# taz.de -- Kommentar Münchner Flüchtlingsprotest: Die Angst vor dem Präzede… | |
> Verhungern in Deutschlands reichster Stadt. Das darf nicht sein. Deshalb | |
> hat die Polizei den Hungerstreik beendet. An der Lage der Asylsuchenden | |
> ändert sich nichts. | |
Bild: 29. Juni: Sympathisanten der Hungerstreikenden auf dem Rindermarkt in Mü… | |
Über eine Woche haben die Asylsuchenden am Münchner Rindermarkt ohne zu | |
essen ausgeharrt, ganze fünf Tage, ohne etwas zu trinken. Sie sind an die | |
Grenzen des physisch Menschenmöglichen gegangen, denn ohne Flüssigkeit | |
überlebt ein Mensch nur wenige Tage. Sie waren bereit zu sterben, um | |
durchzusetzen, dass ihre Asylanträge sofort anerkannt werden. | |
Dem haben die Stadt München und die bayerische Staatsregierung nun ein Ende | |
gesetzt. Nicht auf dem Verhandlungsweg, sondern durch einen Großeinsatz der | |
Polizei. Stadt und Land wollten um jeden Preis verhindern, dass mitten in | |
München, der reichsten Großstadt Deutschlands, jemand verdurstet. Die akute | |
Lebensgefahr mögen die Behörden damit abgewendet haben. Nicht aber das | |
grundsätzliche Problem, das Asylsuchende in Deutschland zu solch | |
verzweifelten Schritten treibt. | |
Der Hungerstreik in München war nur der vorläufige Höhepunkt eines immer | |
wiederkehrenden Phänomens: Im Sommer 2012 hatten iranische Flüchtlinge in | |
Würzburg die Nahrungsaufnahme verweigert, um ihren Aufenthaltsstatus zu | |
sichern und um gegen die Bedingungen ihrer Unterbringung zu protestieren. | |
Und auf dem Oranienplatz in Berlin-Kreuzberg campieren nach wie vor | |
Flüchtlinge aus ganz Deutschland. Sie fordern die Aufhebung der | |
Residenzpflicht, die sie an den Ort ihrer Erstaufnahmeeinrichtung bindet. | |
Außerdem verlangen sie schnelle Arbeitsmöglichkeiten und die Abschaffung | |
von Gemeinschaftsunterkünften. | |
Diese Anliegen standen auch im Forderungskatalog der Streikenden in | |
München. Was sie aber zuvörderst erreichen wollten, war die pauschale | |
Gewährung von Asyl. Wäre die Politik auf diese Forderung eingegangen, sie | |
hätte einen Präzedenzfall geschaffen, der alsbald Hunderte von Nachahmern | |
provoziert hätte. Die rigide Reaktion war deshalb abzusehen. | |
## Menschen nicht als Last begreifen | |
Dennoch werden sich Bund und Länder ernsthaft Gedanken machen müssen, wie | |
sie die untragbaren Zustände, unter denen Flüchtlinge hier leben, | |
verbessern können. Dazu gehört an erster Stelle, diese Menschen nicht mehr | |
nur als Last zu begreifen, als Schmarotzer, die man mit allen Mitteln | |
loswerden muss. | |
Dazu gehört aber auch, dass sich Deutschland nicht länger darauf beruft, | |
Asylanträge gar nicht erst prüfen zu müssen, weil die allermeisten | |
Antragsteller aus einem sogenannten Drittland eingereist sind. Damit macht | |
es sich Deutschland zu leicht. Die Mehrheit dieser Flüchtlinge ist bereit, | |
sich in Deutschland aus eigener Kraft eine Existenz aufzubauen, wenn man | |
sie nur ließe. Ohne diese Einsicht bleibt das Problem ungelöst, und | |
Proteste wie der in München werden immer wiederkehren. | |
30 Jun 2013 | |
## AUTOREN | |
Marlene Halser | |
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