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# taz.de -- Wissenschaftler über 2-Grad-Klimaziel: Forscher, die auf Skalen st…
> Als Klimaziel wurde 2010 eine durchschnittliche Erderwärmung um maximal
> zwei Grad Celsius festgelegt. Eine Fixierung, die gefährlich sein könnte.
Bild: Schön: Ein Eisberg im grönländischen Scoresby Sund
BERLIN taz | Angenommen, die Menschheit schafft es tatsächlich, die globale
Erwärmung einzudämmen, sind die Auswirkungen auf den Planeten viel
schlimmer als gedacht: Korallenriffe sterben ab, Äcker werfen weniger
Ertrag ab, Küstenstädte werden überflutet. Vor einem solchen Szenario
warnen drei Schweizer Forscher in der [1][aktuellen Ausgabe der
Fachzeitschrift Nature]. Damit rütteln sie an einem Paradigma der
internationalen Klimapolitik, dem sogenannten Zwei-Grad-Ziel.
Wenn sich der Planet nicht weiter erhitzt als zwei Grad über dem
durchschnittlichen Niveau vor der Industrialisierung, dann gilt die globale
Erwärmung als besiegt. Das ist derzeit der Leitsatz allen Klimaschutzes, so
wurde er von der Staatengemeinschaft auf dem Klimagipfel von Cancun 2010
akzeptiert.
Es wird nach dieser Lesart trotzdem zum Anstieg des Meeresspiegels, zu
extremeren Stürmen und Dürren kommen, auch werden viele Arten aussterben.
Was jedoch wahrscheinlich ausbleibt, ist ein gefährlicher Dominoeffekt, der
den Temperaturanstieg auch ohne menschlichen Einfluss weiter vorantreibt.
Damit das so bleibt, dürfen nach bisheriger Erkenntnis maximal noch drei
bis sechs Mal so viel Klimagase in die Atmosphäre geblasen werden wie in
den letzten zehn Jahren. Die Studie aus der Schweiz kommt zu dem Ergebnis,
dass damit das Zwei-Grad-Ziel erreichbar ist. Sollen aber andere potenziell
fatale Auswirkungen vermieden werden, dürfen es maximal noch doppelt so
viel Klimagase sein. „Man wiegt sich in falsche Sicherheit, wenn man nur
das Temperaturziel betrachtet“, sagt Marco Steinacher, einer der Autoren.
Eine Faustformel wie das Zwei-Grad-Ziel bereitet vielen Klimaforschern
ohnehin Bauchschmerzen. Schließlich ist ihre Wissenschaft eine, die
Wahrscheinlichkeiten dafür angibt, dass bestimmte Szenarien unter
bestimmten Voraussetzungen eintreffen. Die Erderwärmung kann glimpflicher
verlaufen, aber auch viel schlimmer als gedacht. Klimapolitik heißt also,
die Wahrscheinlichkeit zu senken, dass es richtig katastrophal wird.
## Sechs verschiedene Kriterien
„Dafür müssen wir mehrere Ziele definieren, nicht nur das Zwei-Grad-Ziel“,
sagt Steinacher. In seiner Gruppe sind es sechs derartige Ziele: Neben
einer maximalen Temperaturerhöhung etwa eine maximal Versauerungsgrenze der
Ozeane. Deren ph-Wert sinkt, wenn sich CO2 im Wasser löst. Das gefährdet
maritime Ökosysteme, Korallenriffe sterben und die Panzer von Schalentieren
zersetzen sich. Ein weiterer Wert gibt den maximalen Verlust von
fruchtbarem Ackerland an oder einen maximalen Anstieg des Meeresspiegels.
Was Steinacher wichtig ist: Es reicht nicht aus, den CO2-Ausstoß auf das
Level zu senken, das genügt, um das schwierigste aller Ziele zu erreichen.
Will man nicht nur einen Temperaturanstieg verhindern, sondern gleichzeitig
genug Ackerland bewahren oder eine Versauerung der Ozeane verhindern, dann
beeinflussen sich diese Ziele gegenseitig. Das sorgt dafür, dass der
CO2-Level noch niedriger sein muss als bislang gedacht. Steinachers Gruppe
hat mit 65.000 Simulationen getestet, wie die Erde auf mehr Klimagase
reagiert und wie diese wechselwirken.
Fazit: Das Risiko für katastrophale Schäden bei einer globalen Erwärmung
von zwei Grad ist wesentlich höher als bisher angenommen. Welche Schäden
dabei akzeptabel sind, darüber müssen sich andere Gedanken machen, sagt
Steinacher: „Was noch tragbar ist, darüber müssen sich Gesellschaft und
Politik verständigen. Der ständig steigende CO2-Ausstoß verringert aber den
Handlungsspielraum zunehmend.“
4 Jul 2013
## LINKS
[1] http://www.nature.com/nature/journal/vaop/ncurrent/full/nature12406.html
## AUTOREN
Ingo Arzt
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