| # taz.de -- Libysche Flüchtlinge in Hamburg: „Die Leute sollen hier leben“ | |
| > Die als „Lampedusa in Hamburg“ bekannt gewordene Gruppe von 300 aus | |
| > Libyen Geflüchteten ist der Gewerkschaft Ver.di beigetreten. Was kann die | |
| > für sie tun? | |
| Bild: Sollen raus aus der Isolation: Flüchtlinge aus Lampedusa. | |
| taz: Herr Bremme, die 300 libyschen Flüchtlinge, die über Italien nach | |
| Hamburg kamen, sind jetzt in die Gewerkschaft Ver.di eingetreten. Ist das | |
| „nur“ eine Solidaritätsaktion oder können Sie von Ver.di wirklich etwas f… | |
| sie tun? | |
| Peter Bremme: Ich hoffe, dass es mehr als eine symbolische Aktion ist. Wir | |
| wollen uns dafür einsetzen, dass die Leute hier bleiben. Nach den grausamen | |
| Ereignissen, die sie hinter sich haben, ist es einfach richtig, sich jetzt | |
| klar zu positionieren. Die Leute sollen hier leben und arbeiten – dazu kann | |
| eine Gewerkschaft immer etwas beitragen. | |
| Was denn genau? | |
| Das eine ist, über die Situation aufzuklären. Wir wollen mit | |
| Betriebsgruppen und Betriebsräten sprechen. Und wenn wir schon mal über den | |
| Tellerrand hinausgucken, können wir auch überlegen, welche Jobmöglichkeiten | |
| es gibt. Die Flüchtlinge waren in verschiedenen Berufen tätig – im | |
| Baugewerbe, im IT-Bereich oder als Friseure –, wir wollen mit Arbeitgebern | |
| in Kontakt treten. | |
| Unter der Voraussetzung, dass der Senat den einzigen politischen Weg, den | |
| Paragraphen 23 des Aufenthaltsgesetzes, anwendet, ist die Möglichkeit da. | |
| Hier in der Stadt werden immer Arbeitskräfte händeringend gesucht. | |
| Aber es heißt doch, dass die Flüchtlinge hier gar nicht arbeiten dürfen? | |
| Das ist richtig, das dürfen sie auch nicht. | |
| Und was kann Ver.di dann tun? | |
| Es ist ja das Ausländergesetz, was das verbietet. Man kann den Status der | |
| Flüchtlinge aber legalisieren. Wir haben hier in Hamburg in der | |
| Gewerkschaftsbewegung begonnen, mit Leuten ohne Papiere zu arbeiten. Wir | |
| hatten sogar den berühmten Fall von Anna S., der auch in dem Film „Mit | |
| einem Lächeln auf den Lippen“ dokumentiert wurde. Eine Hausangestellte aus | |
| Südamerika, die bei einem reichen Reeder gearbeitet hat. Den Fall haben wir | |
| vor das Arbeitsgereicht gebracht und gewonnen. | |
| Mit welchem Ergebnis? | |
| Die betroffene Kollegin ist mittlerweile legalisiert, das heißt, sie lebt | |
| und arbeitet in Hamburg, ist verheiratet und hat Kinder. Insofern war das | |
| auch eine tolle Integrationsleistung. Warum sollte das mit den libyschen | |
| Flüchtlingen nicht auch gehen? Man braucht also ein Aufenthaltsrecht dafür | |
| – die Stadt müsste vielleicht ein politisches Auge zudrücken, sich einen | |
| Ruck geben und sich vielleicht noch einen Rat beim Papst holen. | |
| Sie meinen, weil Papst Franziskus Anfang der Woche in Lampedusa war und an | |
| die Solidarität appelliert hat? | |
| Ja, der ist ja in der Lage, die Dinge mit einem größeren Weitblick zu | |
| sehen. Es wäre doch eine schöne Möglichkeit für Hamburg, das für sich in | |
| Anspruch nimmt, weltoffen zu sein, dieses Versprechen endlich mal | |
| einzulösen. | |
| Aber der SPD-Senat schaltet in der Frage doch nach wie vor auf Durchzug. | |
| Das liegt ja nicht nur an den örtlichen Sozialdemokraten. Die Angst der | |
| Politik ist, hier ein Präjudiz zu schaffen. In den Worten derjenigen, die | |
| diese Befürchtung haben: die Pforten zu öffnen, dass Leute hier her kommen, | |
| um hier zu arbeiten. Dieses Image hat die Bundesrepublik aber ja gar nicht, | |
| da sind andere Länder viel gastfreundlicher. Da kann man eine Menge lernen. | |
| Den politischen Druck müsste man also auch an den Innenminister Hans-Peter | |
| Friedrich (CSU) richten, der die große Sorge hat, dass der Schengener | |
| Schutzraum hier durchbrochen wird, und Deutschland sich nicht mehr hinter | |
| anderen Ländern verstecken kann. Aber hier geht es nicht nur um menschliche | |
| Schicksale. Die Leute können einfach nicht mehr hin- und hergeschoben | |
| werden. | |
| Werden auch andere Flüchtlingsgruppen davon profitieren? | |
| Die 300 libyschen Flüchtlinge haben den Vorteil, dass sie sich | |
| organisieren. Sie haben eine Selbstorganisation gegründet, haben sich mit | |
| allen Sprachschwierigkeiten in der Gruppe zusammengefunden. Die kommen ja | |
| aus unterschiedlichen Ländern und dennoch haben sie es geschafft. Das | |
| müssen wir als Gewerkschaft unterstützen. Gleichzeitig soll das aber nicht | |
| gegen die anderen Menschen – etwa aus Rumänien oder Bulgarien – gehen. | |
| Glauben Sie daran, dass der Senat sich noch überzeugen lässt? | |
| Das sollte drin sein. Die reichste Stadt der Region muss mehr aufwenden | |
| können als ein Zugticket ins Grusellager in Italien. | |
| 10 Jul 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Lena Kaiser | |
| ## TAGS | |
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| Flüchtlinge | |
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