# taz.de -- Gerangel um Edward Snowden: Ecuador kündigt Zollabkommen | |
> US-Politiker hatten Ecuador bei einer Aufnahme Edward Snowdens mit | |
> wirtschaftlichen Konsequenzen gedroht. Nun kam das Land ihnen zuvor und | |
> verzichtet auf Zollvergünstigungen. | |
Bild: Momentan Edward Snowdens Zuhause: Der Moskauer Flughafen. | |
QUITO/DAKAR/HONGKONG afp/ap | Vor dem Hintergrund der Affäre um den | |
früheren US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden hat Ecuador das | |
Zollabkommen mit den USA aufgekündigt. Ecuador verzichte „unilateral und | |
unwiderruflich auf Zollvergünstigungen“, hieß es in einer Erklärung, die | |
der ecuadorianische Informationsminister Fernando Alvarado am Donnerstag in | |
Quito verlas. Das Abkommen gewährte Ecuador, das Snowden Asyl gewähren | |
könnte, Zollerleichterungen als Gegenleistung für eine Zusammenarbeit bei | |
der Bekämpfung des Drogenhandels. | |
US-Präsident Barack Obama signalisierte hingegen am Donnerstag, sollte der | |
Snowden auf dem Luftweg vor seinen Verfolgern fliehen, würden die | |
Vereinigten Staaten seinen Flug wohl nicht militärisch abfangen. | |
„Ich werde keine Jets schicken, um einen 29 Jahre alten Hacker zu fassen“, | |
sagte Obama zum Auftakt seiner Afrika-Reise im Senegal – und setzte das | |
Alter des Informanten dabei wohl versehentlich um ein Jahr zu niedrig an. | |
Außerdem habe er persönlich bislang keinen Kontakt zu seinen russischen und | |
chinesischen Kollegen Wladimir Putin und Xi Jinping aufgenommen, weil die | |
Fahndung nach Snowden eine rein rechtliche Angelegenheit sei. | |
Spekulationen über Snowdens weithin erwartete Flucht nach Südamerika | |
erhielten derweil neue Nahrung durch ein brisantes Papier, das der in den | |
USA ansässige spanischsprachige Fernsehsender Univision auf seine Webseite | |
stellte: Das vom „Generalkonsul Ecuadors in London“ unterzeichnete und auf | |
den 22. Juni datierte Dokument trägt das amtliche Staatswappen und | |
berechtigt den Inhaber angeblich, „zum Zweck politischen Asyls nach Ecuador | |
einzureisen“. In englischer und spanischer Sprache werden ferner auch | |
Snowdens Name, Geburtsdatum, Haar- und Augenfarbe sowie Körpergröße und | |
Familienstand aufgeführt. | |
## Zweiter Vorname falsch geschrieben | |
Der Auslieferungsantrag der US-Justiz im Fall Edward Snowden ist laut den | |
Hongkonger Behörden an einer Lappalie gescheitert: Die US-Regierung habe | |
den zweiten Vornamen des Datenskandal-Enthüllers falsch angegeben, erklärte | |
Justizstaatssekretär Rimsky Yuen am Dienstag. Im Behördenregister Hongkongs | |
sei er als Edward Joseph Snowden aufgeführt gewesen, in einigen von den USA | |
eingereichten Dokumenten jedoch als James. An anderer Stelle habe es in dem | |
Antrag wiederum nur Edward J. Snowden geheißen. | |
„Diese drei Namen sind nicht unbedingt identisch. Daher waren wir der | |
Ansicht, dass noch Klärungsbedarf besteht“, sagte Yuen weiter. Im Übrigen | |
hätten die US-Behörden in ihrem Antrag nicht einmal Snowdens Passnummer | |
angegeben, fügte er hinzu. | |
Das US-Justizministerium wies die Aussagen Yuens zurück. Washington habe | |
alle Unterlagen an Hongkong weitergeleitet, die unter dem | |
Auslieferungsabkommen nötig seien. Auch sei nie eine Anfrage wegen des | |
zweiten Vornamens von Hongkong gekommen. „Fotos und Videos des Flüchtigen | |
waren in vielen Medien zu sehen. Dass Hongkong mehr Informationen über | |
seine Identität anfragen wollte, zeigt, dass es nur versuchte, einen | |
Vorwand zu schaffen, um den vorläufigen Haftbefehl nicht umzusetzen“, hieß | |
es in einer Erklärung. | |
Anders sah das Yuen. „Bis zur Abreise Snowdens, bis zur letzten Minute, hat | |
das US-Justizministerium nicht auf unsere Anfrage für mehr Informationen | |
reagiert. Deshalb gibt es in unserem Rechtssystem keine rechtliche | |
Grundlage für den geforderten vorläufigen Haftbefehl“, sagte er. | |
## Half Ecuador bei den Flüchtlingspapieren? | |
Die Vereinigten Staaten fordern Snowdens Auslieferung und haben seinen | |
US-Pass offenbar entwertet, weshalb der 30-Jährige nach Darstellung | |
Russlands nun im Transitbereich des Moskauer Flughafens Scheremetjewo | |
festsitzt. Laut der Enthüllungsplattform Wikileaks war er auch dorthin nur | |
mit Flüchtlingspapieren der ecuadorianischen Regierung gelangt, die ihm die | |
Flucht aus Hongkong ermöglichten. | |
Ecuador hatte schon dem Wikileaks-Gründer Julian Assange politisches Asyl | |
in seiner Londoner Botschaft gewährt, will von einer neuerlichen | |
Hilfestellung zugunsten Snowdens aber offiziell nichts wissen: Es gebe | |
„keinen Pass“ und „kein Dokument, das von einem ecuadorianischen Konsulat | |
ausgefertigt wurde“, teilte das Außenministerium in Quito am Mittwoch mit. | |
Snowden habe von Ecuador auch keinen Nachweis bekommen, dass er ein | |
Flüchtling sei. | |
Offene Unterstützungsbereitschaft signalisierte dagegen der für seine | |
beißende Kritik an den USA bekannte Präsident Venezuelas. Bei einer | |
entsprechenden Anfrage würde Snowden „fast sicher“ Asyl in seinem Land | |
bekommen, sagte Nicolás Maduro. Schließlich handele es sich um eine | |
„Einrichtung des internationalen Menschenrechts zum Schutz von Verfolgten“ | |
– und Snowden habe „empfindliche Geheimnisse“ aufgedeckt. | |
Seine Auslieferung ist einer von vielen Zankäpfeln zwischen den USA und | |
Russland, das sich Washingtons Amtshilfegesuch bislang widersetzt. „Snowden | |
an die Vereinigten Staaten auszuliefern wäre ein Zeichen der Schwäche“, | |
sagte Alexej Malatschenko vom Moskauer Carnegie-Zentrum der | |
Nachrichtenagentur afp. Deshalb würden sich die russischen Behörden | |
vermutlich jeder erdenklichen List bedienen, „und am Ende wird es heißen, | |
dass Snowden nie nach Russland oder wohin auch immer gereist ist“. | |
27 Jun 2013 | |
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