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# taz.de -- Flüchtlinge in München: Hungern für ein Bleiberecht
> In München protestieren Flüchtlinge für einen Abschiebestopp – und
> verweigern Nahrung und Flüssigkeit. Immer mehr kollabieren. Die Politik
> bleibt stur.
Bild: Flüchtlingscamp in München: Seit Dienstag weigern sich 55 Menschen zu e…
MÜNCHEN taz | Die Lage im Protestcamp der Asylsuchenden auf dem Münchner
Rindermarkt spitzt sich immer weiter zu. Seit vergangenem Samstag haben die
Menschen aus Afghanistan, Äthiopien, Pakistan, Somalia und anderen Ländern
ein notdürftiges Zeltlager errichtet und befinden sich im Hungerstreik.
Seit Dienstag weigern sich 55 von ihnen zu trinken. Mit der Aktion wollen
sie „die Anerkennung aller Asylsuchenden als politische Geflüchtete“ und
einen „Stopp aller Abschiebungen“ erzwingen.
Seit Mittwochnachmittag verschlechterte sich der Gesundheitszustand vieler
Flüchtlinge zusehends. Bei Redaktionsschluss befanden sich nach Angaben von
Camp-Sprecher Ashkan Khorasani 16 dehydrierte Personen im Krankenhaus.
Insgesamt seien seit Samstag 21 Asylsuchende kollabiert und mussten
medizinisch versorgt werden, sagte Khorasani. Zwei seien nach der
Behandlung zum Protestcamp zurückgekehrt und hätten den Streik fortgesetzt.
Unterdessen stehen Ärzte und Rettungswagen rund um die Zelte in
Einsatzbereitschaft.
Die Streikenden beraten nun, ob sie die medizinische Versorgung weiter
annehmen – oder zur Durchsetzung ihrer Forderungen auch auf ärztliche Hilfe
verzichten wollen.
Immer wieder griffen vor allem bayerische Asylsuchende in der Vergangenheit
zu dieser drastischen Protestform. Ebenso wie nun in München protestierten
sie gegen die Unterbringung in Massenunterkünften, Lagerpflicht genannt,
normierte Essenspakete sowie gegen die Residenzpflicht, die die Menschen
zwingt, während der ersten drei Monate des Asylverfahrens am Ort ihrer
Erstaufnahmeeinrichtung zu bleiben.
## Man rechnet nicht mit positivem Bescheid
Im Sommer 2012 hatten iranische Flüchtlinge im Würzburg die Protestaktion
nach einem Monat abgebrochen, nachdem das Bundesamt für Migration und
Flüchtlinge (BAMF) zugesichert hatte, die Asylanträge schnellstmöglich zu
prüfen. Weil die Flüchtlinge in München aber aus verschiedenen Staaten
stammen, sei diesmal nicht mit einem positiven Bescheid aller Asylanträge
zu rechnen, sagte Alexander Thal vom Bayerischen Flüchtlingsrat der taz.
Asylsuchende, die im Dezember 2012 auf dem Pariser Platz in Berlin in
Hungerstreik getreten waren, mussten den Protest nach sechs Wochen
unverrichteter Dinge beenden. „Diesmal werden die Flüchtlinge den Protest
so lange aufrechterhalten, bis ihre Forderungen erfüllt sind“, sagte Ashkan
Khorasani vom Verein Refugee Tent Action der taz. Der 24-Jährige nahm am
Mittwochnachmittag als Bote für die Streikenden an einem „Runden Tisch“
teil, den die Regierung von Oberbayern im Auftrag des bayerischen
Sozialministeriums anberaumt hatte.
Zurück im Camp war Khorasani aufgebracht: „Mit dem Gespräch wollte man nur
erreichen, dass die Flüchtlinge den trockenen Hungerstreik brechen“,
erklärte er. Es sei kein echter Dialog zustande gekommen. „Einige
Gesprächsteilnehmer haben über die Forderungen gelacht und vorbereitete
Stellungnahmen vorgelesen.“ Die Regierung von Oberbayern bot den
Flüchtlingen an, das Asylverfahren zu beschleunigen und die Anträge der
Streikenden binnen zwei Wochen zu bearbeiten – ohne Garantie auf positiven
Bescheid.
## Keine Lösung mit den Behörden
Für die Asylsuchenden im Protestcamp könnte dieser Zeitraum zu lange sein.
Bei dem Gespräch mit den zuständigen Behörden sei man zu keiner Lösung
gekommen, sagte Sozialreferentin Brigitte Meier (SPD): „Die Erfüllung der
Forderungen liegt nicht in der Hand derer, die an dem Gespräch teilgenommen
haben, sondern beim Sozialministerium und in Berlin.“
Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) war nicht zum „Runden
Tisch“ erschienen. In einer schriftlichen Stellungnahme verwies sie auf die
Zuständigkeit des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und
äußerte zuvor in einer Pressemitteilung: „Hierzulande ist Politik nicht
erpressbar, wir leben in einem Rechtsstaat, wo man sich nicht durch
Hungerstreiks eine Vorzugsbehandlung erzwingen kann.“
Damit bleibt die bayerische Staatsregierung bei ihrer harten Haltung
gegenüber Asylsuchenden, die der Sozialministerin schon viel Kritik
eingebracht hat. Im März hatte Haderthauer für einen Eklat gesorgt, weil
sie sich bei einem Besuch in Würzburg weigerte, mit einer Gruppe von
Asylbewerbern zu sprechen. Beim BAMF nehme man die Lage ernst, sagte eine
Sprecherin der taz. Die Umsetzung der Forderung würde aber bedeuten, die
Grundlagen des Rechtsstaats außer Kraft zu setzen.
27 Jun 2013
## AUTOREN
Marlene Halser
Mareen Ledebur
## TAGS
Flüchtlinge
München
Hungerstreik
Asylpolitik
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