# taz.de -- Klimawandel in der Arktis: Bedrohung für den Polarfuchs | |
> Die Erderwärmung lässt das Eis an den Polkappen schmelzen. Dabei wird vor | |
> allem am Nordpol zunehmend Quecksilber freigesetzt. | |
Bild: Den Umweltgiften ausgeliefert: der Polarfuchs | |
STOCKHOLM taz | Der Klimawandel ist Gift für die Tiere der Arktis. Für die | |
Polarfüchse gilt dies im wahrsten Sinne des Wortes. Sie werden durch die | |
Begleiterscheinungen des Klimawandels regelrecht kontaminiert: mit dem | |
hochgiftigen Schwermetall Quecksilber. Hohe Sterblichkeits- und geringe | |
Reproduktionsraten sind die Folge. | |
WissenschaftlerInnen deutscher, russischer und isländischer | |
Forschungsinstitute berichten nun von einem regional dramatischen Rückgang | |
im Bestand der Polarfüchse. In der Wissenschaftspublikation [1][Plos one] | |
machen sie hierfür die Nahrungsgrundlage dieser Tiere – Vögel, Nagetiere, | |
Kadaver – verantwortlich. Die Quecksilberbelastung der Polarfüchse sei | |
dabei entscheidend davon abhängig, ob sie überwiegend in küstennahen | |
Regionen oder im Landesinneren lebten. | |
Untersuchungen zeigten die höchsten Quecksilberkonzentrationen bei den in | |
Küstennähe oder auf Inseln heimischen Füchsen. Die Ursache: Ihre dortigen | |
Beutetiere ernähren sich vorwiegend aus dem Meer. Und in den arktischen | |
Meeresgewässern nimmt die Quecksilberbelastung stetig zu. | |
Alarm hatte deshalb schon vor zwei Jahren Amap, eine Arbeitsgruppe des | |
„Arktischen Rats“, geschlagen. Im Körpergewebe eines Fünftels der von | |
diesem Wissenschaftlerkonsortium untersuchten Robben, Eisbären, Wale und | |
anderen in der Arktis heimischen Arten waren damals kräftig erhöhte | |
Konzentrationen dieses Gifts gemessen worden. Dessen Quelle sind zwar auch | |
aktuelle Quecksilberemissionen – jährlich werden noch immer rund 2.000 | |
Tonnen in die Atmosphäre freigesetzt. Vor allem aber sind es Altlasten. | |
Aus den Schornsteinen der Kohlekraftwerke in Ländern der Nordhalbkugel | |
gelangten seit Beginn der Industrialisierung quecksilberhaltige Emissionen | |
über Niederschläge in die Nordpolarregion, wo sie sich teilweise im Eis und | |
in den Böden ablagerten. Mit den in der Arktis nun massiv steigenden | |
Temperaturen wird das Gift wieder frei. Die Folge: In den Körpern der | |
Tiere, die dort die Spitze der Nahrungskette bilden, stieg die | |
Quecksilberbelastung um das Zehnfache an. | |
## Steigendes Risiko für Menschen | |
Amap befürchtet mit zunehmender Erwärmung und Eisschmelze ein steigendes | |
Krankheitsrisiko für Menschen. Da Robben, Wale und viele Fischarten | |
traditionelle Nahrung der in der Arktisregion lebenden indigenen Völker | |
sind, sei auch deren Gesundheit gefährdet. Quecksilber schädigt die | |
Embryonalentwicklung sowie das Nerven- und Kreislaufsystem. | |
„Schlechte Pelzqualität, stumpfe Haare, Schuppung der Haut, kahle Stellen, | |
in einigen Fällen sind die Füchse fast völlig kahl“, lautet in dem in Plos | |
one veröffentlichten Rapport die Beschreibung von in Küstennähe oder auf | |
Inseln lebenden Polarfüchsen. Laut der „Internationalen Union für die | |
Bewahrung der Natur“ gehört der Polarfuchs zu den zehn am stärksten durch | |
den Klimawandel gefährdeten Tierarten. | |
Wolle man den Polarfuchs retten, sei es besser, „in die inländischen | |
Populationen zu investieren“, erklärte der Biologe Gábor Czirják vom | |
Berliner Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung. Die Bestände an | |
der Küste seien zu schwer von ihrer kontaminierten marinen | |
Nahrungsgrundlage zu trennen. | |
7 May 2013 | |
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[1] http://www.plosone.org/article/info:doi/10.1371/journal.pone.0060879 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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