| # taz.de -- Kommentar Medien und Snowden: Gebt uns Popcorn! | |
| > Für die Medien ist die Flucht Edward Snowdens ein spannender | |
| > Hollywoodstreifen. Dabei sollten sie lieber eine Reihe von Fragen klären. | |
| Bild: Her mit dem Popcorn! Es läuft ein Spionagefilm! | |
| Auf der Flucht vor den großen Geheimdiensten dieser Welt, ohne gültigen | |
| Pass im Transitbereich eines Flughafens, verfolgt von etlichen | |
| Journalisten: die Geschichte des US-Whistleblowers Edward Snowden hat | |
| alles, was ein Hollywoodstreifen braucht. Der einsame Held kämpft gegen das | |
| Unrecht in der Welt. Das Beste: Die Geschichte ist echt, das Ende völlig | |
| offen. Wer will sich diesem Stoff entziehen? Niemand. | |
| Dass Edward Snowdens Flucht vor amerikanischen Behörden die Menschen rings | |
| um den Globus bewegt, ist nachvollziehbar. Doch die mediale Orchestrierung | |
| dieser Flucht sagt nicht nur viel über die Funktionsweisen der Politik aus, | |
| sondern auch über die Probleme des politischen Journalismus und die | |
| Zuschauerrolle, die Journalisten ebenso gerne einnehmen wie ihre | |
| Leserinnen. | |
| Gerade erst hat Snowden zwei der größten Überwachungsaffären in der | |
| jüngeren Geschichte westlicher Staaten aufgedeckt. Die Ausforschung | |
| privater Daten hat offenbar eine gigantische Dimension und stellt für | |
| Tausende, wenn nicht Millionen von Menschen einen unmittelbaren Eingriff in | |
| Grundrechte dar. Daraus ergeben sich etliche Fragen: Welche Rolle spielten | |
| dabei deutsche Behörden? Mit welcher Dimension von Überwachung müssen | |
| BürgerInnen umgehen lernen? Und sollten solche Eingriffe in Grundrechte | |
| womöglich in Kauf genommen werden, wenn sie vor Terror, Steuerflucht oder | |
| schlechter Stimmung schützen? Berechtigte Fragen. | |
| Der britische Guardian, der die Snowden-Informationen publiziert hat, macht | |
| seit Jahren vor, wie intensive Recherchen und eine klare Haltung zu | |
| Antworten führen. Was sich in der globalen Medienrezeption nun an die | |
| Enthüllungen anschließt, ist dagegen überwiegend ernüchternd. Statt mit den | |
| Mitteln der Recherche zu erforschen, welche Konsequenzen sich aus der | |
| massenhaften Überwachung durch westliche Staaten ergeben, hechelt die | |
| Weltöffentlichkeit einem Mann hinterher, dem für seine Verdienste vor allem | |
| eines gebührt: in Ruhe gelassen zu werden. | |
| Diese Inszenierung dürfte den Überwachern dieser Welt nur zu gut gefallen. | |
| Je länger Snowden auf irgendeinem Flughafen rumhängt, umso länger dauert | |
| das Unterhaltungsprogramm, das von der wirklichen Nachricht ablenkt. Es | |
| wirkt mittelalterlich: Der Überbringer der Botschaft soll gefangen werden. | |
| Und was rufen wir heute? Gebt uns Popcorn! | |
| 26 Jun 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Martin Kaul | |
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