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# taz.de -- Sammelabschiebungen in Hamburg: Kirche humaner als SPD-Senat
> Libysche Flüchtlinge bekommen Kirchenasyl. Damit entgehen sie vorerst
> einer Sammelabschiebung, in die der Senat unter Olaf Scholz die Kirche
> einbinden wollte.
Bild: Protest gegen Sammelabschiebungen in Hamburg: Die Kirchen verweigern sich.
HAMBURG taz | Mitarbeit an einer Sammelabschiebung? Nicht mit uns. Das ist
die klare Nachricht, die die Nordelbische Kirche am Samstag an die Stadt
Hamburg gesandt hat. Damit sind Gespräche zwischen der Kirche und dem
SPD-Senat über eine humanitäre Bleiberechtslösung für die rund 300 bis 400
libyschen Flüchtlinge, die in der Stadt gestrandet sind, gescheitert.
Der Senat hatte darauf bestanden, dass die Afrikaner trotz Asylstatus und
Aufenthaltspapieren für den Schengen-Raum nach Ablauf ihres Touristenvisums
„rückgeführt“ werden müssten. Sie sollten nach Italien, dem ersten EU-La…
das sie betraten, abgeschoben werden.
Rund 50 Flüchtlinge, die seit Auslaufen des Winternotprogramms seit Wochen
ohne staatliche Unterstützung auf der Straße leben, besuchten deshalb den
Sonntagsgottesdienst in der St.-Michaelis-Kirche und baten die Nordkirche,
bei einer humanitäre Lösung zu helfen. „Wir haben nicht den Nato-Krieg in
Libyen überlebt, um auf Hamburgs Straßen zu sterben“, sagte ein Sprecher
der Flüchtlinge.
## Keine pauschalen Abschiebungen
Hauptpastor Alexander Röder hatte extra seine Predigt unterbrochen, damit
die Flüchtlinge ihre Situation schildern konnten. „Wir sind eine
Weltkirche, es ist selbstverständlich, dass den Flüchtlingen Rederecht
eingeräumt wird“, sagte Röder. Die Politik sei zwar an Gesetze gebunden, es
gehe jedoch um individuelle Einzelschicksale. Man könne nicht alle
Flüchtlinge ohne Prüfung pauschal abschieben.
Zwei Kirchengemeinden in den Stadtteilen St. Pauli und Altona kündigten am
Sonntag praktische Hilfe an: Sie wollen auf ihrem Kirchengelände Zelte
aufbauen, die Gemeinde in Altona zudem eine leer stehende Kapelle zur
Verfügung stellen.
Die Nordelbische Kirche und die Diakonie in Hamburg hatten der Politik von
Bürgermeister Olaf Scholz am Samstagabend die Rote Karte gezeigt. Die
Behörden hätten zwar vorgehabt, die Flüchtlinge vorübergehend in einer
Schul-Turnhalle im Stadtteil Langenhorn unterzubringen. Das aber unter der
Voraussetzung, die Flüchtlinge ließen sich registrieren und
erkennungsdienstlich behandeln, um sie in vier bis fünf Wochen per
Sammelabschiebung wieder nach Italien bringen zu können.
## Spielball der Politik
„Die Kirche und die Diakonie beteiligen sich nicht an einem
Abschiebelager“, sagte Landespastorin Annegrethe Stoltenberg. „Für uns
steht die humanitäre Hilfe im Vordergrund.“ Die Flüchtlinge seien zum
„Spielball restriktiver Politik“ in Europa geworden, ergänzte
Landesbischöfin Kirsten Fehrs. „Das macht es uns unmöglich, da mitzumachen.
Die Menschen sind in der Hoffnung auf ein menschenwürdiges Leben gekommen.“
Der Leiter des Fachbereichs Flüchtlinge der Diakonie, Dirk Hauer, hatte am
Freitag das „Drehbuch“ für die Einbindung der Kirche in die Abschiebefalle
erhalten. „Die Registrierung ist eine ausländerbehördliche Erforschung, die
den Zweck hat, die Abschiebung vorzubereiten“, sagte Hauer. Es dürfe keine
Pauschalabschiebungen geben. Jeder Einzelfall müsse individuell geprüft
werden.
Immerhin gebe es mittlerweile bundesweit 200 Verwaltungsgerichtsurteile, in
denen Abschiebungen nach Italien wegen unmenschlicher Lebensverhältnisse
für rechtswidrig erklärt worden seien.
2 Jun 2013
## AUTOREN
Kai von Appen
## TAGS
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Abschiebung
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Libyen
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