| # taz.de -- Neuer Film von Gus Van Sant: Von vagen Versprechen | |
| > Erstaunliche Einblicke ins ländliche Amerika: In Gus Van Sants „Promised | |
| > Land“ luchst Matt Damon armen Farmern ihr Land zur Erdgasförderung ab. | |
| Bild: Ohne Hemmungen: Matt Damon als Angestellter einer Erdgas fördernden Firm… | |
| Das Englische hat es hier wieder einmal besser, was auch der Grund dafür | |
| sein dürfte, dass der Originaltitel von Gus Van Sants Film für die | |
| deutschen Kinos beibehalten wurde: Man hört dem „Promised Land“ mehr noch | |
| als dem „Gelobten Land“ an, dass es mit Versprechungen verbunden ist. | |
| Letztere können auch sehr vage sein, wie die, die Steve (Matt Damon) | |
| während der Arbeit so verteilt. Steve ist Angestellter einer Erdgas | |
| fördernden Firma; in ihrem Auftrag sichert er Bohrungsrechte auf den | |
| Feldern amerikanischer Farmer. „Sie könnten Millionär werden“, lautet ein… | |
| seiner Versprechen. Und er schaut dabei so, als glaube er selbst daran. | |
| Wer könnte solchen Aussichten widerstehen? Seine Gegenüber in der Regel | |
| nicht. Steve ist ein Meister seines Fachs; selbst sein Chef bewundert an | |
| ihm, dass er im Vergleich mit seinen Kollegen nicht nur die meisten | |
| Verträge abschließt, sondern die auch noch zu den niedrigsten Tarifen. In | |
| vollendeter Bescheidenheit gibt Steve das Geheimnis seines Erfolgs preis: | |
| Er sei selbst auf einer Farm aufgewachsen und habe miterlebt, was bei einer | |
| Wirtschaftskrise auf dem Land passiert. | |
| Das ist der Blickwinkel, aus dem „Promised Land“ die umstrittene Methode | |
| des „Fracking“ zunächst thematisiert: nicht als bekannten Umweltskandal, in | |
| dem sich ruchlose Kapitalisten einerseits und geschädigte Landbesitzer | |
| andererseits an die Gurgel gehen, sondern als verheißungsvolles Angebot, ja | |
| Rettungsanker für eine von der Krise gebeutelte Gegend. | |
| Denn so schön auch das Land mit seinen kleinen grünen Hügeln vor sich hin | |
| rollt, das Steve mit seiner Kollegin Sue (einer wunderbaren, aber | |
| unterbeschäftigten Francis McDormand) durchquert, man sieht den Häusern und | |
| Menschen die Unterfinanzierung ihres Lebens durchaus an. | |
| ## Farmer in Not | |
| Die besten Stellen des Films sind denn auch die, die Steve bei | |
| Verkaufsgesprächen zeigen. Zum einen, weil er sich selbst als so geschickt | |
| darin erweist – vom humorvollen Intro, wenn er das kleine Mädchen mit der | |
| Schaufel vorm Haus fragt, ob sie die Besitzerin sei, bis zum souveränen | |
| Spiel damit, überhaupt keinen Druck auszuüben, sondern nur zu bedenken zu | |
| geben, etwa wie es sich anfühlen würde, wenn der Nachbar seine Kinder | |
| demnächst auf teure Universitäten schickt. Zum anderen ist da die Reihe | |
| seiner Gegenüber, ältere und jüngere Farmer, konservative und alternative | |
| Figuren, mal in mehr, mal in weniger großer Not. | |
| Alle reagieren sie unterschiedlich auf das Angebot, aber in der Gesamtschau | |
| dieser Miniaturen gelingt Gus Van Sant (das Drehbuch haben die beiden | |
| Hauptdarsteller Matt Damon und John Krasinski nach einer Idee von Dave | |
| Eggers verfasst) hier ein schönes Mosaik amerikanischen Landlebens heute: | |
| ein „rural America“, das als Herkunft noch vielen Biografien eingeschrieben | |
| ist, als Mythos ein Herzstück amerikanischer Identität ausmacht, als | |
| gelebte Realität aber eine marginalisierte Minderheit betrifft, die wenig | |
| Zukunftsaussichten hat außer der, für immer weniger Geld immer mehr | |
| arbeiten zu müssen. | |
| Doch mit seinem Ökothema ist in „Promised Land“ ja noch ein weiteres | |
| Versprechen angelegt: das auf gewisse Thrillerelemente. Denn schließlich | |
| wissen wir, die Zuschauer, im Grunde genauso wie die Farmer, dass mit | |
| Steves Angeboten irgendwas nicht stimmt, es irgendwo einen Haken gibt. Erst | |
| nach einiger Zeit wird auch klar, worin er bestehen könnte. Ein geachteter | |
| alter Lehrer (Hal Holbrook) etwa hat gegoogelt und macht nun die Gemeinde | |
| auf die Gefahren des „Fracking“ aufmerksam. | |
| ## Vertrauensbildendes Trinken | |
| Dann kommt da noch ein junger Agitator mit dem absurden Namen Dustin Noble | |
| (John Krasinski) angefahren, zeigt Bilder von verseuchten Landstrichen und | |
| verendeten Rindern herum. In Steve erwacht der Rivalengeist in | |
| professioneller und persönlicher Hinsicht. Denn Dustin macht sich sowohl an | |
| seine Klientel als auch an Alice (Rosemarie DeWitt) heran, die interessante | |
| Frau, die Steve im Zuge vertrauensbildenden Trinkens in der Ortskneipe | |
| kennengelernt hat. | |
| In Hinsicht Umweltthriller allerdings sollte man von „Promised Land“ nicht | |
| zu viel erwarten: An einer Auseinandersetzung mit dem Für und Wider des | |
| „Fracking“ geschweige denn den damit verbundenen Ökothemen scheinen weder | |
| die Autoren noch der Regisseur sonderlich interessiert. Weshalb auch Steves | |
| persönlicher Weg der Läuterung nicht besonders spannend gerät. | |
| Trotzdem lohnt „Promised Land“ allein wegen seiner Einblicke ins | |
| provinzielle Amerika, für dessen prekäre Existenz der nie auf einen Nenner | |
| zu bringende Gus Van Sant (von „My private Idaho“ über „Elephant“ bis … | |
| Will Hunting“!) hier eine überraschende Affinität zeigt. | |
| ## „Promised Land“. Regie: Gus Van Sant. Mit Matt Damon, Frances McDormand. | |
| USA 2012, 107 Min. Kinostart: Donnerstag, 20 Juni 2013. | |
| 20 Jun 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Barbara Schweizerhof | |
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