keinen Deal geben wird, legte das | |
Netzwerk der Umweltgruppen CAN in Bonn dazu einen Vorschlag vor. | |
Für die meisten Verhandler ist klar: Anders als 2009 für Kopenhagen | |
geplant, wird es 2015 kein rechtlich bindendes Abkommen geben, das den | |
einzelnen Ländern ab 2020 konkrete Reduktionsziele vorschreibt. Zu groß | |
sind die Widerstände. Anstelle eines starren Vertrags könnte ein System des | |
„Pledge and Review“ treten: Klimaschutzmaßnahmen also „vorlegen und | |
überprüfen“: Jedes einzelne Land präsentiert seine Klimaziele und lässt | |
sich Fortschritt oder Rückschritt öffentlich bescheinigen. Das Problem | |
dabei: Ohne Sanktionen würde das System völlig unverbindlich. | |
Deshalb schlägt CAN seinen „Gerechtigkeits-Bezugsrahmen“ vor: Eine | |
unabhängige Expertenkommission soll Kriterien festlegen, nach denen die | |
Anstrengungen zum Klimaschutz gewichtet werden: Nach Pro-Kopf-Einkommen, | |
Verwundbarkeit gegenüber dem Klimawandel oder den Emissionen in der | |
Vergangenheit soll beurteilt werden, ob Länder genug für eine gerechte | |
Verteilung der Lasten im Klimaschutz tun. | |
## Gegen „zahnlose“ Prüfung | |
In Bonn gab es dafür schon einmal Beifall von den armen Ländern. Südafrika, | |
Kenia und Gambia unterstützten für die am wenigsten entwickelten Staaten | |
den Vorschlag. Auch aus Europa kommt die Forderung, eine Überprüfung der | |
Klimaziele in einem neuen Abkommen dürfe nicht „zahnlos“ sein. Eine | |
allgemein anerkannte Messlatte für Gerechtigkeit sei aber schwer zu finden, | |
sagte ein Delegationsleiter. Eher könne ein offener Dialog mit | |
Umweltgruppen und Forschungsinstituten klären, ob die Länder jeweils ihren | |
gerechten Anteil an der Erreichung des Zwei-Grad-Ziels erbringen. „Der | |
globale öffentliche Druck wird stark werden“, so die Hoffnung. | |
Den ganz vorsichtigen Optimismus hatte während der Konferenz auch die | |
Internationale Energieagentur IEA befeuert: Sie präsentierte Zahlen, nach | |
denen die Emissionen der USA sinken und auch China Fortschritte macht – und | |
machte Vorschläge, wie schnelle CO2-Reduktionen „ohne neue Kosten“ machbar | |
seien: etwa durch bessere Energieeffizienz. | |
17 Jun 2013 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
## TAGS | |
Klimagipfel COP19 | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Emissionen | |
Klimagipfel COP19 | |
Klimagipfel COP19 | |
EU-Richtlinien | |
Klima | |
Krieg | |
Artenschutz | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
PIK | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
China | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Hawaii | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Hungerstreik auf dem Klimagipfel: „Yeb“ Saño bekommt Mitstreiter | |
Nichts mehr essen bis zur Einigung: Mehrere Delegierte schließen sich der | |
Aktion des philippinischen Verteters an. Im Klima-Risiko-Index liegt sein | |
Land auf Rang zwei. | |
19. UNO-Klimakonferenz in Warschau: Kumpel gegen Klimagipfel | |
In Polen wird über den Kampf gegen schädliche Treibhausgase beraten. | |
Parallel trifft sich die Kohlelobby und demonstrieren die Bergmänner. | |
Kommentar Energieeffizienz: Nein sagen ist keine Lösung | |
Wer die Staubsaugervorschrift der EU ablehnt, muss eine Alternativlösung | |
anbieten. Rein finanzielle Impulse reichen zum Energiesparen nicht aus. | |
Sommerwetter: Smog ade – doch kein prima Klima | |
Die Ozonbelastung ist trotz Hitzewetter in Deutschland nicht mehr so | |
bedrohlich. Doch insgesamt bleibt das Gas ein Problem. | |
Studie zu Klimawandel: Hitze und Gewalt | |
Wissenschaftler haben rund 60 Studien zu Klima und Gewalt ausgewertet und | |
kommen zu dem Schluss: Schlägt der Klimawandel zu, wird es gewalttätiger. | |
Zukunft der Antarktis: Vom Krill lernen | |
Eine Kommission debattiert über einen Schutz für das Rossmeer und die | |
Ostantarktis. Das ist nicht einfach – es fehlt an Wissen. | |
Wissenschaftler über 2-Grad-Klimaziel: Forscher, die auf Skalen starren | |
Als Klimaziel wurde 2010 eine durchschnittliche Erderwärmung um maximal | |
zwei Grad Celsius festgelegt. Eine Fixierung, die gefährlich sein könnte. | |
Präzisere Klimasimulation: Wir wissen, wann El Niño kommt | |
Das pazifische Klimaphänomen El Niño richtet in vielen Ländern große | |
Schäden an. Mit einer neuen Methode lässt sich „Der Kleine“ nun besser | |
voraussagen. | |
Weltbank-Bericht über Klimafolgen: „Schmerzhaft“ wird der Klimawandel | |
Dürre, Überschwemmungen, Stürme, zurückgehende Fischbestände: Die Liste der | |
Folgen des Klimawandels vor allem für die armen Länder ist lang. | |
Notbremse für die Umwelt: China will wieder atmen können | |
Das Land plant, seine Umweltverschmutzung einzudämmen. So soll der | |
CO2-Ausstoß binnen vier Jahren um 30 Prozent reduziert werden. | |
Klimawandel in der Arktis: Bedrohung für den Polarfuchs | |
Die Erderwärmung lässt das Eis an den Polkappen schmelzen. Dabei wird vor | |
allem am Nordpol zunehmend Quecksilber freigesetzt. | |
CO2-Konzentration auf Hawaii: Vor der Kipp-Grenze | |
Eine CO2-Konzentration von 400 ppm gilt als nächster Schritt zum | |
unumkehrbaren Klimawandel. Auf Hawaii wurden nun 399,72 ppm gemessen. | |
Klimarat schlägt Alarm: Revolution oder Katastrophe | |
Ein interner Bericht des Weltklimarats IPCC ist pessimistisch: Viele | |
Probleme sind technisch zu lösen, Geld ist auch genug da – allein der | |
politische Wille fehlt. | |
Kommentar Ozonloch: Die gute Nachricht | |
Leider darf man sich keine Illusionen machen. Die Herausforderung beim | |
Klimawandel ist eine ganz andere als bei der Verringerung der FCKW. | |
Trotzdem muss weiter verhandelt werden. |